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Body Art und Performance in der Golfregion: 16 Künstler, Kuratorin C. de Marchi. 19. Sept. - 23. Nov. 2013, NY University Abu Dhabi. Davor im DUCTAC, Dubai.
Von Cristiana De Marchi | Sep 2013Nach der Präsentation im DUCTAC in Dubai (7. März - 10. April 2013) ist die Ausstellung vom 19. September bis 23. November 2013 auf dem New York University Abu Dhabi Downtown Campus zu sehen.
Körperkunst ohne Körper scheint ein reines Paradox zu sein. Doch selbst in einer Region, in der die Darstellung des Köpers normalerweise kulturell gebannt ist, lohnt es sich, darüber nachzudenken. Kunst in den Vereinigten Arabischen Emiraten hat im letzten Jahrzehnt ein außergewöhnliches Wachstum erfahren, das steht außer Frage, und es ist allzuoft gesagt worden. Aber das ist nur das Ergebnis eines Prozesses und nicht notwendigerweise eines kulturellen, sondern vielmehr eines weltweiten Marketing. Doch ein paar Künstler sind hier bereits in den frühen 1970er Jahren aktiv gewesen. Zeitgenössische Kunst hat schon ganz am Anfang ein Experimentieren durchlaufen, besonders mit Medien und Konzepten, die der lokalen Kultur zutiefst fremd waren.
Während der frühen 1980er Jahre hat der Künstler Hassan Sharif seinen Körper in einer signifikanten Serie von Performances und Experimenten benutzt, die in enger Beziehung zur europäischen und speziell Londoner Kunstszene entwickelt worden sind und dann für Jahrzehnte in der Schublade blieben. In dieser Region war der Einsatz des Körpers in jenem Stadium "verfrüht" und ist noch immer unterrepräsentiert. Die Phase leibhaftiger Zusammenkünfte ist irgendwie vorrübergegangen, und der gegenwärtige Kreis zeitgenössischer Kunst kam als "klinisch" hervor, so wie aus einem Wartezimmer beim Zahnarzt.
Dennoch hat eine kleine Gruppe von Künstlern und Intellektuellen versucht, dicht an verschiedene Ausdrucksformen heranzukommen und über Restriktionen hinauszugehen. Nach Hassan Sharif hat sein "Protegé" Mohammed Kazem die Realität vermittels seines Körpers erkundet und seine Suche unverhohlen in einer begrenzten und doch konsistenten Serie von Arbeiten offengelegt, die bis zur Mitte der 1990er Jahre zurückreichen. Diese Experimente waren eine Ausnahme, ansonsten wurden die herrschenden Regeln in der Golfregion weitgehend respektiert, und im Wesentlichen ist nichts, was als Body Art zu definieren wäre, produziert worden.
Body Art (wie auch Performance) bietet unbestreitbar den Vorteil der matière première [des Rohstoffs] des Körpers des Künstlers bzw. der Künstlerin zumeist selbst. Und doch wird wegen der performativen Praxis und Eigenart ein Publikum gebraucht. Allerdings ist das Publikum das tatsächlich fehlende Bindeglied bei den Erfahrungen mit Body Art in den VAE, was die darauffolgenden Schritte der Suche auf diesem Gebiet erheblich beeinflusste.
Wo ist der Körper denn nun? Bis zu welchem Grad und in welchem Szenario ist der Körper in den letzten 25 Jahren dargestellt worden? Das sind einige der Fragen, die diese Ausstellung aufwerfen soll, indem Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern der Golfregion, die vornehmlich Video und Fotografie benutzen, gezeigt werden. Manal Al Dowayan (1973), Ebtisam AbdulAziz (1975), Noor Al-Bastaki (1985), Waheeda Malullah (1982) sind einige derjenigen, die in ihren Werken den eigenen Körper oder den von anderen einsetzen. Dabei handelt es sich vor allem um Künstlerinnen in einem Schwebezustand, in dem der Drang sich ausdrücken noch starken sozialen und kulturellen Bindungen und Beschränkungen unterliegt. So wie auch im Falle von Tarek Al-Ghoussein (1962) - der seinen Körper als Reaktion auf soziale oder politische Fragestellungen zeigt - oder von Anas Al-Shaikh (1968) sind nahezu alle in diesem Teil der Welt entstandenen Werke, die den Körper einsetzen, darum bemüht, offene Verletzungen der Konventionen zu vermeiden.
