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Sela

Sela / © Foto: Haupt und Binder, Universes in Universe

Khirbet es-Sela, die Burg Sela

Sela ("Fels" in Hebräisch; arabisch: es-Sela‛) ist eine außergewöhnliche und relativ wenig bekannte archäologische Stätte. Sie befindet sich auf dem Gipfelplateau eines stark zerklüfteten Sandsteinfelsens, der bis zu 200 m über die ihn umgebenden Wadis und Schluchten emporragt. Sela war ein Fliehburg, auf die sich die in der Gegend lebenden Menschen Jahrhunderte lang bei Gefahr zurückzogen und die ihnen mitunter auch für längere Zeit als befestigte Wohnstätte diente.

Vom höher gelegenen gleichnamigen Dorf (as-Sila) blickt man auf den über und über zerfurchten Felsen aus weichem hellen Sandstein herunter, kann jedoch kaum etwas von der einstmals befestigten Anlage auf dem Gipfel erkennen.

Die besondere Magie des Ortes erschließt sich erst, wenn man um dessen Geschichte weiß - und natürlich hinaufsteigt. Die Forschung hat den Berg als das in der Bibel erwähnte Sela identifiziert, wo Amazja, König von Juda, Anfang des 8. Jhs. v. Chr. angeblich 10.000 Edomiter vom Felsen gestürzt haben soll, wofür es aber keine Belege gibt. Ein einzigartiges historisches Zeugnis Neubabylonischer Herrschaft über die Region ist das Relief des Königs Nabonid (regierte 555-539 v. Chr.) hoch oben am Felsen (siehe unten). Die erste schriftlich überlieferte Erwähnung der Nabatäer berichtet vom Überfall griechischer Truppen 311 v. Chr. auf deren Lager auf einem schwer einnehmbaren Berg, "petra" (griechisch: Fels) genannt, wobei es sich aber um dieses Sela handelt.

 Plünderung von Sela 311 v. Chr.

Was ist zu sehen?

Auf dem etwa 900 x 600 m großen Plateau sind die aus dem Gestein gehauenen Reste von Türmen und Verteidigungsanlagen, Wohnbauten - teils mit Spuren von bemaltem Stuck -, Kultstätten und Wohnhölen zu sehen. Es wurden mehr als hundert Strukturen für das Auffangen und die Speicherung von Regenwasser gefunden, was lebensnotwendig war, weil es auf dem Berg keine Quellen oder Brunnen gibt. Einige birnen- oder glockenförmige Zisternen mit verputzten Innenwänden sind recht gut erhalten.

Das meiste wurde von den Edomitern und Nabatäern erbaut, doch oftmals ist nicht eindeutig festzustellen, was aus welcher Epoche stammt. Durch Oberflächenfunde, insbesondere Keramikscherben, weiß man, dass Sela auch in der römischen, ayyubidischen, mamelukkischen bis hin zur osmanischen Zeit immer wieder genutzt wurde.

Neubabylonisches Relief

Der Pfeil zeigt, wo sich das Relief hoch oben an der Felswand befindet.

Wenn man sich dem Berg nähert, muss man sehr genau nach oben blicken, um ein einzigartiges Relief zu erkennen, das in etwa 90 m Höhe in die Felswand links neben dem Aufstieg gemeißelt ist. Es wurde erst 1994 entdeckt und ab 1996 mehrfach aus der Nähe untersucht, wozu die Hilfe von Bergsteigern notwendig war.

Auf dem 2,95 x 2,20 m großen, etwa 20 cm tief aus dem Stein geschlagenen Relief steht ein Mann mit langem Gewand, Stab und konischer Kopfbedeckung. Durch Vergleiche mit ähnlichen Darstellungen auf Stelen und die einzige noch lesbare Zeile "Ich bin Nabonid" eines langen, stark verwitterten Textes in Keilschrift konnte er als der Neubabylonische König Nabonid (regierte 555-539 v. Chr.) identifiziert werden. Mit dem rechten Arm weist oder grüßt er in Richtung einer Mondsichel, einer geflügelten Sonne und eines siebenstrahligen Sterns. Sie werden als die astralen Symbole der Himmelsgötter Sin, Schamasch und Ischtar interpretiert. Wahrscheinlich war das Relief bemalt.

Auf seinem Feldzug gegen das nordarabische Tayma zog Nabonid 552 v. Chr. durch Transjordanien. Dabei zerstörte er den Königsitz und andere Siedlungen im Reich Edom und brachte es unter seine Herrschaft. In diesem Kontext ist das Relief von Sela entstanden.

