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Neue gigantische kulturelle Zone in Dubai vorgestellt: Museen, Galerien, Theater, Oper, etc.
Von Pat Binder & Gerhard Haupt | Mär 2008Als Folge der weltweiten Wirtschaftskrise in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 musste dieses ehrgeizige Projekt gestoppt werden.
In den diversen Rundtischgesprächen während der Kunstmesse Art Dubai und der parallelen Creek Art Fair wurde kulturpolitischen Strategien und der Entwicklung neuer Kunstzentren im Nahen Osten bemerkenswert große Aufmerksamkeit gewidmet. Besonders gespannt war man darauf, ob und wie das für sein Streben nach Superlativen bekannte Dubai versuchen würde, den Saadiyat Kulturbezirk [1] im benachbarten Abu Dhabi zu übertrumpfen. Was wäre denn überhaupt noch möglich, um die dort schon in der Realisierungsphase befindliche Verbindung kultureller Marken erster Güte, wie Guggenheim und Louvre, mit den Namen der berühmtesten Architekten zu überbieten? Obwohl offizielle Sprecher beider Emirate immer wieder erklären, es gäbe keinen Konkurrenzkampf, ist schwer vorstellbar, dass Dubai gerade auf dem prestigeträchtigen Gebiet der Kultur nicht auch an die Spitze drängen würde.
Doch von den Vertretern der Anfang März gegründeten Dubai Culture & Arts Authority war in den Gesprächsrunden kaum etwas zu erfahren. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass Michael Schindhelm (Kulturdirektor) und Scott Desmarais (Direktor für Strategy & Business Development) weitaus mehr wussten, aber offensichtlich zu striktem Stillschweigen verpflichtet waren. Die weit reichenden Pläne, an deren Ausarbeitung sie beteiligt sind, wollte ihr oberster Dienstherr der Öffentlichkeit einige Tage später höchstpersönlich verkünden.
Am 26. März 2008 gab Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum, Herrscher von Dubai, das gigantische kulturelle Entwicklungsprojekt "Khor Dubai" bekannt. Für den feierlichen Akt wählte er einen symbolträchtigen Ort: den rekonstruierten Palast seines Großvaters Sheikh Saeed Al Maktoum in Al Shindagha, der ältesten Siedlung an der Mündung des Creek, der weit ins Landesinnere hineinreichenden Lagune. Hier beginnend, etwa 20 km am Creek entlang bis zum komplett neuen Viertel Business Bay an einer künstlichen Verlängerung des Gewässers soll eine hochkarätige Kulturzone entstehen. Geplant sind derzeit ein Opernhaus, 10 Museen, 14 Theater, 11 Galerien, 9 öffentliche Bibliotheken, 72 "kulturelle Ikonen" und 7 Kultur- und Kunstinstitute für lokale und ausländische Künstler.
Als Sheikh Majid bin Mohammed bin Rashid Al Maktoum, Sohn des Herrschers und Vorstandsvorsitzender der Dubai Culture & Arts Authority, das Projekt vorstellte, sagte er: "Das Kulturprojekt Khor Dubai verkörpert ein futuristisches Modell einer internationalen Stadt. Es vermittelt eine einzigartige Botschaft des Stolzes auf unsere Tradition, Kultur und nationale Identität als Teil unseres Ethos, harmonische Koexistenz zu fördern und Frieden und Wohlstand für globale Gemeinschaften zu erreichen." Mit diesem Vorhaben würde man die eigenen Ressourcen aufbereiten, "um einen permanenten Platz unter den am meisten entwickelten und zivilisierten Ländern der Welt zu erlangen". Ausgehend von "Selbstvertrauen und Stolz auf die nationale Identität" wolle man der nächsten Generation reiche Möglichkeiten für den Austausch mit den Kulturen der Welt eröffnen. [2]
Erstaunlich ist zuallererst der hohe Stellenwert, den Dubai jetzt "der Rolle der Kultur und Kunst bei der Entwicklung einer modernen und dynamischen Gesellschaft" beimisst, denn bislang schien es dort einzig und allein ums Geschäft und um spektakuläre Bauprojekte gegangen zu sein. Als in den parallelen Veranstaltungen während der Messe die Chancen Dubais als Kunstzentrum erörtert wurden, sahen die meisten Redner (darunter nur wenige Emiratis selbst) in der Internationalität der aus so vielen Kulturen kommenden Bewohner der Stadt die wichtigsten Ansätze.
Wenige Tage später wurden bei der Präsentation von "Khor Dubai" die autochthonen kulturellen Traditionen ausdrücklich als Ausgangspunkt der kulturellen Entwicklung Dubais bekräftigt. Damit hat die Herrscherfamilie unzweifelhaft zu verstehen gegeben, dass man sich auch auf kulturellem Gebiet nicht die Initiative und die Maßstäbe aus der Hand nehmen lässt, selbst wenn die Emiratis nur noch etwa 15% der Gesamtbevölkerung ausmachen. Sicher sind die angesichts der Pläne Abu Dhabis geführten Diskussionen über Kulturimport sowie Befürchtungen einer Überfremdung Dubais und der Region nicht ohne Einfluss auf das Konzept von "Khor Dubai" gewesen. Bestimmt ist es kein Zufall, dass gerade in Dubai, dem "westlichsten" aller Emirate am Golf, als erstes ein dem Propheten Mohammed gewidmetes Museum gebaut wird, bevor weitere für zeitgenössische Kunst und unterschiedliche Gebiete der Kultur und Wissenschaften folgen.
Ausgehend von solchen Prämissen soll "Khor Dubai" ein integratives, nationales Projekt sein, "ein lebendiges Museum", das in Partnerschaft zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor entsteht und das die "multikulturelle Vielfalt Dubais feiert". Im offiziellen Pressetext ist zu lesen, "Khor Dubai" werde dazu beitragen, "die Vision Seiner Hoheit Sheikh Mohammeds von Dubai als einem herausragenden Kulturzentrum, das nicht nur lokale und regionale Künstler, sondern auch globale Kunstbewegungen beeinflusst, mit Leben zu erfüllen." Deshalb solle die Dubai Culture & Arts Authority helfen, ein neues Modell für die Zukunft der Kultur und Künste zu entwickeln, in welchem das starke einheimische Erbe der Emiratis mit der umfangreichen und vielfältigen Kultur der hier lebenden Ausländer verschmelze.
Wie gerade wieder an der Art Dubai und den vielen parallelen Ereignissen festzustellen war, ist tatsächlich schon ohne Auftrag "von oben" ein vitales Kulturgeschehen entstanden, das in das Großprojekt "Khor Dubai" einzubeziehen wäre - hoffentlich behutsam, ohne dirigistische Gängelung. Welch erstaunliche Konzept-, Performance- und Installationskunst seit den frühen 1980er Jahren in den Emiraten entstanden ist, kann man in Dubai glücklicherweise in der Sammlung von "The Flying House" besichtigen. Ohne eine solche private Initiative wäre dieser sehr wichtige Teil des kulturellen Erbes höchstwahrscheinlich längst verloren gegangen.
Anmerkungen:
Pat Binder & Gerhard Haupt
Herausgeber von Universes in Universe - Welten der Kunst. Leben in Berlin.
Khor Dubai
Neue gigantische kulturelle Entwicklungszone in Dubai am 26. März 2008 vorgestellt: Museen, Galerien, Kunstinstitute, Theater, Opernhaus, Bibliotheken, etc.