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Kunstinstitutionen in Afrika. Internationales Symposium, Dakar, Senegal, 18. - 20. Januar 2012. Veranstalter: Raw Material Company.
Von Daniela Roth | Feb 2012In Dakar fand vom 18. bis 20. Januar 2012 im Maison de la Culture Douta Seck Condition Report, ein Symposium zum "Schaffen von Kunstinstitutionen in Afrika", statt. Organisatorin Koyo Kouoh, Leiterin der Raw Material Company, verkündete: "Alle Kollegen des Kontinents sind da". Da waren aber auch solche aus den USA, aus Lateinamerika, aus Europa und Asien. Die Kulturstiftung des Bundes, das Goethe-Institut und das ifa waren Sponsoren. Koyo Kouoh bevorzugt deutsche Geldgeber: sie mischen sich nicht ins Programm ein. In afrikanischen Ländern haben die Regierungen eigene Kulturprogramme, sind aber meist nicht willens oder in der Lage, unabhängige Initiativen zu unterstützen. "Tanzen für ausländische Diplomaten, etwa Chinesen, das ist für unsere Regierung 'Kultur'", sagte Jimmy Ogonga aus Kenia. So war ein Diskussionspunkt die öffentliche Macht und wie man mit ihr weiterleben kann. Von offizieller Seite im Senegal nahm die Direktorin der National-Galerie in Dakar, Fatou Bintou Niang, teil. Das Museum IFAN hatte auf die Einladung nicht reagiert. Madame Niang verteidigte die staatliche Seite: "Die Nationalgalerie hat Künstler gezeigt und zeigt Künstler – heute heißt alles 'Kunstzentrum'." Tatsächlich sind die unabhängigen Kunsträume ein relativ neues Phänomen, und Ziel der Tagung war es, sie zu kontextualisieren, bzw. eine Methodologie zu entwickeln.
Letztlich blieb es bei kurzen Tätigkeitsberichten der mehreren Dutzend Teilnehmer und bei einer Diskussion solcher Probleme wie Finanzierung, Programmgestaltung, mediale Vermittlung, Steigerung der Besucherzahlen. Für den Senegal stellten Amadou Kane-Sy, die Filmemacherin Fatou Kandé Senghor vom "Waru Studio", Marion Louisgrand von "Kër Thiossane" und Mauro Petroni von "Céramiques Almadies" ihre Kunsträume vor. Insbesondere Fatou Kandé Senghor betonte die Bedeutung von Ausbildung – während gerade wieder die Professoren streikten.
Mit der Gründung seiner Townhouse Gallery, in deren Umfeld eine neue Szene entstand, ist William Wells in Ägypten ein Pionier gewesen. Moataz Nasr, der selbst in der Townhouse Gallery ausstellte, hat 2008 in Fustat, Alt-Kairo, Darb 1718 gegründet,. Die Non-Profit-Organisation soll ein "Trampolin" für junge, unbekannte Künstler sein, die noch nirgendwo gezeigt wurden. Ägypten, dieses riesige Land, habe nicht mehr als zwei, drei Kunsträume, meinte Nasr. Sarah Rifky widersprach ihm: Sie selbst ist mit CIRCA, MASS Alexandria und Townhouse verbunden. Abdellah Karroum mit seinem appartement22 in Rabat ist ein weltweit gefragter Kurator. Er betonte die Freiheiten von unabhängigen Kunsträumen. Kofi Setordji, Gründer der "Nubuke Foundation" in Ghana, warnte vor einer unreflektierten Übernahme der westlichen Sichtweise dessen, was "Kunst" sei. Afrika müsse eigene Definitionen finden und vor allem eigene Publikationen zum Thema hervorbringen. Gabi Ngcobo, Leiterin des Center for Historical Reenactment in Johannesburg, Südafrika, widmete sich dem Zusammenhang von Kunst und Geschichte, von Sprache und Missverständnis. Ähnlich engagierte Aktive im unabhängigen Kunstbetrieb bei der Tagung waren Patrick Mudekereza aus Lubumbashi, Kongo, Goro Hama aus Bamako, Mali, oder Meskerem Assegued aus Adis Abeba, Äthiopien. Für einen "humanen städtischen Raum" setzen sich Didier Schaub und Marylin Douala Bell in Doual'Art, Kamerun, ein. Georges Adéagbo und Stephan Köhler vom Kulturforum Süd-Nord in Benin bauen auf eine wirklich internationale Zusammenarbeit – um dem "kulturellen Inzest" etwas entgegenzusetzen.
Mit ihren musealen Organisationen gut arrangiert haben sich Samuel Sidibé (Musée National du Mali) oder Raphael Chikukwa (National Gallery of Zimbabwe). Osseynou Wade, Generalsekretär der Biennale in Dakar, gab selbstkritisch zu: es gebe wahrhaft noch Probleme – eine freie Biennale zu machen und von Institutionen abhängig zu sein, sei nicht einfach. Trotzdem: die Dak'Art ist die einzige Biennale südlich der Sahara.
Beeindruckend wortgewaltig war der Beitrag von Oumar Ndao, einem Theatermann aus Dakar, der die Dominanz des Francophonen kritisierte: "Es gibt doch auch Wolophon!"
"Was tun wir hier?" ließ Koyo Kouoh die westlichen Kulturförderer sich fragen und kritisierte: was geleistet wird, sei keine "Partnerschaft", sondern die Realisierung von Programmen. Die "Fallstudie Norwegen" zeigte: auch dort müssen unabhängige Kunstzentren neben den etablierten Institutionen pragmatisch sein, um Erfolg zu haben. Den New Yorker Networker Anton Vidokle stellte Koyo Kouoh als ihr Vorbild vor. Man wünschte es sich weniger diskurslastig. Denn: was tun wir mit "nicht-entfremdeten Lebensbedingungen", wenn alles Kunst ist, Gespräche, Projekte und die Gesellschaft selbst? Wo ist dann der Raum für die Kunst? Konkreter geht Hans-Michael Herzog Realisierungen an: Die neue Casa Daros eröffnet im September 2012 in Rio de Janeiro, Brasilien. Sie soll Kunstwerken und Künstlern verpflichtet sein – nicht der "Idee" des Kurators.
Das Symposium endete im Konsens: Trotz unterschiedlicher Voraussetzungen und finanzieller Möglichkeiten an verschiedenen Orten arbeiten doch alle an derselben Sache.
Daniela Roth
Kunsthistorikerin mit dem Schwerpunkt zeitgenössische Kunst aus Afrika. Lebt in München, Deutschland.
Condition Report
On building art institutions in Africa
Internationales Symposium
18. - 20. Januar 2012
Veranstalter: