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Bericht über den von der Künstlerinitiative Rybon organisierten 1. Internationalen Workshop in Teheran.
Von Reza Farnam | Nov 2012Das Rybon Kunstzentrum ist eine internationale, nichtpolitische, autonome Künstlerinitiative in Teheran. Es wurde 2008 mit zwei Hauptzielen gegründet: Innovation und künstlerisches Experimentieren in der lokalen Kunstszene zu fördern und die Möglichkeiten für den Austausch von Ideen und Wissen über Grenzen hinweg im Kontext der zeitgenössischen kritischen Kunstpraxis im Iran zu erkunden.
Vom 10. bis 23. Oktober 2012 veranstaltete Rybon den ersten internationalen Künstlerworkshop, koordiniert von Tooraj Khemenehzadeh. Die Teilnehmer Ali Cherri (Libanon), Sarah Hatahet (Jordanien), Gargi Rina (Indien), Richard Penn (Südafrika) und Yang Jian (China) arbeiteten mit den iranischen Künstlern Amin Davaie, Babak Kazemi, Hamed Rashtian, Katayoun Karami, Mahmoud Mahroumi und Pooneh Oshidari zusammen. Leider konnte der kenianische Künstler Shabu, der in Deutschland war, nicht rechtzeitig nach Kenia zurückkehren, um dort sein Visum von der iranischen Botschaft abzuholen.
Die Künstler verbrachten zwei Tage damit, sich kennenzulernen sowie Teheran und die dortigen Kunstgalerien zu besuchen, um Einblicke in die Kunstszene der Stadt zu erlangen. Durch PowerPoint-Präsentationen oder Kurzfilme und Stills informierten sie sich gegenseitig über ihr Schaffen und beantworteten Fragen ihrer Kollegen und des Teams von Rybon.
Als Arbeitsort des ersten internationalen Rybon Künstlerworkshops wurde die Mohsen Kunstgalerie gewählt. Diese sehr aktive Galerie engagiert sich für die zeitgenössische Kunst in Teheran, und ihr Direktor Ehsan Rasoulof stellte dem Projekt seinen gesamten Galerieraum, einschließlich des Hofes und des Kellers, zur Verfügung.
Die elf Künstlerinnen und Künstler arbeiteten zwei Wochen in der Mohsen Kunstgalerie und fertigten Vorabskizzen und Entwürfe an, bevor sie ihre endgültigen Projekte realisierten. Für Rybon sind der Prozess des Machens von Kunst und die Interaktion zwischen Künstlern unterschiedlicher Herkunft mit ganz anderen Ansätzen und verschiedenen künstlerischen, politischen und philosophischen Auffassungen viel wichtiger als die Arbeiten, die in den privaten Ateliers in ihren Heimatländern produziert werden. Während des Workshops schufen die Künstler dynamische Werke, von denen sich einige -bewusst oder unbewusst - auf Themen im Zusammenhang mit Teheran bezogen.
So nahm z.B. Ali Cherri ein Video von den Straßen Teherans auf. Der lärmende Straßenverkehr drängt sich in den Vordergrund, während das Elburs-Gebirge im Hintergrund zu sehen ist. Die Kamera blickt hinunter auf die Straßen und zoomt langsam weg, erreicht die Berge und endet schließlich im Himmel. Ein Schwarm großer schwarzer Vögel fliegt aus der Stadt heraus, ganz aufgeregt aus der Bildecke. Dieses Video ist offen für unterschiedliche Interpretationen.
Demgegenüber brachte Richard Penns starkes Interesse für Astrophysik und Kosmologie einen Hauch des Kosmischen in sein Werk. Für sein schönes gestreiftes Wandbild schuf er Ebenen aus schwarzer und weißer Farbe, die er auf der daneben befindlichen Wand durch geometrische Bleistiftzeichnungen komplementierte.
