Dieses Gemälde finde ich besonders interessant, weil darauf die Idee der Trennung zwischen der katholischen Kirche und den Reformern, die zu den Gründern des Protestantismus gehören, im 16. Jahrhundert dargestellt ist. Im 17. Jahrhundert gab einen verheerenden Krieg, der religiös begründet wurde und 30 Jahre dauerte. So wie das Thema hier dargestellt wurde, ist es ein zeitloses Beispiel für die Entstehung religiöser Feindschaften. Das weist gewisse Ähnlichkeiten mit den Konflikten auf, die gegenwärtig weltweit stattfinden, einschließlich jener im Nahen und Mittleren Osten.
Auf diesem Gemälde sind im oberen Teil bekannte Protestanten um Martin Luther zu sehen. Sie alle erscheinen als weise und ehrenhafte Männer, die aufrecht stehen und auf die Figuren im unteren Teil des Bildes herabblicken: dort sitzen kleine, merkwürdig aussehende Männer des Klerus und des Staates zusammen. Einer von ihnen, ein Mönch, hat sogar einen gruseliges, Feuer spuckendes Monster auf seinem Schoß. Dieses Monster ist Satan, und mit seiner Gegenwart soll die katholische Kirche und ihre Beziehung zur politischen Macht als böse gekennzeichnet werden. Im Grunde zeigt das Gemälde, dass die Art und Weise, wie religiöse Konflikte begründet werden, sich jahrhundertelang nicht verändert hat: immer wieder halten Menschen jene, die einem anderen Glauben anhängen oder nicht damit übereinstimmen, wie man selbst betet, für nichts weniger als satanische Verschwörer.
Ich habe festgestellt, dass durch dieses Gemälde ein Dialog mit den Besuchern aus dem Nahen und Mittleren Osten entsteht. Es hilft Ihnen zu verstehen, dass auch Deutschland Religionskriege durchgemacht hat und sich das Land entwickelte, indem es solche Konflikte überwand und die Sichtweisen anderer akzeptierte. Das Gemälde regt zu einer Diskussion an, in der die Leute hinterfragen können, wie sie bislang an dieses Thema herangegangen sind. Es schafft tatsächlich eine Brücke zwischen Kulturen, und darum geht es bei Multaka.
Salma Jreige
Absolventin der Rechtswissenschaften aus Syrien. Abschluss an der juristischen Fakultät der Universität Damaskus 2013. Während des Universitätsstudiums arbeitete sie als Englischlehrerin. 2013 begann sie ehrenamtlich mit der syrischen feministischen NGO "Syrian Women's league" zusammenzuarbeiten. Im Juli 2014 kam sie nach Deutschland. 2015-16 arbeitete sie als Sprachassistentin beim Frauen Computer Zentrum Berlin (FCZB) in einem Deutschkurs für Flüchtlingsfrauen. Sie war bei BBQ Baumann Bildung und Qualifizierung als Job Coach für Integration in den deutschen Arbeitsmarkt angestellt. 2015 begann sie im Rahmen des Multaka-Projekts Führungen im Deutschen Historischen Museum zu machen, und im Februar und März 2017 ist sie als Projektkoordinatorin für Multaka tätig.
Aus dem Englischen: Haupt & Binder
© Porträt Salma Jreige: Milena Schlösser
© Repro des Gemäldes: Deutsches Historisches Museum
© Andere Fotos: Haupt & Binder