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Cardo, Decumanus

Cardo und Decumanus / © Foto: Haupt and Binder, Universes in Universe

Cardo, umayyadische / abassidische Moschee, Tetrakionion, Süd-Decumanus, umayyadische Häuser

Die Säulenstraßen von Gerasa gehören zu den am besten erhaltenen dieser Art im Nahen Osten. Obwohl ihre Ausrichtung vom strikten griechisch-römischen Schema abweicht, werden die dafür üblichen Bezeichnungen der Hauptachsen verwendet: Cardo für die zentrale Nord-Süd-Verbindung und Decumanus für die beiden großen Querstraßen, die den Cardo im Süden und im Norden im rechten Winkel kreuzen.

Bis zum frühen 2. Jh. n. Chr. richtete sich der Verlauf der Straßen von Gerasa nach dem Gelände und den mit der Zeit herausgebildeten Verkehrswegen. Erst als die Stadt Teil der Provincia Arabia wurde, die das römische Imperium nach der Annexion des Nabatäerreich 106 n. Chr. unter Kaiser Trajan gründete, begann der planvolle Aus- und Umbau. So weit als möglich ist das ältere Straßennetz durch ein rechtwinkliges (orthogonales) Raster überlagert worden. (J. Seigne, S. 12)

Der 800 m lange Cardo verläuft nicht wie beim hippodamischen Schema üblich genau von Norden nach Süden, sondern wegen des Chrysorhoas (Goldfluss, heute Wadi Jerash) leicht nach Nordnordost versetzt. Nach und nach wurde er zu einer repräsentativen Prozessions- und Handelsstraße ausgebaut, die entlang der teils steilen Hügel auf der Westseite des Flusstals vom Nordtor in gerader Linie zum Ovalen Platz und über diesen zum Heiligtum des Zeus Olympios führt, der damals bedeutendsten Kultstätte von Gerasa (siehe auch Ovaler Platz).

Das Nordtor ist durch eine Weihinschrift, die Kaiser Trajan als Gründer und Retter der Stadt bezeichnet, auf das Jahr 115 n. Chr. datiert. Von hier aus führten wichtige Handelswege nach Pella, Skythopolis, Gadara und ans Mittelmeer.

Der nördliche Abschnitt des Cardo vor dem Nordtor ist der älteste. Er entstand in trajanisch-hadrianischer Zeit (Trajan regiert bis 117, Hadrian anschließend bis 138), und seine Säulen sind mit ionischen Kapitellen ausgestattet, die denen am etwa zeitgleichen Ovalen Platz sehr ähneln (siehe die Kapitelle des Ovalen Platzes).

Der südliche Cardo. Rechts im Hintergrund der Ovaler Platz und das Zeus-Heiligtum. Hinten links der sogenannte Camp Hill, auf dem sich der älteste Siedlungskern von Gerasa befand und heutzutage das Museum steht.

Die Datierung der verschiedenen Bauabschnitte und Umbauten des Cardo wird durch eine Reihe von Inschriften mit Widmungen, Weihungen und Nennungen von Geldgebern erleichtert. Mehr dazu bei den jeweiligen Monumenten.

Der Cardo ist mit rechteckigen, diagonal verlegten Platten gepflastert, was ein Ausfahren der Fugen durch Wagenräder verminderte. In unregelmäßigen Abständen wird die Pflasterung durch quer verlegte Platten unterbrochen, so wie das auf dem linken Foto mit den Spurrillen im Vordergrund zu sehen ist. Die Breite der Fahrbahn variiert in verschiedenen Abschnitten zwischen 6,20 m bis 7,60 m. Beiderseits des Fahrwegs gibt es leicht erhöhte Gehwege und an manchen Stellen Abflusslöcher. Etwa 1 m unter der Pflasterung verlief der Hauptabwasserkanal, die cloaca maxima.

Die Säulen, Kapitelle, Architrave und Postamente der Portiken an den Straßen sind aus Kalkstein erbaut. Entlang der Säulenstraßen, insbesondere im Umkreis öffentlicher Gebäude und Kreuzungen, waren im rückwärtigen Bereich der Portiken Läden untergebracht.

Ladenlokale am Cardo

Erhöhte Säulen vor dem Macellum

Die Intercolumnien (Abstand zwischen den Säulen) variieren in verschiedenen Abschnitten. Auch die Höhe der Säulen ist sehr unterschiedlich und reicht von etwas über 5 m am nördlichen Cardo bis zu den etwa 16 m hohen am westlichen Artemis-Propyläum. Durch erhöhte Säulen wurden Zugänge zu wichtigen öffentlichen Bauten hervorgehoben, so sind z.B. die vor dem Macellum etwa 10 m und die links daneben 7,20 m hoch.

Umayyadische / abassidische Moschee

An der Kreuzung des Cardo mit dem südlichen Decumanus wurden die Grundmauern einer Moschee freigelegt.

Mit dem Sieg des muslimischen Heeres in der Schlacht am Yarmuk 636 endete die byzantinische bzw. oströmische Ära in Transjordanien und das islamische Zeitalter brach an. Gerasa wurde während der Eroberungszüge zwar kaum zerstört, doch litt die Stadt stark unter einer Pestepedemie.

Als die Herrschaft der Dynastie der Umayyaden (661- 750) in der Region begann, blieb die Mehrheit der Bevölkerung zunächst christlich, so dass viele Kirchen weiterhin genutzt wurden. Doch allmählich konvertierten mehr Einwohner zum Islam und die Stadt brauchte Moscheen Diese hier wurde in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, wahrscheinlich unter dem Kalifen Hisham, Sohn von Abd al-Malik (724/743 n. Chr.), an der Stelle einer früheren römischen Villa gebaut. Sie bestand aus einem offenen Innenhof mit Säulengängen auf drei Seiten und einer großen Gebetshalle (39 x 14 m), die durch zwei Säulenreihen in drei Schiffe unterteilt war.

(Aus Informationen am Ort)

Tetrakionion

Die Kreuzung des Cardo mit dem Süd-Decumanus ist zu einem runden Platz (Durchmesse ca. 44 m) mit einem Tetrakionion in der Mitte erweitert worden. Wie auf der Zeichnung (von einem Schild am Ort) unten ersichtlich ist, handelt es sich dabei um ein Bauwerk aus vier nicht miteinander verbundenen Sockeln mit jeweils 4 Säulen darauf.

Das Monument stammt aus der Zeit der Tetrarchie zwischen 293 und 305 n. Chr., in der das römische Imperium von vier gleichberechtigten Kaisern regiert wurde. Laut einer Information am Ort sollen auf den Sockeln Statuen der Tetrarchen Diokletian, Maximian Hercules, Constantius Chlorus und Galerius gestanden haben. Auf den beiden östlichen Podesten (auf dem Foto die beiden linken) blieben lateinische Widmungen für zwei der römischen Tetrarchen erhalten: eine für Constantius und die andere für Maximianus oder Galerius.

(Rekonstruktionszeichnung von einem Schild am Ort, ursprünglich veröffentlicht in Kraeling, Plan XV)

Die einzelnen Podeste mit eine Nische auf jeder Seite haben eine Kantenlänge von 4 m und stehen jeweils 6 m voneinander entfernt. Ursprünglich trug jeder Sockel vier Säulen aus rosafarbenem Granit aus Assuan in Ägypten, gekrönt von einem Gebälk.

In der viertelkreisförmigen, von den Säulenstraßen unterbrochenen Randbebauung des Platzes waren Läden untergebracht. Vor den Fassaden, die der Rundung angepasst sind, standen je zwei Halbsäulen mit korinthischen Kapitellen auf einem hohen Postament.

Blick vom Tetrakionion nach Westen in den Süd-Decumanus.

Süd-Decumanus

Auf dem Foto sieht man im Vordergrund den westlichen Abschnitt des Süd-Decumanus mit den Häusern aus der Umayyadezeit. Die Säulen ein Stück dahinter gehören zur Theodorkirche. Die ganz hohen Säulen sind Teil des Artemis-Tempels.

Der Süd-Decumanus, die zweitgrößte Säulenstraße von Gerasa, kreuzt den Cardo in west-östlicher Richtung im rechten Winkel. Er ist etwa 620 m lang, seine Fahrbahn war 7 m breit, er hatte keine Fußwege und die Portiken bestanden aus ca. 6 m hohen Säulen mit korinthischen Kapitellen.

Die Archäologen fanden am Süd-Decumanus Überreste von Häusern und Zisternen aus dem 1. und 2. Jh. n. Chr., die für die Anlage der neuen Straße zerstört worden sind, was um 165 n. Chr. geschah. Mit dem Neubau konnte also erst danach, so um 170 n. Chr., begonnen werden. Einer Inschrift an einer Säule in der Nähe der Brücke über den Chrysorhoas ist zu entnehmen, dass die Pflastersteine im 3. Jh. verlegt wurden. Der südliche Decumanus ist nie ganz fertig geworden, denn er durchquerte nicht das gesamt Stadtgebiet.

Auf dem Foto oben ist ganz am Ende der Straße ein Turm zu sehen. Das ist das Minarett der Moschee auf der anderen Seite des Wadi Jerash. Der Süd-Decumanus war eine von zwei Straßen, die Fluss überquerten und die Stadtteile auf beiden Ufern miteinander verbanden.

1 - Tetrakionion, 2 - Brücke über den Chrysorhoas (Goldfluss, heute Wadi Jerash), 3 - Große Ostthermen, 4 - Moschee, 5 - macellum, 6 - Häuser aus der Umayyadenzeit

Die Säulen auf dem ersten Foto gehören zum Süd-Decumanus, der über die Brücke über den Chrysorhoas in den Ostteil der Stadt weiterführte. Heutzutage ist er durch einen Zaun und eine viel befahrene moderne Straße unterbrochen. Doch der Weg außen um die archäologische Stätte herum und über die rekonstruierte Brücke lohnt sich, denn auf der anderen Seite sind die Ruinen der Ostthermen zu besichtigen, einer der größten und am besten erhaltenen Badeanlagen des antiken Orients.

Wohnhäuser aus der Umayyadenzeit

Auf der Nordseite des Süd-Decumanus wurden die Reste von Wohnbauten freigelegt, die seit der umayyadischen Herrschaft (661- 750) entstanden. Es ist "einer der wenigen noch existierenden frühislamischen Wohnkomplexe und wahrscheinlich der vollständigste, der bisher in Jordanien bekannt ist." (The Umayyads, S. 149) Er wurde anstelle eines dafür abgerissenen Wohnviertels aus römischer und byzantinischer Zeit hauptsächlich mit dessen recycelten Steinen und auf den alten Grundmauern erbaut.

Ein auf 660 datiertes großes umayyadisches Haus war etwa 13 x 21 m groß, hatte den Haupteingang am Decumanus, eine Wohnfläche von 200 Quadratmetern und die üblichen Wirtschaftsräume (Küche, Lagerräume). Die tiefer liegenden Zimmer betrat man durch Türen vom Hof aus. Größere Räume waren durch einen Bogen in der Mitte geteilt, ein Merkmal islamischer Bauweise, das bis in die Gegenwart in einfachen Häusern aus dem 19. Jahrhundert in einigen Dörfen zu finden ist. Es gab wohl ein oberes Stockwerk, zugänglich vom Hof aus über eine Treppe. Das unterirdische Abwassersystem war mit dem der städtischen Außenanlage verbunden und stammte offensichtlich aus der Römerzeit.

Im 8. Jahrhundert wurde das große Haus in kleinere Einheiten unterteilt. Wahrscheinlich nach einem Erdbeben betrieben Töpfer auf dem Gelände kurzzeitig vier Brennöfen.

(Aus Informationen am Ort und in The Umayyads, C. 149-151).

(© Text von Universes in Universe aus Informationen in verschiedenen Quellen.)

Lage:

Cardo, umayyadische / abassidische Moschee, Tetrakionion, Süd-Decumanus, umayyadische Häuser
Jerash Archeological City
Lage auf der Karte


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