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Die 11. Biennale Afrikanischer Kunst hat sich auf der globalen Bühne neu positioniert. Die Rezension würdigt den Event, hinterfragt ihn aber auch ausgehend vom Konzept.
Von Lucrezia Cippitelli | Jun 2014Die 11. Dak'Art Biennale öffnete am 9. Mai ihre Türen für enorm viele internationale Kunstspezialisten, die aus der ganzen Welt kamen, um die neue Edition des panafrikanischen Events, eines der einflussreichsten auf dem Kontinent, zu würdigen.
Die Eröffnungswoche der Dak'Art war mit Spannung erwartet worden. Fast 25 Jahre sind seit ihrer Gründung 1989 und der ersten Edition als Literaturfestival 1990 vergangen. Der neue Generaldirektor Babacar Mbaye Diop ersetzte den ikonischen Osseynou Wade. Ein Trio junger, gut ausgebildeter, kosmopolitischer und proaktiver afrikanischer Kunstspezialisten ist als Kuratoren ausgewählt worden. Eine Fülle an kollateralen Veranstaltungen fanden in der Stadt Dakar und ihrer Umgebung statt. Es gab ein entschlossenes kuratoriales Statement, die Dak'Art neu gestalten und merklich festigen zu wollen. Was würde das Ergebnis der Kombination und des Zusammenwirkens all dieser Elemente sein?
Aus meiner Perspektive war diese Biennale eine Veranstaltung, die "nicht zu versäumen ist": ein Wendepunkt nach dem Niedergang in den vergangenen Jahren und ohne Zweifel ein Zusammentreffen aktiver Akteure auf dem Kontinent (Künstler, Kuratoren, Aktivisten, Autoren), die aufgrund ihrer üblichen Reisetermine den Rest des Jahres kaum Gelegenheit haben, sich zu treffen.
Den Kuratoren der Internationalen Kunstausstellung Elise Atangana, Abdelkader Damani und Smooth Ugochukwu Nzewi zufolge, zielte diese Edition darauf ab, die Biennale auf der globalen Bühne neu zu positionieren und zu stärken. Jahrelang war die Biennale relevant für den afrikanischen Kontinent, die afrikanische Diaspora (speziell die Französisch und Englisch sprechende) und internationale Kunstspezialisten, die mit dem Begriff des zeitgenössischen Afrika zu tun haben. Das Ziel besteht nun darin, die Veranstaltung als eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst mit einer großen internationalen Reichweite zu erneuern. Mit ihrem innovativen Konzept Produire le commun – Producing the common und einer starken Auswahl an Künstlern (insgesamt 61, von denen einige bestens bekannt sind, während andere ganz neu aus dem Kontinent sowie aus der Diaspora hinzukamen, ausgewählt aus 700 Bewerbungen) scheint die Dak'Art 2014 ihre Ambitionen unverzüglich umgesetzt zu haben. Des weiteren schlossen sich in diesem Jahr viele Newcomer (Kunstspezialisten mit Interesse am Besuch einer großen internationalen Biennale) den Adepten zeitgenössischer afrikanischer Kunst an, die ohnehin alle zwei Jahre zum wichtigsten panafrikanischen Kunstevent auf dem Kontinent pilgern. All das sind Symptome dafür, dass sich etwas geändert hat.
Das Programm der Dak'Art 2014 beinhaltete verschiedene offizielle Ausstellungsorte in Dakar: eine Reihe von Veranstaltungen in Saint Louis, die Podiumsgespräche zum Thema "Kunst-Beruf" mit der Teilnahme vieler internationaler Persönlichkeiten, über 200 Ausstellungen und 500 Beteiligte im Rahmen von Dak'Art OFF (wozu lokale wie auch internationale Events gehörten). Ein komplexer und verwirrender Kalender, den ein Besucher kaum erfassen konnte. Man hatte den Eindruck, dass die Dak'Art dieses Mal in sich selbst als ein Ideal existieren würde (für die Besucher und auch für die Veranstalter). Wir alle versuchten, die Bedeutung einer treibenden Entität mitzubekommen, die sowohl die Stadt als auch die Taxis, Restaurants und Hotels erfüllte. Wir alle fühlten den Kick, den Events hinterher zu rennen, die alle irgendwo und irgendwie gleichzeitig stattfanden, in einer Stadt, die sich ausweitete, aber nichtsdestotrotz als kleiner und "moderner" wahrgenommen wird (aus der kapitalistischen westlichen Perspektive: mit Autobahnen, Asphalt, Gebäuden, gewissen Annehmlichkeiten). Als ich die Biennale vor 12 Jahren das erste Mal besuchte, waren das Gebiet der Universität und Amitié 2 (wo sich Kër Thiossane und die Raw Material Company befinden) den internationalen Besuchern kaum bekannte Wohngebiete; heutzutage werden sie als beinahe in Laufweite vom Stadtzentrum wahrgenommen. Wenn sich Dakar ausdehnt, so geschieht das ebenso mit der Dak'Art. Und diese Transformation wird von einem Generationswandel der Kuratoren, Künstler und Besucher sowie neuen ästhetischen Erwartungen hinsichtlich der Einrichtungen, Sichtbarkeit und Konzeptualisierung begleitet.
