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Info / Kontext zum Gedicht
Der kleine Vogel markiert zusammen mit dem Stacheldraht und der Mauer die Grenze der Bewegungsfreiheit. Für das Ich wird der Vogel und sein Singen zum Sinnbild für Freiheit und selbstbestimmte Handlungsfähigkeit. Die Verknüpfung der Bilder des Frühlings mit dem Ich an einem Ort der Gefangenschaft, finden im Mund des ich statt - es "fühlte im Mund den Frühling". Eine (Wieder-)Belebung des erstarrten Ich ist die Folge. Der Mund ist symbolischer Ausdruck für eine sinnliche Erfahrung und steht als pars pro toto für einen kommunikativen Akt des Bezeugens dieser Erfahrung. Damit überwindet er für diesen einen Moment nicht nur die Begrenzung des Lagers, sondern auch die Begrenztheit eines gesichtslos und starr gewordenen Ich. Das Gedicht wird zum Gefäß für diese Erfahrung und ermöglicht im redenden Vollzug eine Erinnerung. (C. Jaiser)
Tonsequenz: Vera Hozáková aus einem Interview auf Deutsch, 1997
Wenn mich etwas in meinem Inneren erschütterte, schrieb ich. Aber meine Gedichte sind nicht alle gut, das weiß ich. Doch für unsere Mädels hatte das eine große Bedeutung. Darum schrieb ich über das, was sie alleine zittern ließ. Ich wusste, dass sie auch so zittern wie ich, aber sie konnten das nicht so ausdrücken.
Dr. phil. Constanze Jaiser
Literaturwissenschaftlerin und Theologin
Publikationen zum Thema, u.a.:
Poetische Zeugnisse. Gedichte aus dem Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Stuttgart/Weimar 2000
Europa im Kampf 1939-1944. Internationale Poesie aus dem Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Berlin 2009
Ein Schmuggelfund aus dem KZ – Erinnerung, Kunst und Menschenwürde. Berlin 2012