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Anmerkungen zum Besuch der Ausstellung in Doha, die über 100 Werke von 1800 v.u.Z. bis in die Gegenwart zeigt, und Fototour.
Von Pat Binder & Gerhard Haupt | Dez 2012Als das Mathaf in Doha Ende 2010 eingeweiht wurde, kuratierten Sam Bardaouil und Till Fellrath eine der drei Eröffnungsausstellungen: Told / Untold / Retold [1]. Bei diesen "Geschichten von Reisen durch Zeit und Raum" handelte es sich um die Ansammlung neu in Auftrag gegebener, für sich autonomer Werke und Projekte von 23 zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern mit Wurzeln in der arabischen Welt.
Mit ihrer zweiten großen Ausstellung in Doha, Tea with Nefertiti: The making of the artwork by the artist, the museum and the public, eröffnet am 16. November 2012 im Mathaf zusammen mit Forever Now [2], holen die beiden Kuratoren jetzt ganz weit aus, und das sowohl zeitlich als auch inhaltlich. Über "Kontinente und Millenien hinweg" wollen sie eine kritische Perspektive darauf bieten, "wie Kunstwerke benutzt wurden, um Bilder und Wahrnehmungen kulturellen Andersseins zu schaffen". Passend zum 100. Jahrestag der Entdeckung (und Vereinnahmung) der Büste der Nofrete, nehmen sie die im 19. Jahrhundert entstandenen altägyptischen Sammlungen europäischer Museen zum Ausgangspunkt ihrer Auseinandersetzung mit Museologie, der Inszenierung von Kunstwerken, der überkommenen Kunstgeschichtsschreibung sowie des "employment of mechanisms of visual and literary display as a means of forming, informing and framing cultural otherness". (Mehr dazu in der Presseverlautbarung weiter unten.)
Der konzeptionelle Anspruch der Schau ist außerordentlich hoch - jedenfalls weitaus höher als es die auf Publikumswirksamkeit abzielende, platte Alliteration des Titels (Tee mit Nofretete…) zunächst vermuten lässt. Man hätte ziemlich viel Zeit gebraucht, um sich mit den diversen Konstellationen von Werken der modernen und zeitgenössischen Kunst, den inszenierten Bezügen zwischen Exponaten von 1800 v.u.Z. bis in die Gegenwart, dokumentarischen Verweisen, historischen Exkursen, Wandtexten, etc. in der erforderlichen Weise beschäftigen zu können.
Doch unverständlicherweise sah das Programm der Presseeinladung für die beiden Ausstellungen im Mathaf - dem Anlass der Reise - nur zwei (!) Stunden vor. Nach kurzem Briefing (ohne die Chance, Fragen zu stellen) wurde man eiligst durch Tea with Nefertiti und Forever Now geführt, behindert von einer Schar von Fotografen und Kameraleuten, die unablässig die Kuratoren und deren Zuhörer aufnahmen.
Bei der Eröffnung hätte es die Gelegenheit geben können, beteiligte Künstler zu treffen und sich weiter umzuschauen. Doch die Teilnahme daran blieb den eigens für die beiden Ausstellungen eingeflogenen Medienvertretern verwehrt. Während das Vernissagepublikum ins Mathaf strömte, wurden wir "eingeladenen" Journalisten und Kunstkritiker zu einem isolierten Abendessen ins Stadtzentrum verbracht, stets "behütet" von beinahe ebensovielen PR-Agenten wie "Gästen" [3]. Noch unerfreulicher geriet der Abend dann, als wir auf die Suggestivfrage nach unserem Eindruck von den großen Fortschritten des Kunstgeschehens in Katar nicht die erhoffte, uneingeschränkt positive Antwort gaben und daraufhin von der Chefin einer der PR-Agenturen ohne Sachkenntnis massiv agitiert wurden. Ein Ausscheren wäre übrigens schlecht möglich gewesen. An dem zwischen Baustellen weit draußen in der Education City gelegenen Mathaf kommt kein Taxi mal ebenso vorbei, man ist also vom offiziell organisierten Transport abhängig. Und wie das Erlebnis einer Teilnehmerin der Pressetour am nächsten Morgen zeigte, verlangten die PR-Damen energisch die strikte Einhaltung des Programms. [4]
Am zweiten und letzten Tag der Reise mussten wir auf das knapp zweistündige "Symposium" verzichten, um doch noch einmal in die Ausstellungen gehen zu können. Nach diesem "richtigen" Rundgang durch Tea with Nefertiti zeichneten sich Fragen hinsichtlich des kuratorialen Konzepts ab, die leider nicht gestellt und diskutiert werden konnten. So z.B. inwieweit die beiden Kuratoren Methoden, die sie nachdrücklich kritisieren, dann doch selbst anwenden. Dekonstruieren sie tatsächlich ausgrenzende Zuweisungen "kulturellen Andersseins", wenn sie derart explizit das "Ägyptische" betonen? Verfangen sie sich damit nicht selbst in dem von ihnen angeprangerten "ethnischen Kuratieren"? Werden die Konstellationen von Exponaten (von denen es nicht wenige verblüffende und formal attraktive gibt) tatsächlich aus der inhärenten Substanz der Werke entwickelt oder dienen diese eher der Illustration vorgefasster kuratorialer Behauptungen?
