Für eine optimale Ansicht unserer Website drehen Sie Ihr Tablet bitte horizontal.
Durch Kunstaktionen, Debatten und Interventionen soll der Karm Al-Khalili Garten in Jerusalem wiederbelebt werden. Ein Projekt von The Palestinian Art Court Al-Hoash.
Von Alia Rayyan und Yazid Anani | Feb 2014Zalet Lisan ist ein neues Projekt der Kunstorganisation "Palestinian Art Court-Al Hoash" in Jerusalem, das mit einer Reihe von Aktivitäten, Ausstellungen und öffentlichen Interventionen im sogenannten Rockefeller Park in Jerusalem versucht, auf die Problematik des öffentlichen Raumes in Jerusalem hinzuweisen. Das Projekt wurde im Herbst 2013 als Teil von Al Hoashs neuem Fokus gestartet, die Rolle von Kunst im öffentlichen Raum zu thematisieren und die Wirkungsmöglichkeiten sozial engagierter Kunst in der heiklen politisch-sozialen Situation von Ostjerusalem zu forcieren. Zalet Lisan konzentriert seine Aktivitäten auf den Rockefeller Park (ursprünglich Karm Al Khalili Garten) mit dem Ziel, die öffentliche Nutzung des Parks zu stärken.
Das Projekt ist Teil der kontinuierlichen Aufgabe von Al-Hoash, die Isolation Jerusalems von den anderen palästinensischen Gebieten zu durchbrechen und auf die politischen und sozialen Einschränkungen von Ostjerusalem hinzuweisen. Gefangen in einer Stadt, in der politische Segregation und Fragmentierung auf der Tagesordnung stehen und einer natürlichen urbanen Entwicklung entgegenwirken, finden sich die Palästinenser Jerusalems in einer Situation wieder, in der sie ihr Zugehörigkeitsgefühl und den Bezug zur direkten Umgebung verloren haben. Dieser Zustand führt zu einer introvertierten und fragmentieren Gesellschaft, die dem öffentlichen Raum aggressiv und ablehnend gegenüber steht. Den positiven Bezug zur Umgebung und damit verbundene kreative Nutzungsmöglichkeiten für die Anwohner wiederherzustellen kommt eine fundamentale Bedeutung zu.
Mit der Arbeit an Zalet Lisan geht es al Hoash um einen Dekolonisierungsprozess, bei dem zum Einen versucht wird, die erlernte Hilflosigkeit und Passivität der Palästinenser zu thematisieren, und der zum Anderen die Verbindung zu Palästinensern aus der West Bank, aus dem Gazastreifen oder dem Exil verbessern soll.
Zalet Lisan arbeitet mit diversen Aktivitäten und Partnern und wendet sich an unterschiedliche Publikumsgruppen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass das Konzept des öffentlichen Raumes eher als dem westlichen Gedankengut entspringend gilt. Daher ist es wichtig, den Dialog zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen wieder aufzunehmen und mögliche alternative Formen der Nutzung anzuregen.
Kuratoriale Idee
Zalet Lisan – (aus dem Arabischen, als falscher Zungenschlag zu übersetzen) - ist ein allgemeingültiger Ausdruck für einen Sprachfehler oder eine falsch abgespeicherte Erinnerung, die psychologisch als ein zurückgehaltener Wunsch, Konflikt oder Gedanke erklärt wird.
Der Kurator Yazid Anani sah hier eine Möglichkeit, eine Verbindung zu den unausgesprochenen Erzählungen des Viertels um den Karm Al-Khalili Garten herum zu finden. Der Name des Karm Al-Khalili Gartens geht auf Scheich Mohammad bin Mohammad Al-Khalili zurück, den Shaafa’is Mufti (Groß-Mufti) von Jerusalem, der im 18. Jahrhundert in der Stadt ankam und hier lebte. Es heißt, er hätte 1726 entschieden, sein Eigentum, einschließlich des Karm Al-Khalili Gartens, der Awkaf (fromme Stiftung) zu überschreiben, infolgedessen dieser Garten zu einem der Öffentlichkeit zur Verfügung stehenden Park wurde.
Der Begriff Zalet Lisan wird den Tierfabeln aus Kalilawa Dimna gegenüber gestellt, einer indischen Sammlung aus dem 3. Jahrhundert v.u.Z., deren Handlungsort vor allem der Wald ist. Der Wald wird zum Karm Al-Khalili Garten, die Fabeln werden zu unausgesprochenen Erzählungen, Mythen und Geschichten des Viertels, und die versteckte Kritik in Kalilawa Dimna überträgt sich auf das Wohnviertel und die soziale und politische Situation in Jerusalem. Die Tiere sprechen an Stelle sozialer Figuren und Anwohner Jerusalems, woraus sich die Möglichkeit ergibt, ohne Furcht vor Konfrontation und Bloßstellung Dinge auszusprechen, die bislang im Verborgenen geblieben sind.
Die erste Phase des Projekts im Oktober und November 2013 beinhaltete eine Reihe von Gesprächsrunden mit den Anwohnern, Aktivitäten mit der Bevölkerung und eine Kunstinstallation im Garten.
Gartengespräche und Gemeinschaftsaktivitäten
Der Park genießt heutzutage eine schlechten Ruf und ist in Jerusalem als Treffpunkt von Drogenabhängigen und Kleinkriminellen verrufen, die ihn vor allem nach Anbruch der Dunkelheit in Besitz nehmen. Diese teils sozial bedingten Mythen haben einen enormen Einfluss auf das Verhalten der Anwohner und die Beziehung zum Park. Insbesondere Frauen und Familien meiden den Park, da allein schon dessen Betreten als rufschädigend angesehen wird. Somit war es von vornherein klar, dass jede Aktivität im Park zunächst den sozialen Mythos durchbrechen muss. Positive Erlebnisse wie Kinderspielaktionen und offene Gesprächskreise sowie Akrobatik waren erste Versuche, die Menschen wieder in den Park zu locken. Die erste Kunstintervention wurde im November 2013 realisiert: eine Multimediainstallation auf Leinwänden, die zwischen den Bäumen hingen und Tiervideos von weidenen Zebras, einer Giraffe, einem Pfau und einem Nashorn zeigten. Begleitet wurden diese Filme von einer Toninstallation, die gesammelte Erzählungen der Anwohner über den Garten sowie Passagen der Fabeln aus Kalilawa Dimna wiedergab. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten lebte der Park nach Anbruch der Dunkelheit auf und verwandelte den Ort in einen Treffpunkt für Jung und Alt.
Das Engagement wird in diesem Jahr fortgesetzt. So geht Zalet Lisan in die zweite Runde und wird im April und Mai 2014 mit neuen Ausstellungen und Gemeindeaktivitäten auch weiterhin auf den Park aufmerksam machen.
Alia Rayyan und Yazid Anani
Alia Rayyan ist Direktorin von The Palestinian Art Court Al-Hoash. Yazid Anani ist Kurator des Projekts Zalet Lisan.
Kurator: Yazid Anani
Mitwirkung: Casey Asprooth-Jackson und Studenten des Al-Quds Bard College for Liberal Arts and Sciences: Fadi Abu Nemeh, Salah Daoud, Iman Zubeidi und Saja Zahayka.
Gartengespräche kuratiert von Inas Moussa.
In Partnerschaft mit der Heinrich Böll Stiftung, dem französischen Kulturzentrum und dem Goethe-Institut Ramallah
Gefördert von The Community Resilience and Development Programme for Area C and East Jerusalem - CRDP
Zalet Lisan
Reclaiming Karm Al-Khalili Garden
Ein Projekt von: