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Pressemitteilung

Haus der Kulturen der Welt, Mai 2001

The Short Century
Unabhängigkeits- und Befreiungsbewegungen in Afrika 1945 -1994
18. Mai - 29. Juli 2001

Ein Projekt des Museums Villa Stuck in Zusammenarbeit mit dem Haus der Kulturen der Welt, Berlin.

Kurator: Okwui Enwezor
Co-Kuratoren: Rory Bester, Lauri Firstenberg, Chika Okeke, Mark Nash
Präsentiert vom Haus der Kulturen der Welt im Martin-Gropius-Bau, Berlin

Vom 18. Mai bis zum 29. Juli 2001 präsentiert das Haus der Kulturen der Welt die in München außerordentlich erfolgreich angelaufene und von einem internationalen Medienecho begleitete Ausstellung "The Short Century" im Berliner Martin-Gropius-Bau. Kuratiert wurde die Ausstellung von Okwui Enwezor, Leiter der Documenta 11. In Berlin wird "The Short Century" erstmals in ihrem ganzen Umfang gezeigt und damit so präsentiert wie in ihren nächsten Stationen im MoMa/PS1, New York, und dem Museum of Contemporary Art in Chicago. Mit der Ausstellung umreißt Okwui Enwezor die Vielgestaltigkeit der afrikanischen Moderne und bestimmt Afrikas Platz in der Geschichtsschreibung des 20.Jahrhunderts neu.

"The Short Century" dokumentiert das kurze Jahrhundert der Befreiung vom kolonialen Joch von 1945 bis zum Ende des Apartheidregimes im Jahre 1994. In diesem "kurzen Jahrhundert" errangen die Völker Afrikas ihre Unabhängigkeit von den europäischen Mächten, die 1884/85 auf der Berliner "Kongo-Konferenz" den Kontinent mit dem Ziel einer totalen Kolonisierung unter sich aufgeteilt hatten. Als der erste ghanaische Präsident Kwame Nkrumah vom 20. Jahrhundert als dem "Jahrhundert der Notwendigkeiten" sprach, beschrieb er damit sowohl den Weg der Emanzipation als auch den einer Rekonstruktion afrikanischer Identitäten.

Der interdisziplinäre Ansatz der Ausstellung verbindet historische Dokumente mit zeitgenössischen künstlerischen Positionen, konfrontiert die Erzeugnisse kolonialer und antikolonialer Propaganda - Film und Fotografie, aber auch Poster, Printmedien und Textilien - aus Privatsammlungen und staatlichen Archiven. Einzigartige Beispiele regionaler Kunstströmungen, vom Egyptian Awakening bis hin zur südafrikanischen Resistance Art, sind mit dieser Ausstellung zum ersten Mal in Deutschland zu sehen. Architektur und Stadtplanung präsentieren sich hier als Ausdruck eines neuen kollektiven Selbstbewußtseins der jungen afrikanischen Staaten.

Die Exponate zeigen persönliche und kollektive Selbstentwürfe eines sich urbanisierenden Afrika, das durch seine im Ausland lebenden Künstler und Intellektuellen in ständigem Austausch mit den Metropolen Europas und Nordamerikas steht. Offizielle Geschichtsbilder werden gebrochen durch private Erinnerungsstücke: Familienalben, Erinnerungsschreine, Memoiren, Kleidermoden und Popmusik finden ihren Platz neben Volkskunst und Revolutionsbildern.

Der Besucher der Ausstellung wird zum Zeitzeugen in einem komplexen multimedialen Archiv, das Indizien liefert für die "Biographie" des afrikanischen Kontinents. Hier wird das Zusammenspiel von Kultur, Politik und Kunst beim Aufbau eines neuen sozialen Raums durch Afrikaner für Afrikaner nachgezeichnet. "The Short Century" zeigt jedoch nicht nur die intellektuelle Seite der Dekolonisation, sondern auch deren kollektive Erinnerung. Dieses Gedächtnis gehört den Menschen auf der Straße, die die Grundlage für die Unabhängigkeit geschaffen haben.

Der Ausstellungsparcours durch die thematischen Stationen verdeutlicht, in welchem Maß die Bildenden Künste und Architektur, Fotografie und Film, Literatur, Musik und Theater zu einem modernen Selbstverständnis des Kontinents beigetragen haben. Dabei wird die wichtige Rolle afrikanischer Künstler, Literaten und Intellektueller als Modernisierer ihres Kontinents sichtbar, die in einem fortwährenden Dialog mit den europäischen Avantgarden und amerikanischen Bürgerrechtsbewegungen standen.

So arbeitete der Regisseur Ruy Guerra eng mit den europäischen Künstlern Jean Rouch und Jean-Luc Godard zusammen. Der südafrikanische Künstler Ernest Mancoba wurde Mitbegründer der Gruppe COBRA. Der äthiopische Maler Gebre Kristos Desta lebte und wirkte hauptsächlich in Deutschland. Der indisch-ugandische Schriftsteller Rajat Neogy veröffentlichte in seiner Zeitschrift "Transition" Werke von Chinua Achebe, John Pepper Clarke und dem Nobelpreisträger Wole Soyinka. Leopold S. Senghor und Aime Cesaire, die Vordenker der Negritude-Bewegung, erhielten von Albert Camus, Jean-Paul Sartre, Andre Breton und Picasso öffentliche Unterstützung. Die Begegnung zwischen Afrika und der modernen europäischen Kunst ist eine Geschichte von Wechselwirkungen. Während europäische Künstler sich die formalen Elemente afrikanischer Skulpturen und Gebrauchsgegenstände aneigneten, die in ganz Europa in den Völkerkundemuseen lagerten, ließen sich afrikanische Künstler durch Vorbilder der europäischen Moderne anregen. Allerdings stießen sie dabei auf historische und methodische Hürden, die sie dazu zwangen, sich in ihrem Werk gleichzeitig mit Fragen der Tradition und Modernität auseinanderzusetzen. Diese Fragen sind bis heute von grundlegender Bedeutung für die ästhetische Position afrikanischer Künstler der Moderne wie der Gegenwart.

Die Frage, die sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung zieht, lautet: Wie realisiert die afrikanische Moderne ihre Modernität? Sie beruht weder auf der Ideologie einer für alle afrikanischen Regionen und Stile gültigen Kunstepochendefinition, noch auf einer simplen Anerkennung und Assimilation einer autonomen europäischen Moderne. Die Bildende Kunst, das filmische Werk, die Fotografien, Dokumente, Bücher, Plakate, Textilien, die Vielfalt von Archivmaterialien, die in dieser Ausstellung zusammengetragen wurden, machen diese Dialektik intensiv erfahrbar. Dadurch wird eine Sicht transportiert, die dem afrikanischen Weltbild sowohl innerhalb des afrikanischen Kulturschaffens selbst als auch innerhalb der übergreifenden Moderne des 20. Jahrhunderts den Rang zuweist, der ihm gebührt.

Veröffentlicht vom Haus der Kulturen der Welt, Berlin, Mai 2001

>> Foto-Tour
Werke von 40 Künstlern

Ein Projekt des Museums Villa Stuck, München, in Zusammenarbeit mit dem Haus der Kulturen der Welt, Berlin.

Kurator:
Okwui Enwezor

Ko-Kuratoren:
Rory Bester
Lauri Firstenberg
Chika Okeke
Mark Nash

>> 60 Teilnehmer
Liste mit biogr. Daten

Museum Villa Stuck, München
15. Febr. - 22. April 2001

Martin-Gropius-Bau, Berlin
18. Mai - 29. Juli 2001

Museum of Contemporary Art, Chicago
8. Sept. - 30. Dez. 2001

P.S.1 und Museum of Modern Art, New York
10. Febr. - 5. Mai 2002

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