Aufstieg zum Plateau

Zum Gipfelplateau steigt man über einen steilen antiken Treppenweg mit aus dem Fels gehauenen und gebauten Stufen auf, die teilweise wiederhergestellt oder neu angelegt sind. Das letzte Stück führt durch eine enge begradigte Schlucht, analog zu Petra "Siq" genannt.

Blick auf den sogenannten Siq und den Hauptturm. Die Mauerreste einer Verteidigungsanlage links neben dem Turm wurden durch Analysen des Mörtels und Keramikscherben auf das ayyubidisch-mamelukkischen Mittelalter datiert (spätes 12. Jh. bis frühes 15. Jh.).

Torbau

Torbau und Hauptturm

Oben angelangt, geht man an einer hohen Wand vorbei zum Eingang. Von dem Torbau, der aus dem massiven Gestein geschlagen ist und durch Mauern ergänzt war, blieb auf der linken Seite ein mächtiger Felspfeiler stehen. Der Zugang konnte durch ein Holztor geschlossen werden, das von innen durch Balken gesichert wurde, wie dafür vorgesehene Löcher erkennen lassen.

Der innere Bereich des Torbaus.

Der innere Bereich des Torbaus. © Foto: Suhaib Al Qrara'h

Der innere Bereich des Torbaus, gesehen vom Felsen auf der rechten Seite oberhalb des Eingangs (links unten). Ganz rechts der Hauptturm.
© Foto: Suhaib Al Qrara'h

Rechts der Hauptturm mit der ummauerten Turmkrone. Links unten vor dem Turm der Eingang durch den Torbau, verdeckt durch den spitzen Felsen, von dem aus das vorige Foto aufgenommen wurde.
© Foto: Suhaib Al Qrara'h

Hauptturm

Hinter dem Tor ragt der Hauptturm von Sela empor, ein steiler behauener Felsen mit einer Mauerkrone. In diesem soll es eine von oben zugängliche, etwa 6 m tiefe birnenförmige Zisterne wahrscheinlich aus edomitischer Zeit geben. Sie musste durch in Schläuchen aus Tierhäuten heraufgeschafftes Wasser befüllt werden. Wir konnten sie leider nicht sehen, weil der Aufstieg auf den Turm zu gefährlich ist.

An der Ostseite des Turms ist im unteren Bereich das Felsgestein abgeschlagen und eine Art Wehrgang angelegt worden, zu dem man vom Torbau aus gelangt. Von dort konnten Angreifen attackiert werden, die durch die begradigte Schlucht (sogenannter Siq) hinaufstiegen. Jetzt ist dieser Gang unterbrochen, was Slamah Al Qrara'h, einen Lehrer aus dem nahegelegenen Ort, nicht davon abhielt, über die Lücke zu springen. Wir begegneten ihm zufällig am Treppenaufgang und er bot uns an, uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Sela zu zeigen, die ohne seine Hilfe nur nur schwer zu finden gewesen wären. Slamah ist ein sehr guter Kontakt, wenn Sie einen lokalen Guide mit Englischkenntnissen wünschen - Telefonnummer unten.

An der Südostseite des Turms sind noch einige Stufen vom einstigen Aufstieg erhalten geblieben. Der Felsen ist hier zu einer geraden Fläche mit bogenförmigem Abschluss abgeschlagen und verputzt worden. Den untere Bereich begrenzen Mauern auf beiden Seiten. Man nimmt an, dass es die Reste einer größeren Zisterne sind. Anscheinend wurde an dem oben ins Gestein gemeißelte Anbindloch ein Seil zum Schöpfen oder Füllen des Wassers befestigt.

Zisternen

Da es auf dem Gipfelplateau keine Quellen oder Brunnen gibt, musste das Wasser der gelegentlichen, dann aber oft heftigen Regenfälle in Zisternen gesammelt werden. Diese sind birnen- bzw. glockenförmig mit kleiner Öffnung und innen wegen des weichen Sandsteins wasserdicht verputzt. Durch Rinnen in der Oberfläche des Felsens wurde das Regenwasser gesammelt und zu den Zisternen hingeleitet

Felshäuser

Am südöstlichen Rand des Areals unterhalb des Hauptturms sind die Reste von Bauwerken zu sehen, deren Böden, Sockel, Wände und Treppen aus dem relativ leicht zu bearbeitenden Gestein herausgeschlagen wurden. Sie stammen wahrscheinlich aus nabatäisch-römischer Zeit.

Vor dem am besten erhaltenen Felshaus befindet sich eine Zisterne im Boden. Anscheinend entdeckten die Forscher hier früher bemalten Stuck, von dem wir bei unserem Besuch 2023 allerdings nichts mehr finden konnten. In den 1930er Jahren ließ sich Colonel P.C. Peake, genannt Peake Pasha, der Kommandeur der Arabischen Legion im damaligen Transjordanien, in diesem Haus fotografieren. Er ist der erste Europäer, der die archäologische Stätte ausgiebig besuchte.

