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Info / Kontext zum Gedicht
Die Erfahrungen der Lagersituation sind eng verknüpft mit einer tiefempfundenen Zeugnispflicht gegenüber denjenigen, die nicht überlebten. Sie implizieren neben dem ästhetischen vor allem einen ethischen Gehalt und gleichzeitig eine unlösbare Paradoxie: Wie kann das individuelle Leid ausgedrückt werden, ohne die damit verbundene Dimension eines kollektiven Schicksals preiszugeben, und umgekehrt, wie können die weitreichenden Folgen einer Degradierung der Opfer zum wertlosen Objekt bezeugt werden, ohne dabei die Individualität eines jeden Schicksals (erneut) zu verdinglichen. (C. Jaiser)
Das Gedicht "Vous qui savez" (Ihr, die ihr wisst), das 1965 in "Aucun de nous ne reviendra" veröffentlicht wurde, konfrontiert die Leserschaft damit, wie wenig gewiss das sein kann, was man zu wissen oder zu verstehen glaubt.
Wenige Monate nach ihrer Befreiung schrieb Charlotte Delbo in einem Erholungsheim in der Schweiz ihre Gedanken in einem Schulheft auf. Das Manuskript "Aucun de nous ne reviendra", das sie überallhin mitnahm, sollte zwanzig Jahre später zum ersten Band ihrer berühmten Trilogie "Auschwitz et après" (Auschwitz und danach) werden. Damit löste sie das Versprechen ein, das sie einstmals sich selbst und ihren Mitgefangenen gegeben hatte, von ihren Erfahrungen und dem Ort, von dem "keiner von uns zurückkehren würde", Zeugnis abzulegen.
Dr. phil. Constanze Jaiser
Literaturwissenschaftlerin und Theologin
Publikationen zum Thema, u.a.:
Poetische Zeugnisse. Gedichte aus dem Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Stuttgart/Weimar 2000
Europa im Kampf 1939-1944. Internationale Poesie aus dem Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Berlin 2009
Ein Schmuggelfund aus dem KZ – Erinnerung, Kunst und Menschenwürde. Berlin 2012
Jadwiga Simon-Pietkiewicz
1909 - 1955, polnische Malerin und Zeichnerin. Ausbildung an der Akademie der Bildenden Künste in Warschau. Vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hatte sie Einzelausstellungen in Warschau und beteiligte sich an internationalen Ausstellungen in Amsterdam, Paris, New York und Kopenhagen. Während der deutschen Besatzung Polens war sie im Untergrund aktiv. Die Nazis verhafteten sie 1941 und steckten sie einige Monate lang ins Gefängnis, bevor man sie in das KZ Ravensbrück verlegte, aus dem sie bei Kriegsende nach Schweden gerettet wurde. Zusammen mit Maja Berezowska und Kusmievkowa stellte sie 1946 im Malmöer Museum Zeichnungen aus, die sie während ihrer Zeit als KZ-Häftling angefertigt hatte. Diese Zeichnungen entstanden unter größter Geheimhaltung in der Typhuskaserne mit heimlich beiseite geschafften Bleistiften, Buntstiften und Papier. Sie starb nach langer unheilbarer Krankheit, die eine Folge ihrer Haft im Lager war.