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Info / Kontext zum Gedicht
Während des Appells wurden von der SS Selektionen durchgeführt. Im Gedicht "Appell" von Teresa Bromowicz erscheinen die Häftlingsfrauen aufgereiht wie ein "Wald in gestreifter Häftlingskleidung" und müssen auf die ihnen drohende Hinrichtung warten. Die tödliche Bedrohung drückt sich im Bild des schwarzen Habichts aus, der "mit dem Willen zum Morden" ausgestattet ist und "auf seinen Flügeln [...] den Tod" abwägt und trägt. Über den Köpfen der Frauen steigt der Rauch aus dem Kamin der Krematorien und lässt sie ohnmächtig verstummen.
Der inhaltliche Aufbau fast aller Appell-Gedichte folgt einem einfachen dichotomischen Schema, das in immer gleicher Weise die Hierarchien aufzeigt: Am Geschehen des Appells sind auf der einen Seite die Frauen beteiligt, die zum Opfer dieser Misshandlung werden, auf der anderen Seite diejenigen, die zum Appellstehen zwingen, aber es ist vor allem die Natur, die mit ihren Elementen die Situation direkt beeinflusst. (C. Jaiser)
Appelplatz im Jahr 1999
Häftligstransport zum Gelände des Jugend-KZ Uckermark zur Vergasung.
Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück
Signatur: V814-25E1
Dr. phil. Constanze Jaiser
Literaturwissenschaftlerin und Theologin
Publikationen zum Thema, u.a.:
Poetische Zeugnisse. Gedichte aus dem Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Stuttgart/Weimar 2000
Europa im Kampf 1939-1944. Internationale Poesie aus dem Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Berlin 2009
Ein Schmuggelfund aus dem KZ – Erinnerung, Kunst und Menschenwürde. Berlin 2012
Helen Ernst
1904 Athen - 1948 Schwerin. Zeichnerin, Malerin, studierte an Berliner Kunstschulen. Wie ihr Vorbild Käthe Kollwitz stand sie der Arbeiterbewegung nahe und setzte sich für deren Ziele ein. 1924 bis 1931 lehrte sie an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Berlin, entwarf Kostüme und arbeitete als Pressezeichnerin. Nach zwei Verhaftungen emigrierte Helen Ernst 1934 in die Niederlande. Nach der Besetzung des Landes wurde sie wegen "antideutscher Hetzpropaganda" nach Deutschland deportiert. Sie kam ins KZ Ravensbrück und später in das Außenlager Barth. Ihre Erfahrungen verarbeitete sie unmittelbar nach 1945 in Zeichnungen über den Alltag in Ravensbrück. Von Mitgefangenen wurde sie beschuldigt, Spitzeldienste für die SS geleistet zu haben. In ihren letzten Lebensjahren führte sie einen zermürbenden Kampf um ihre Rehabilitierung, was ihr 1948 gelang. Kurz darauf starb sie an Tuberkulose.
Violette Lecoq
1912 - 2003 Frankreich. Arbeitete ab 1939 beim Roten Kreuz als Krankenschwester. Sie war im französischen Widerstand aktiv und verhalf französischen Soldaten zur Flucht, wurde jedoch verraten und von der Gestapo verhaftet. 1943 kam sie ins KZ Ravensbrück. Man setzte sie als Krankenschwester im Tbc-Block ein, weil sie die deutsche Sprache beherrschte. Im April 1945 wurde sie vom Schwedischen Rote Kreuz evakuiert. Die Zeichnungen, die sie im KZ angefertigt hatte, waren nach dem Krieg als Beweismaterial vor Gericht zugelassen, zum Beispiel 1946/47 im Hamburger Ravensbrück-Prozess gegen Angehörige des Wachpersonals.