Selbstzensur ist eine ziemlich heikle Angelegenheit, durch die der kreative Vorgang in seine prozesshaften Phasen selbst gezwungen wird. Und trotzdem gelingt es denjenigen, die sich damit auseinandersetzen müssen, Wege zu finden, dem zu entgehen und ihre Perspektive trotzdem zum Ausdruck zu bringen. Deshalb ist die Erforschung der Rolle des Körpers in der zeitgenössischen Kunst aus der Golfregion auch ein Weg, die Freiheit des Künstlers zu untersuchen, und zwar sowohl des schaffenden als auch des ausstellenden.
"MinD-Made in Dubai" ist ein Format - jetzt bereits im vierten Jahr - das darauf abzielt, sehr unterschiedliche Konzepte vorzustellen, die mit Dubai und der Kunstszene der VAE verbunden sind. Es ist ein wirklich sehr flexibles Format, das verschiedene Aspekte dessen akzeptiert und einbezieht, was eine gewiss sehr vielfältige "Realität" ausmacht. In diesem Jahr richtet sich der Fokus von MinD auf den Körper - "wie Künstler den Körper in einer Kultur benutzen, in der er insbesondere im Falle von Frauen zumeist vor dem öffentlichen Blick behütet wird". Zuallererst müssen wir die Terminologie definieren, da eine gewisse Konfusion diesen Bereich des künstlerischen Schaffens durchdringt. "Der Begriff 'Body Art' ist kein kunsthistorischer, sondern vielmehr ein anthropologischer und als solcher impliziert er die Nutzung des Körpers als Unterlage für Malerei, Piercing, etc. Doch die Verwendung des Körpers in der zeitgenössischen Kunsttheorie hat mehr oder weniger strikt mit der Performancekunst zu tun." [1]
In den meisten Fällen, wenn nicht gar in allen, beziehen sich die Performances direkt auf ein Verständnis vom Körper, sei es in Beziehung zum Raum, zu Geschlechterfragen, etc., und sie können in ein paar Hauptrichtungen unterteilt werden: Körper und Raum (Hassan Sharif, Abdullah Al Saadi), Körper und politische/soziale Themen (Noor Al-Bastaki, Anas Al-Shaikh, Tarek Al-Ghoussein), Körper und Gender (Ebtisam AbdulAziz, Waheeda Malullah, Saeide Karimi).
Die Benutzung des Körpers als physische Unterlage, die im eigentlichen Sinne der Definition von "Body Art" entspricht, ist in dieser Ausstellung neben der Performance ebenfalls vertreten (Rabi Georges). Es muss klargestellt werden, dass Performance in der Golfregion oft kein Happening mit einem Publikum an einem festgesetzten Ort, Datum und Zeitpunkt ist. Viel öfter handelt es sich dabei um eine einsame Aktion, manchmal sind nur ein paar Freunde dabei, die auch als technische Unterstützer assistieren und den Event aufzeichnen, der später als dokumentierter Vorgang gezeigt wird. Statt direkter Zeuge zu sein, ist das Publikum ein "Voyeur", jedoch ein von den Künstlern selbst dazu aufgeforderter.
Eine weitere Werkgruppe dieser Ausstellung sind solche Arbeiten, die den Körper als ein Thema auf mehr erzählerische Weise einsetzen oder auf einen irgendwie "illustrativen" Wunsch reagieren (Manal Al Dowayan, Siavash Yansouri). Das hat nicht direkt mit Performance zu tun, doch interessant daran ist die vielfältige Weise, auf die sich Künstlerinnen und Künstler am Golf und im Iran mit dem Körper beschäftigen. Und ebenso die verschiedenen Ansätze, wie sie sich vermittels des Körpers (ihres eigenen oder den eines Alter Ego) zur Welt ins Verhältnis setzen oder diese einbeziehen. Auch wie sie den Körper von anderen wahrnehmen und darstellen und dabei durch ein anderes Thema die Beziehung beobachten und projizieren, die den sozialen Corpus und die Individuen verbindet.
Anmerkung:
Cristiana De Marchi
Freischaffende Autorin, lebt in Dubai.
Kuratorin: Cristiana de Marchi
Künstler:
Abdulla Al Saadi
Anas Al-Shaikh
Cristiana de Marchi
Ebtisam AbdulAziz
Hassan Sharif
Manal Al Dowayan
Mohammad Al Mazrouei
Mohammed Kazem
Noor Al-Bastaki
Nujoom AlGhanem
Rabi Georges
Saeide Karimi
Shaikha Al Mazrou
Siavash Yansouri
Tarek Al-Ghoussein
Waheeda Malullah
MinD/Body
Body Art und Performance in der Golfregion
19. September - 23. November 2013
New York University Abu Dhabi
Downtown Campus
Abu Dhabi, VAE
7. März - 10. April 2013
DUCTAC
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Dubai