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Der Arnold-Bode-Preis 2016 der documenta-Stadt Kassel geht an Hiwa K, der 1975 im Nordirak geboren ist, und heute in Berlin lebt.
Jun 2016Die üblichen Kategorien und Mechanismen, nach denen die Kunstwelt operiert, fordert Hiwa K mit seiner Praxis heraus—er übt grundlegende institutionelle Kritik, stellt dabei unentwegt Genregrenzen und damit auch die eigene künstlerische Position infrage. Seine Arbeiten thematisieren mündliche Überlieferung sowie ungewöhnliche Erzählformen historischer Ereignisse, soziale Ungleichheit, außerdem formale akademische Systeme versus demokratischer Wissensverbreitung.
Die Entscheidung teilte Oberbürgermeister Bertram Hilgen im städtischen Pressedienst mit, nachdem der Magistrat zuvor als Vorstand der Arnold-Bode-Stiftung auf Vorschlag des Kuratoriums über die Vergabe des Preises entschieden hatte. Die Verleihung des Preises findet am Donnerstag, den 3. November 2016 im Kasseler Kunstverein statt.
Der Künstler
Hiwa K hat nach dem Schulabschluss im Irak seine Ausbildung in gemeinsam mit anderen bildenden Künstlern, Intellektuellen, Musikern und Theaterkünstlern selbstorganisierten Studiengruppen in seinem Heimatland fortgesetzt. Zu den Hauptbereichen dieses informellen und nichtsystematischen Studiums zählten die europäische Literatur und Philosophie, die sie sich aus den verfügbaren, ins Arabische übersetzten Büchern aneigneten. Im Jahr 1985 begann Hiwa K mit Malerei – nicht zuletzt auch im öffentlichen Raum. 1998 gab er jene jedoch auf, um bei Paco Peña Flamencogitarre zu studieren und anschließend für mehrere Jahre in diesem Bereich zu arbeiten. Nach sechs Jahren als professioneller Gitarrist kehrte er zur bildenden Kunst zurück. Musikalische Praktiken üben weiterhin starken Einfluss auf seine künstlerische Arbeit aus.
Seine Projekte präsentieren sich als fortgesetzte Kritik künstlerischer Ausbildung, der Professionalisierung der Kunst, der Inszenierung und der Sichtbarkeit sowie des Mythos vom individuellen Künstler. Viele seiner Werke sind Formen und Resultate von Kollaborationen und drehen sich um den Lehr- und Lernprozess, wobei sie das Lernen als alltägliche Praxis betonen, statt Wissen als formalisierte Disziplin zu verstehen.
Unmittelbarkeit und Improvisation sind die herausstechenden Merkmale seiner Arbeiten, die sich einer normativen Ästhetik entziehen, sondern die vielmehr die Möglichkeit einer anderen Einstellung gegenüber alltäglichen Formen, mündlichen Geschichten, Begegnungen und politischen Situationen eröffnen. Hiwa K schöpft dabei aus einem Fundus von Geschichten, die von Familienmitgliedern und Freunden erzählt werden, vorgefundenen Situationen sowie alltäglichen, aus Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit entstandenen Formen.
Hintergrund
Dem Kuratorium der Arnold-Bode-Stiftung gehören derzeit an: Prof. Heiner Georgsdorf (Vorsitzender), E. R. Nele, geb. Bode, Dr. Klaus Lukas, und der Künstlerische Leiter der documenta 14, Adam Szymczyk. Ehrenvorsitzender des Gremiums ist Prof. Karl-Oskar Blase.
Liste der bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger
1980 Hannsjörg Voth
1981 Mario Merz
1982 Gerhard Richter
1983 Gerhard Merz
1984 Walter Pichler
1985 Ulrich Rückriem
1986 Rebecca Horn
1987 Wolfgang Laib
1988 Edward Kienholz
1990 Thomas Schütte
1992 Reiner Ruthenbeck
1994 Olaf Metzel
1996 Tony Oursler
1997 Richard Hamilton
1999 Penny Yassour
2001 Stan Douglas
2002 Maria Eichhorn
2004 Maurizio Cattelan
2006 Hans Schabus
2007 Romuald Hazoumé
2009 Urs Lüthi
2011 Goshka Macuga
2012 Thomas Bayrle
2014 Nairy Baghramian
>> Weitere Informationen
Hiwa K
* 1975 Sulaymaniyah, Kurdistan, Irak. Lebt in Berlin, Deutschland.