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Intimacy: Fotoserie, entstanden am Qalandia-Checkpoint zwischen Ramallah und Jerusalem, 2004.
Okt 2006Meine Fotoserie wurde am Kontrollpunkt Qalandia aufgenommen. In dieser Arbeit dokumentiere und untersuche ich die Geschehnisse am Kontrollpunkt, der zu einem Symbol der gegenwärtigen israelischen Okkupation geworden ist. Die Bildersammlung zeigt kaum Gesichter, vielmehr ist der Betrachter eingeladen, sich eine Reihe von Nahaufnahmen von Begegnungen zwischen Soldaten und Palästinensern, die die Grenze überqueren wollen, anzusehen.
Eines der typischen Merkmale der israelischen Besatzung ist ihr in hohem Maße personalisierter Charakter und die spezielle Art und Weise, wie sie die Intimsphäre jedes Einzelnen durchdringt. Am "Checkpoint" gibt es keine Privilegien, jeder ist reduziert auf eine Kennnummer und wartet in der Schlange, um sich durchsuchen und befragen zu lassen. Dies sind die Wesensmerkmale und Aspekte, die durch meine Fotografien vermittelt werden, insbesondere die immer nach dem gleichen Schema ablaufenden Kontrollen von Papieren und persönlichem Eigentum. Das faszinierende an meinen Aufnahmen ist jedoch, wie sie die kleinen Details dokumentieren, die beim Aufeinandertreffen zweier anonymer Parteien zu beobachten sind. Auf den Bildern sehen wir unterschiedliche Gesten des Wartens und die körperliche Haltung von Menschen in einem unausgewogenen Machtgefüge. Durch die Nahaufnahmen bekommen wir einen Eindruck von den unterschiedlichen Stimmungen der Menschen – Müdigkeit, Angst – und von den feinen Unterschieden in ihren Reaktionen auf die Befragung am Kontrollpunkt.
In bruchstückhaften Momentaufnahmen erzählt die Fotoserie eine Vielzahl von Geschichten über die Erfahrungen von Palästinensern am Grenzübergang Qalandia. In gewissem Sinne kann man fast das Echo der Stimmen hören, wenn man sich beim Betrachten der Bilder die zugehörigen Dialoge vorstellt, die einem nur allzu vertraut sind. Durch das immer wiederkehrende Motiv der großen abgenutzten Steinplatte, die den Ort des Austauschs markiert, betone ich die Wiederholung des immer gleichen Vorgangs und gleichzeitig die kleinen Unterschiede zwischen den einzelnen menschlichen Begegnungen. In vielen meiner Fotografien steht diese Steinplatte im Zentrum und wird zum Symbol für gleichzeitige Nähe und Distanz; sie ist das einzige feststehende Element oder Requisit in diesem absurden Theater. Sie wurde der Landschaft aufgezwungen und markiert die Stelle, an der das Ritual der Autorität vollzogen und Kontakt mit der anderen Partei aufgenommen wird.
Die spezielle Kameraperspektive, die ich in meinen Fotografien einnehme, zeigt das Geschehen und die Erlebnisse am Kontrollpunkt in all ihren stumpfsinnigen und abschreckenden Details und dokumentiert, auf welche Weise in unserer Zeit Macht ausgeübt wird und wie sie den Einzelnen zeichnet.
Rula Halawani
Intimacy. 2004
Fotoserie, entstanden am Qalandia-Checkpoint zwischen Ramallah und Jerusalem