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Zeitgenössische Künstler aus Ägypten. Ausstellung in Kairo über die Ost-West Beziehungen.
Von Aleya Hamza | Mai 2007Diese Ausstellung visueller Kunst und das Veranstaltungsprogramm wurden von dem in Kairo lebenden, aus dem Libanon stammenden Galeristen Karim Francis kuratiert und vom 13. bis 23. Mai im Zentrum von Kairo in der zeitweilig umgewandelten Pension Suisse gezeigt. Unter dem Thema "Okzidentalismus" zeigten 19 Künstlerinnen und Künstler Werke, in denen sie sich mit der komplizierten Beziehung zwischen Ost und West auseinandersetzen, ausgehend von der Frage "Wie siehst du den Westen?". Die Auswahl der Teilnehmer bezog mehrere Generationen und verschiedene Lager der lokalen Kunstszene ein. Es wurden Arbeiten unterschiedlicher Medien und konzeptioneller Ansätze gezeigt.
Karim Francis trat mit diesem Projekt erstmals als Kurator in Erscheinung. Er ist seit der Eröffnung seiner privaten Galerie im Jahr 1995 in das Kunstgeschehen in Ägypten involviert. Seit April 2006 trafen sich Francis und sein Team regelmäßig mit den eingeladenen Künstlerinnen und Künstlern, um intensiv über das Thema zu diskutieren. Längst nicht alle Werke der Ausstellung wurden explizit für "Okzidentalismus" geschaffen, doch die meisten scheinen durchaus durch Fragestellungen angeregt zu sein, die mit dem Thema zu tun haben, einige davon subtiler als andere.
Der Titel "Okzidentalismus" stellt dieses Projekt unweigerlich in einen postkolonialen Diskurs, insbesondere in Beziehung zu der von Edward Said in seinem Buch Orientalism vertretenen Position, dass die Konstruktion solcher Kategorien wie "Orient" und "Okzident" durch eine Dynamik von Macht und Herrschaft bestimmt sind. Samia Mehrez, Professorin für moderne arabische Literatur an der American University in Kairo, bezieht sich in ihrem Under Egyptian Eyes betitelten Katalogtext auf Said und wirft sehr wesentliche Fragen zum Projekt als Ganzem auf, nämlich ob das Konvolut der ausgestellten Werke, mit denen der Kurator einen interkulturellen Dialog in Gang bringen wollte, letztendlich nur den binären Gegensatz reproduzieren, der eigentlich in Frage gestellt werden sollte.
Einige Künstler untersuchen in ihren Werken die Dialektik zwischen Selbst und Anderem. Gerechtigkeit für die Mutter, die großformatige, wie eine Tapete präsentierte Fotomontage von Lara Baladi, nimmt die Ikonographie des verlorenen Paradieses auf, die sich durch die Aneignung populärer Kitschästhetik subtil in die Räumlichkeiten der Pension Suisse einfügt. Diese Arbeit, die zu einem größeren work in progess gehört, ist auch ein atemberaubendes Porträt ihres Vaters, der auf einem Motorrad aus einer wild-chaotischen Dschungellandschaft voller Bilder wilder Tiere, Sexualität und politischer Konflikte (als Darstellung der Vergangenheit) kommt und in Richtung einer unsichtbaren Ungewissheit fährt, die der Westen sein könnte. Die in dieses facettenreiche Werk eingebettete Sprache und Ikonographie suggerieren die Unmöglichkeit eindeutiger Definitionen von zwei aufeinander stoßenden Wertesystemen, die Ost und West repräsentieren.
In Homo Occidentalis, einer Serie von 7 vertikalen, figurativen Gemälden, geht Adel El Siwi spielerisch mit dem Gedanken der Konstruktion von Identitäten um, indem er 7 verschiedene, aus Schichten persönlicher und kollektiver Erinnerung hervorgegangene Bilder westlicher Stereotypen präsentiert. In dem einzigen Bild mit einer weiblichen Figur, genannt Diva Occidentalis, stellt Siwi eine überlebensgroße Gottheit-trifft-auf-Material-Girl dar, gekleidet in ein extravagantes rotes Kleid. Andere Charaktere seiner Bildreihe sind ein Künstler, ein Tourist, ein Detektiv, ein Marinesoldat und ein Heiliger, alle mit pseudowissenschaftlichen Titeln auf der Leinwand selbst versehen, die so geschrieben sind, als handle es sich um in einem naturhistorischen Museum ausgestellte archäologische Exemplare.
In einer der stärksten Arbeiten der Ausstellung, Powerchord Skateboard, präsentiert Sherif El Azma eine quasi autobiografische Zweikanal-Videoinstallation, die wie ein audiovisuelles Tagebuch daherkommt. El Azma richtet eine fiktive Zeitschiene ein, die sich auf reale Ereignisse bezieht, und kombiniert eine Mischung aus Archivmaterial und aufgenommenen Bildern, um eine fragmentarische Erzählung zu konstruieren, bei der dem Betrachter Raum für eigene Assoziationen gegeben wird. In dieser Arbeit geht es auch um die komplexe Beziehung zwischen Bildern, Sprache, persönlicher Erinnerung und kollektiver Geschichte. In einem Teil des Videos untersucht El Azma die Geburt und den Tod des Bildes durch eine Dokumentation des künstlerischen Erschaffens und der Zerstörung eines in Auftrag gegebenen Graffitiporträts des früheren ägyptischen Präsidenten Anwar El Sadat, dessen politische Neuorientierung an den USA ihn in den 1970er Jahren zu einer Ikone westlicher Autorität machte.
Zu den weiteren Themen, die in der Ausstellung vorkamen, gehören politische Konflikte, Macht und Herrschaft, mediale Repräsentation, Konsumdenken und die Auswirkungen der Globalisierung, kulturelle Identitäten, persönliche Geschichten und Narrationen der Zugehörigkeit. Während es der parallele Podiumsdiskussion und dem Programm offener Foren, bei denen die Praxis der teilnehmenden Künstler im Rahmen des kuratorialen Konzepts kontextualisiert und kritisch untersucht werden sollte, nicht gelang, zu tieferen Einsichten vorzudringen, fand die Ausstellung an sich in Kairo große Aufmerksamkeit, zumindest was ihren Umfang und ihre Vielfältigkeit anbelangt.
Aleya Hamza
Zur Zeit Gastkuratorin am Contemporary Image Collective in Kairo. Schreibt regelmäßig und hält Vorträge über zeitgenössische visuelle Kunst in Ägypten.
Kurator: Karim Francis
Künstlerinnen und Künstler:
Mohamed Abla
Nermine El Ansari
Sherif El Azma
Lara Baladi
Heba Farid
Khaled Hafez
Hazem Taha Hussein
Amal Kenawy
Huda Lutfi
Hazem El Mestikawy
Sabah Naim
Shady El Noshokaty
Ahmed Nosseir
Hany Rashed
Nader Sadek
Adel El Siwi
Mohamed Taman
Islam Zaher
Hisham El Zeiny
Occidentalism: Contemporary Artists From Egypt
13. - 23. Mai, 2007
Hotel Suisse
26 Mahmoud Bassiouni St. (Antikhana), 6. Etage
Kairo, Zentrum
Ägypten