Aus den genannten Gründen müssen wir auf eine ausführliche Rezension, die der Komplexität dieser Ausstellung gerecht werden könnte, verzichten. Doch möchten wir deren konzeptionellen Ansatz zumindest anhand einiger Beispiele in einem Fotorundgang andeuten. Eine solche visuelle Information ist auch deshalb angebracht, weil zu Tea with Nefertiti auf der Website des Mathaf selbst derzeit (drei Wochen nach der Eröffnung) nicht mehr als nur ein äußerst knapper Hinweis erscheint.
Tea with Nefertiti
(Presseinformation)
Through revisiting the contested histories of how Egyptian collections have been amassed by numerous museums from the 19th century onwards, Tea with Nefertiti explores the mechanisms by which artworks come to acquire a range of meanings and functions that can embody a number of diverse, and at times conflicting narratives. The exhibition is concerned with the critique of museology, the staging of the artwork, the writing of art historical narratives and the employment of mechanisms of visual and literary display as a means of forming, informing and framing cultural otherness.
Curated by Sam Bardaouil and Till Fellrath of Art Reoriented, Tea with Nefertiti is organized along three thematic chapters that reflect on the process of appropriation, de-contextualization and re-semanticisation that an artwork undergoes as it travels through time and place. In doing so, it unpacks the complex relationships that exist between such artworks, the artists who first made them, and the institutions that exhibited them.
In the Artist section, the focus is on the artist's formalistic departures and contributions as evidenced through the artworks on display. The curatorial narrative is primarily informed by the specificity of the time and location in which the artist functioned. It elaborates on the individual process of exploration and negotiation that an artist undergoes, in search of their preferred mode of expression.
In the Museum section, the emphasis shifts to the context in which an artwork is presented. Both visual and written modes of presentation are deconstructed in attempts to uncover how institutions appropriate the work of art - bestowing on it new meanings and functions not necessarily intended by the artist.
In the Public section, the viewer is presented with a number of incidents where artworks have expanded, both physically and ideologically, beyond the artist's studio and the walls of the museum into the public arena. These historical and current moments are mapped out to better understand how the artwork can acquire yet another semantic and agency when coerced into the writing of problematic meta-narratives.
Tea with Nefertiti is constructed around a series of juxtapositions and groupings of historic, modern and mainly contemporary artworks and documents. This is intended as a gesture towards breaking away from more familiar museum classifications that have been conventionally based on geography, periods and/or styles. Through adopting this model, the exhibition attempts to put forward a notion of art history informed by a network of complex nodes, both historical and current, rather than the reductive and binary notions largely adopted in the construction of the art historical canon, specifically from the modernist period onwards.
Tea with Nefertiti is a reflection of a curatorial desire to challenge the mechanisms of display through which the artwork is conventionally presented. It invites people to become more critical of how they look at exhibitions in general. It also seeks to propose alternative paradigms for art historical construction that transcend the confines of geo-temporal linearity. These constructs are conceived as pointers to an ongoing process of cultural transfer, of appropriation and negotiation that exists beyond the parameters of a much-contested historiography.
A book under the same title has been published in November 2012 in conjunction with the exhibition, authored by Sam Bardaouil and edited by Till Fellrath.
Tea with Nefertiti comprises of more than 100 artworks dating from ca. 1800 B.C. to the present ranging from painting, sculpture and photography to video and mixed-media installation. It also includes a newly commissioned site-specific intervention by Bassem Yousri. Along with these ancient, modern and contemporary works, around 50 archival documents are on view including a number of first-to-be-exhibited materials.
Artists featured in the exhibition:
Ai Weiwei
Ghada Amer
Armand (b. Armenak Arzrouni)
Mohamad-Said Baalbaki
Taha Belal
Adam Broomberg & Oliver Chanarin
Honoré Daumier
Thomas Demand
Maurice Denis
Rudolf Ernst
Mamduh Muhamad Fathallah
Francis Frith
Georg Frey
Alberto Giacometti
Gilbert & George
Georges Henein
Candida Höfer
Iman Issa
J & K (Janne Schäfer & Kristine Agergaard)
Emily Jacir
Ida Kar
William Kentridge
Paul Klee
Susanne Kriemann
Little Warsaw (Bálint Havas and András Gálik)
Maha Maamoun
Luigi Mayer
Lee Miller
Amedeo Modigliani
Mahmoud Moukhtar
Vik Muniz
Youssef Nabil
Xenia Nikolskaya
Amy Nimr
Lorraine O'Grady
Grayson Perry
David Roberts
Georges Hanna Sabbagh
Nida Sinnokrot
Thomas Struth
David G. Tretiakoff
Kees van Dongen
Van Leo (b. Alexander Boyadjian)
Ramses Younan
Ala Younis
Bassem Yousri
The exhibition also includes a number of artworks that are conventionally labeled as Pharaonic, Coptic and Islamic by artists whose names are now unknown.
Anmerkungen:
Pat Binder & Gerhard Haupt
Herausgeber von Universes in Universe - Welten der Kunst. Leben in Berlin.
22. April - 29. September 2013
Institut du monde arabe, Paris
Kuratoren: Sam Bardaouil, Till Fellrath
Über 100 Kunstwerke von 1800 v.u.Z. bis in die Gegenwart und etwa 50 Archivdokumente.
Siehe die Künstlerliste unter dem Pressetext.
Tea with Nefertiti
(Tee mit Nofretete)
The making of the artwork by the artist, the museum and the public
17. November 2012 - 31. März 2013