Universes in Universe

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Rainer Ganahl
* 1961 Bludenz, Österreich. Lebt in New York, USA.


Uber Capitalism
Ort: Burg
20. Mai - 18. Oktober 2015

Ist diese Schokoladenskulptur ein unbeschwertes, mundgerechtes Zwinkern eines verspielten, absichtlich naiven Künstlers? Oder präsentiert das Enfant terrible Rainer Ganahl ein ironisches Statement über die ökonomischen Mechanismen unserer Gesellschaft? Mit einer Miniatur-Nachbildung des Huis ter Beurze, der früheren Börse von Brügge, jetzt installiert auf dem Burgplatz.

Viel ist unter dem auf der Skulptur rotierenden Schriftzug Uber Capitalism verborgen. Ein Nachdenken über Übermenschen und solche Dienste wie Uber, die einen einzigen Menschen zu einem Unternehmen machen. Reflexionen über den Kapitalismus, in dem rotierende Logos ganze Städte dominieren. Über unsere neue digitale Ökonomie, die neue Reiche und ein neues Proletariat hervorbringt. Über Apps, die überall und jederzeit alle unsere Bewegungen und unsere Freiheit kontrollieren. Denn wir sind ständig erreichbar und deshalb immer messbar. Während in der Lage sind, alles zu klassifizieren und zu bewerten, werden wir selbst die ganze Zeit gescreent und gescannt. Schlimmer als Big Brother.

Die Schokolade dieses Kunstwerks ist genauso flüchtig und vergänglich wie unser digitaler Konsum. Sie ist herrlich süß, kann jedoch in der Sonne schmelzen wie Aktien eines überhitzten Marktes. Vandalen und Hitze können sie beschädigen. Sie ist unterhaltsam und verführerisch, kann jedoch ebenso verschwinden, wie die Börse von Brügge als der Hafen versandete.

Nichts konnte die Versandung damals aufhalten, so wie wir heutzutage nicht dagegen gewappnet sein werden, wenn der Meeresspiegel steigt. In diesem Sinne repräsentiert das Brügge, wo diese Skulptur steht, ein Brügge jenseits unserer Zeit. Ein aufgehübschtes historisches Disney-Biotop, ohne die großstädtischen Konflikte, die andernorts die Welt in Atem halten.

Und das gehässigste Paradoxon hinter dieser Schokolade ist vielleicht die Tatsache, dass die Herstellung von Kakao noch immer mit schweren Formen von Kinderarbeit und wirtschaftlicher Ausbeutung verbunden ist, genauso wie in der Kolonialzeit, als das Produkt für den Markt entdeckt wurde.

Aber die belgische Schokoladenindustrie ermöglichte es, die teure Schokoladenmasse zusammenzusetzen, um Uber Capitalism zu schaffen. Sogar die Kunst entkommt nicht der Realität, die sie beleuchtet.

(© Text: Kurzführer, Triennale Brügge 2015)

Mehr über das Werk:
>> Website des Künstlers

Projekte

Projekte von 14 Teilnehmern vor allem im öffentlichen Raum des Stadtzentrums von Brügge. Teil der Triennale Brügge 2015, 20. Mai - 18. Oktober 2015.

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