Verteidigungsanlagen

Mauern zum Schutz der Verteidiger am Rand des Plateaus oberhalb des Wadis, in dem der Treppenweg beginnt. Untersuchungen des Mörtels datieren die Entstehung auf die ayyubidisch-mamelukische Zeit (spätes 12. Jh. bis frühes 15. Jh.)

An der Spitze dieses Areals ragen zwei bearbeitete Felsnasen oder Sockel mit flachen Umrandungen und Treppen hervor, die als Bastionen oder Turmunterbauten gedeutet werden.

Felsbauten auf dem Plateau

Durch Regen und Wind entstanden an vielen Stellen des zerklüfteten Plateaus solche abgerundeten Felskuppen, in die häufig Höhlen geschlagen wurden. Die Löcher auf dem zweiten Foto könnten zur Befestigung von Zeltstangen gedient haben.

Blick über das sanft nach Norden und Südwesten abfallende, etwa 900 x 600 m große Plateau.

An diversen Stellen sieht man solche Senkgräber. In diesem kleinen war sicher ein Kind beigesetzt.

Treppenfelsen

Diese "Himmelstreppe" ins Nirgendwo ist vermutlich eine Kultstätte. Zwölf Stufen führen zu einer kleinen Plattform auf dem etwa 2 m hohen, länglichen Felsen hinauf.

Dushara-Altar

Aus einer kleinen Felskuppe ist eine 4,40 m tiefe, 3,70 m breite und 3,10 m hohe Höhle herausgemeißelt worden. Beim Aushölen ließ man eine Art Altar mit einer Grundfläche von fast 2 x 2 m und 1,65 m Höhe stehen. Dieser Block ist an der Vorderseite abgestuft, und auf der Stufe gibt es eine Vertiefung mit Erhöhungen auf beiden Seiten, was als Sitzfläche mit Armlehnen und damit als Thron interpretiert wurde. Doch auf Grund weiterer Details in der Höhle sowie von Vergleichen und Kontexten kam die Forschung zu der Vermutung, dass es sich ein Heiligtum für den Gott Dushara aus nabatäisch-römischer Zeit handeln könnte.

Felsbehausungen

Große Wohnhöhle mit Öffnungen an der Hinterwand. Auch hier sind rechts über dem Eingang Löcher wahrscheinlich für Dachbalken oder Zeltstangen zu sehen.

Felsbauwerk mit aus dem Gestein geschlagener Treppe und Wänden.

Aus Felskuppen herausgeschlagene Höhlen.

Komplex mit gewendelter Treppe

Blick über den Südwestrand des Gipfelplateaus. Die abgewinkelte Treppe gehört zu einem größeren Felshauskomplex mit zwei ca. 3,5 bis 4 m tiefen, birnenförmigen Zisternen, deren Innenwände verputzt sind. Die verschiedenen erhöhten Plattformen sind durch Stufen verbunden.

Details des Komplexes mit gewendelter Treppe.
© Foto: Suhaib Al Qrara'h

Durch Stufen verbundene erhöhte Plattformen. Komplex mit gewendelter Treppe.
© Foto: Suhaib Al Qrara'h

Gipfelplateau und Umgebung

Blick über das Gipfelplateau nach Westen in Richtung des Wadi Araba. Der Höhenzug ganz im Hintergrund gehört zur Wüste Negev in Israel.

An den steilen Hängen unterhalb des Dorfes es-Sela wachsen auf schmalen Terrassen Oliven- und Feigenbäume. Die Olivenhaine sind zum Teil uralt, einige der Bäume sollen noch aus der Römerzeit stammen.


© Text und Fotos: Universes in Universe.

Quellen, insbesondere:
Es-Sela - 2500 Jahre Fliehburg und Bergfestung in Edom, Südjordanien
Manfred Lindner, Ulrich Hübner und Elisabeth Gunsam. In: Das Altertum, 2001, Vol. 46, S. 243-278
New Discoveries at Sela, the Mountain Stronghold of Edom
Von Rocío Da Riva. Asor, März 2019, Vol. 7, No. 3


Lage, Anfahrt:

Burg Sela (as-Sila)
In der Nähe des gleichnamigen Dorfes, nur wenige Kilometer westlich der Königsstraße, 15 km südlich der Stadt Tafilah, 50 km nördlich von Petra

Lage auf der Karte

Einen guten lokalen Guide finden Sie durch Slamah Al Qrara'h:
Tel. / WhatsApp +962 7 9815 1319


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