Der iranische Bildhauer Hamed Rashtian experimentierte mit etwas Anderem als seinem ansonsten üblichen Schaffen. In einem bunkerähnlichen Raum aus Betonsteinen baute er eine Bibliothek auf. Die Bücher wurden in geschlossene hölzerne Schachteln gesteckt, auf denen nur eine Nummer und ein Titel zu sehen sind. Die Titelhinweise ändern sich abhängig vom Hintergrundwissen und den Auffassungen der Betrachter. Öffnet man eine der Schachteln, ist darin nur weißes Papier zu finden, so als ob dieses auf die noch ungeschriebenen Geschichten wartet, die Besucher in ihren Köpfen entwickelt und in ihrem Gedächtnis bewahrt haben.
Katayoun Karami benutzte eine spezielle Maltechnik, um auf den Galeriewänden Wunden ähnliche Schlitze zu schaffen. Zuerst brachte sie eine Ebene aus rosa Plastikfarbe an, und wenn sie trocken war, trug sie auf diese Oberfläche Ölfarbe auf. Im Ergebnis dessen erschienen hier und da unterschiedliche Schlitze auf der Wand, unter denen die darunter liegende rosa Farbe hervortrat. Die Künstlerin manipulierte einige der Schlitze auch, um sie noch mehr zu öffnen.
Am letzten Tag des Workshops organisierte Rybon ein offenes Atelier, so dass das lokale Publikum Gelegenheit erhielt, die Atelierräume der Künstler zu besuchen, ihre Arbeiten zu sehen, Fragen zu stellen, Gefühle und Wahrnehmungen zum Ausdruck zu bringen und Gedanken auszutauschen. Viele kamen auch zu den beiden Rundtischgesprächen, die als Teil des Workshops veranstaltet wurden. Die Podiumsgäste Mehdi Moghimnejad, Behnam Kamrani und Kambiz Mousavi Aghdam sind Künstler und Vortragende mit einem guten Verständnis für den Kunstprozess und den Charakter und die Ziele künstlerischer Workshops. In ihren Kommentaren reflektierten sie über Schlüsselgedanken und -konzepte und versuchten, eine Diskussion mit dem Publikum in Gang zu bringen. Eine interessante Debatte entstand aus dem Vorschlag eines der Redner, die Unterschiede zwischen den während des Workshops geschaffenen Arbeiten und jenen in Betracht zu ziehen, die von denselben Künstlern in ihrem privaten Atelier erarbeitet werden, und darüber nachzudenken, welche Auswirkungen der Kontext des Schaffensprozesses auf die verschiedenen Werke hat.
Einen internationalen Künstlerworkshop zu organisieren ist eine große Herausforderung: das erfordert intensive Planung, bezieht viele Leute ein, verlangt eine Menge an Voraussetzungen, und man braucht viel Glück mit und Vertrauen in Künstler aus Übersee, die den Veranstaltern womöglich nur durch Empfehlungen und wenige online verfügbare Werkbeispiele bekannt sind. Aber wenn dann die Künstler mit neuen Erfahrungen, wertvollen menschlichen Kontakten, gekonnt ausgeführten, kreativen neuen Werken (die als Souvenir mitgebrachten Teppiche und Kelims brauchen nicht erwähnt zu werden) wieder abreisen, ist trotz aller Schwierigkeiten schließlich alles gut verlaufen.
Reza Farnam
Mitglied des Organisatorenteams des Rybon Kunstzentrums, Teheran, Iran.
Koordinator:
Tooraj Khamenehzadeh
Teilnehmer/innen:
Ali Cherri (Libanon)
Amin Davaie (Iran)
Sarah Hatahet (Jordanien)
Katayoun Karami (Iran)
Babak Kazemi (Iran)
Mahmoud Mahroumi (Iran)
Pooneh Oshidari (Iran)
Richard Penn (Südafrika)
Gargi Raina (Indien)
Hamed Rashtian (Iran)
Yang Jian (China)
In Kooperation mit der Sazmanab Plattform und der Mohsen Kunstgalerie.
Rybon ist Partner des Triangle Networks
1. Internationaler Rybon Künstlerworkshop
10. - 23. Oktober 2012
Teheran, Iran
Veranstalter: