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Monira Al Qadiri

Monira Al Qadiri

Monira Al Qadiri

Kuwaitische Künstlerin, geboren in Senegal, ausgebildet in Japan. Lebt in Berlin, Deutschland.

Chimera

Aluminium, schillernder Autolack
450 x 470 x 490 cm

© Monira Al Qadiri 2021
Auftrag und Sammlung der Expo 2020 Dubai
Cover-Foto: Roman Mensing in Zusammenarbeit mit Thorsten Arendt (Detail)

Standort

Diese gigantische schillernde Skulptur von Monira Al Qadiri basiert auf der Form eines Ölbohrers. Aufgrund ihrer Größe und der reflektierenden Farbe wirkt sie fast wie ein futuristisches Wesen aus dem Weltall. Vor der Entdeckung des Erdöls basierte die Wirtschaft an der Golfküste jahrhundertelang auf dem Perlentauchen. Mit dem Perlentauchen, dem Perlenhandel und der Musik der Perlentaucher entstanden ganze Kulturen rund um dieses wertvolle Objekt.

Der Titel Chimera bezieht sich auf ein mythisches oder fiktives Wesen, das sich aus Teilen verschiedener anderer Tiere zusammensetzt. Mit dieser Skulptur versucht die Künstlerin, die Zeit vor und nach dem Öl in einem Körper zu verschmelzen. Durch deren Farbe, Materialität, Symbolik, Ökologie und Ökonomie stellt sie ästhetische Verbindungen zwischen Perlen und Öl her, um sich die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Golfregion neu vorzustellen.

Siehe auch das Interview

Monira Al Qadiri: Chimera. 2021
Aluminium, schillernder Autolack. 450 x 470 x 490 cm
Auftrag und Sammlung der Expo 2020 Dubai.
Fotos: Roman Mensing und Thorsten Arendt

Interview mit Monira Al Qadiri

von Pat Binder & Gerhard Haupt

Binder & Haupt: Obwohl der Begriff "Chimäre" heutzutage nur ein fiktives Wesen bezeichnet, das aus Teilen verschiedener Tiere zusammengesetzt ist, hat er für viele Menschen eine negative Konnotation, da eine Chimäre in der griechischen Mythologie ein feuerspeiendes Hybridmonster war, oder man denkt an die Mensch-Tier-Chimären, die in genetischen Labors geschaffen werden könnten. Hast du dein Werk als solch eine eine phantastische Kombination konzipiert, oder ist es als eine Art Mahnmal gedacht?

Monira Al Qadiri: Das Werk enthält zwei Bedeutungen zugleich: Es feiert das Öl als eine Wundersubstanz, die ganze Gesellschaften und unsere moderne Lebensweise auf der gesamten Welt verändert hat, warnt aber auch davor, dass es ein Fluch ist - eine zerstörerische Kraft für die Umwelt, von der wir uns abwenden müssen, um eine nachhaltigere Zukunft zu erlangen. Beide Ideen sind im Titel "Chimera" enthalten, da das Werk konzeptionell viele verschiedene Facetten hat. Außerdem bezieht sich die Arbeit auf die Kulturen in der Golfregion vor und nach dem Öl, worauf sowohl die Form als auch die Farben anspielen.


B. & H.: Kannst du uns etwas über den Arbeitsprozess und die Technik sagen? Das Schillern ähnelt dem Glanz von Perlmutt oder den Farben eines Ölfilms auf Wasser. Wie entsteht dieses Phänomen des Schillerns?

M. AQ.: Die Skulptur besteht aus Aluminium und ist fast wie ein Auto gebaut. Sie hat ein inneres "Fahrgestell", das das Gewicht und die verschiedenen Teile trägt, und eine lackierte "Karosserie" an der Außenseite, die für das Auge attraktiv und gleichzeitig wetterfest ist. Der Bau dieser permanenten Skulptur war ein äußerst komplexer Prozess, der fast zwei Jahre dauerte und an dem viele Experten und Ingenieure beteiligt waren.

Das Phänomen des Schillerns ist eine Illusion, die in unserem menschlichen Auge erzeugt wird. Im Grunde enthält der Lack winzige Kristalle, die auf jeder Seite eine andere Farbe haben, und wenn man sich um die Skulptur herum bewegt, sieht man, wie die diversen Farbtöne ineinander übergehen. Auch die Perle ist aufgrund dieses Phänomens für uns als Ornament attraktiv, ebenso wie das Öl selbst, auch wenn die Menschen seine Schönheit normalerweise nicht wahrnehmen.


B. & H.: Wie stellst du dir vor, dass das Publikum auf der Expo 2020 Dubai mit deiner Skulptur in Berührung kommt? Hältst du es für möglich, dass sich die Art und Weise, wie die Arbeit wahrgenommen oder reflektiert wird, mit der Zeit und mit der Entwicklung des Expo-Geländes zu einem "normalen" Stadtviertel verändert?

M. AQ.: Wie bei jeder Kunst im öffentlichen Raum ist sehr schwierig, die Menschen dazu zu bringen, das spezifische künstlerische Konzept eines solchen Werkes zu erfassen. Ich denke, das ist unvermeidlich, weil es sich um einen für alle offenen Raum handelt und nicht um eine kontrollierte Umgebung wie in einem Museum. Das Werk entwickelt also ein Eigenleben, wenn die Menschen mit ihm interagieren, und als Künstlerin akzeptiere ich diese Unvermeidlichkeit. Ich möchte, dass die Menschen ihren eigenen Eindruck von der Skulptur haben, während sie diese betrachten, auch zu verschiedenen Tageszeiten, da sich ihre Farbe ziemlich dramatisch verändert.

Ich freue mich natürlich auf die Besucherinnen und Besucher der Expo, denn ich hätte mir nie träumen lassen, dass ein so zahlreiches Publikum meine Arbeit sehen würde. Aber ich freue mich auch auf die Phase danach, wenn das Werk für viele Jahre dort bleibt und die Menschen in dem neuen Viertel beginnen, damit zu leben und Erinnerungen damit zu verbinden. Das ist der Moment, in dem das Werk wirklich lebendig wird. Öffentliche Kunst ist so wichtig, um das soziale Gefüge eines Ortes zu fördern, und ich hoffe, dass mein Werk in der Zukunft ein kleiner Teil dieses einzigartigen Kapitels sein wird.

Berlin, November 2021
(Aus dem Englischen: Haupt & Binder)

Mehr in UiU:

Text und Informationen: Expo 2020 Dubai Public Art Programme.
Übersetzungen aus dem Englischen: Universes in Universe.

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