Die internationale Ausstellung von Künstlern aus Afrika und der Diaspora, Produire le commun – Producing the common, und die Podiumsgespräche fanden im Village de la Biennale statt, dem früheren Hauptsitz des Fernsehsenders 2STV, der von den Kuratoren zum zentrale Ort erkoren wurde. Ein riesiger Raum, bestehend aus vier verschiedenen Pavillons und einem Areal unter freiem Himmel, wo die Kuratoren die Werke der 61 ausgewählten Künstler installierten. Trotz einiger logistischer Schwierigkeiten und Grenzen markierte diese 11. Biennale im Vergleich zu den vorhergehenden Editionen einen klaren Schritt vorwärts hin zu den Standards des zeitgenössischen Kunstsystems. Einige sehr starke Werke; ein sehr interessanter Überblick über eine neue Künstlergenerationen, die fest in ihrem Kontext verwurzelt und sich zugleich ihrer kosmopolitischen Kultur bewusst ist; eine erweiterte, offene Auffassung von Themen der Geschichte, Identität, Selbst-Repräsentation, Erzählung und lokalem Wandel in einer globalen Perspektive.
Die quasi Normalisierung ist unzweifelhaft das Ergebnis der sorgfältigen kuratorialen Arbeit, die assoziierte Netzwerke einbezog (und es geschafft hat, mehr Förderung von außen zu erhalten), und des direkten Arrangements mit Künstlern und Galerien, wodurch die unveränderte Ineffizienz des Biennale Büros so weit als möglich umgangen wurde. Trotz all dieser Bemühungen hatten die Veranstalter, Künstler und Besucher mit den traditionellen Eigenarten der Dak'Art zu kämpfen: Verspätungen bei der offiziellen Eröffnung; erst einige Tage nach dem Beginn ausgelieferte Kataloge (und damit zu spät für die meisten Besucher); die Wiederholung der Debatten über die Möglichkeit einer Unabhängigkeit der Biennale von der senegalesischen Regierung (Fragen, die immer wieder diskutiert und niemals pragmatisch gelöst worden sind); "offizielle" Veranstaltungen, die plötzlich als eigenmächtige Launen auftauchten und auf keine Weise mit den kuratorialen Entscheidungen verbunden waren.
So nervig sie auch erschienen sein mögen, so konnten die üblichen (un)organisatorischen Aspekte - verwurzelt im totalen Fehlen eines professionellen Ansatzes der institutionellen Organisation in Dakar - den kuratorialen Wunsch nicht beeinträchtigen, die Biennale auf ein Mainstream-Level zu heben. Die Auswahl (und direkte Einladung) solch bestens etablierter Künstlerinnen und Künstler wie Kader Attia, John Akomfrah, Candice Breitz, Julie Mehretu, Marcia Kure, Wael Shawky (um nur einige der großen Namen zu nennen), zusammen mit solchen erfolgreichen Kunstschaffenden wie Wangechi Mutu, Kiluanji Kia Henda, Emeka Ogboh, Jimmy Roberts und jüngeren, noch am Anfang ihrer Laufbahn stehenden Leuten (die dennoch eine starke Verbindung zu ihrer Szene haben) markierten einen klaren Schritt hin zu diesem neuen kosmopolitischen Pluralismus. Ebenso die Ästhetik der Installationen, sehr Objekt betont und in der Mehrzahl der Fälle ausgerichtet auf eine szenografische Monumentalität, die (bis auf wenige Ausnahmen) zumeist auf saubere und professionelle Weise präsentiert wurde. Ganz sicher ist das kuratoriale Statement eine starke Botschaft an die offiziellen Organisatoren der Biennale in Dakar, die zumeist noch in einer antidynamischen, stolz lokalen Weise der Ausrichtung der Veranstaltung verharren.
Aber die erfolgreiche Dynamik dieser Edition der Dak'Art stellte die Konfiguration der Biennale selbst infrage, insbesondere wenn man sie aus der Perspektive ihres Konzepts Producing the common hinterfragt. Obwohl es sich mit der Stadt verbinden will, entspricht das Projekt einer Umwandlung der Dak'Art in einen standardisierten, internationalen Kunstevent nicht der Praxis einer Beteiligung, die der Gedanke des "Gemeinsamen" auf den Raum angewandt implizieren müsste. Trotz der offenkundigen Sichtbarkeit der Veranstaltung in der Stadt durch die Massen internationaler Besucher gab es auch bei dieser Biennale, wie bei der Dak'Art üblich, leere Pavillons, und es fehlte die Einbeziehung der dynamischen lokalen Szene von Studenten und anderen jungen Menschen.
Ein Besuch des Afropixel Festivals in Kër Thiossane, das als ein OFF-Event der Dak'Art eröffnet wurde und in seinem Hauptquartier und der Nachbarschaft einen Monat lang Aktivitäten und Ausstellungen anbot, würde einen deutlicheren Eindruck davon vermitteln, was ein Kunstevent für seinen Austragungsort sein sollte. Die Workshops, die Erneuerung der urbanen Gebiete in der Umgebung, die Einbeziehung der Bewohner gehören zur täglichen Praxis dieses unabhängigen Raumes, und das Festival mit seinen Aktivitäten einen ganzen Monat lang geben dem Begriff des "Gemeinsamen" eine stärkere Bedeutung als eine pragmatische, emphatische Praxis.
Lucrezia Cippitelli
Kunstkritikerin und Kuratorin. Arbeitet vor allem mit Medien- und Konzeptkünstlern und mit prozessorientierter Kunst im öffentlichen Raum.
Kuratoren der internationalen Ausstellung:
Elise Atangana
Abdelkader Damani
Smooth Ugochukwu Nzewi
Dak'Art 2014
11. Biennale Zeitgenössischer Afrikanischer Kunst
Produire le commun – Producing the common
9. Mai - 8. Juni 2014
Dakar, Senegal
Veranstalter: