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Interview mit dem ägyptischen Künstler über seine Soundprojekte während eines Stipendiums in Dubai.
Von Alexandra MacGilp | Apr 2012Der in Kairo lebende Künstler Magdi Mostafa hat gerade drei Monate in Dubai verbracht. Er war einer der Teilnehmer des AIR Dubai Aufenthaltsprogramms für Künstler, veranstaltet von der Delfina Foundation in Kooperation mit der Kunstmesse Art Dubai, der Kulturverwaltung von Dubai und Tashkeel. Dabei entstanden Projekte in Bastakiya und im Rahmen der Art Dubai.
Mostafa schafft ortsspezifische, auf Recherchen basierende Soundprojekte in Form von Multimediainstallationen oder Live-Performances. Hoch sensibel für seine Umgebung macht er Außenaufnahmen von prosaischen und poetischen Tönen, die für die meisten von uns nur Hintergrundgeräusche sind. Indem er sie in seine Werke einbezieht, lenkt er unsere Aufmerksamkeit darauf und lässt sie in unserem Inneren vibrieren, wodurch indirekt physische, aurale und emotionale Reaktionen auf seine intensiven niedrigen Frequenzen entstehen.
Fasziniert davon, wie Sound auf einer elementaren Ebene persönliche und kulturelle Erinnerungen auslösen kann, sucht Mostafa nach veralteten Technologien, um deren akustische Qualitäten zu bewahren und wiederzubeleben. Das können antiquierte Waschmaschinen oder industrielle Brotknetmaschinen sein, die unbeachtet unter der Haut der Stadt existieren und darauf warten, vom Künstler entdeckt zu werden. In seiner vielschichtigen Praxis zeichnet Mostafa die schnellen Veränderungen und die ewigen Charakteristika des urbanen Raumes auf, den er erlebt.
Alexandra MacGilp: Welche Unterschiede gibt es zwischen der Installation und der Performance The Sound Element in Bastakiya, die auf dem selben Quellenmaterial beruhen?
Magdi Mostafa: Ich finde, wir haben es hier mit zwei verschiedenen Ausdrucksformen zu tun, denen dieselben Wurzeln zugrunde liegen. Wenn ich z.B. eine Installation erarbeite, gebe ich dem Raum und dem Kontext die Priorität und fokussiere darauf, wie sich dieser Raum mit der Akustik überschneidet. Aber in einer Live-Performance ist mein Fokus mehr auf das Publikum und darauf gerichtet, wie es die Sequenz des Sounds auf einem primären, intuitiven Wege rezipieren könnte. Deshalb denke ich, diese beiden Erwägungen formen das Werk auf komplett verschiedene Weise, selbst wenn das von mir genutzte Material fast dasselbe ist.
AM: Warum hast du die hübschen Maschinen in Elements of the Unexpected ausgewählt, die du in Sharjah gefunden hast? Wegen ihrer ästhetischen Erscheinung? Warum hast du sie mit Dattelsirup gefüllt?
MM: Das war nicht bloß wegen ihres Aussehens. Ich habe diese Maschinen aus verschiedenen Gründen gewählt, obgleich es überhaupt nicht einfach gewesen ist, sie zu bekommen. Einer der Hauptgründe ist der akustische Wert, den diese Maschinen generieren, aber ich war auch von ihrer Geschichte und Eigenart fasziniert, von ihrer ökonomischen Dimension und schließlich ebenso von ihrer Größe. Der am Ort produzierte Dattelsirup als ein repräsentatives kommerzielles Produkt der Region ist ein Element, das einiges von den wirtschaftlichen und historischen Werten am Arabischen Golf widerspiegelt. Er spielt in der Installation eine organische Rolle, generiert eine starke visuelle und Geruchspräsenz innerhalb des Werkes.
AM: Deine Arbeit Sound Cells (Fridays) ist mehr autobiographisch angelegt - mit Bezugnahmen auf Kindheitserinnerungen an die Geräusche, die Frauen beim Wäschewaschen Freitags morgens erzeugten, während die Männer in der Moschee waren. Ziehst du es vor, als ein Insider Arbeiten über deine heimischen Gefilde zu schaffen, oder lieber als ein Außenstehender, der auf etwas schaut, etwas beobachtet, aber nicht dazugehört?
MM: Im Allgemeinen verlasse ich mich in meinem Schaffen sehr stark auf meine eigenen Erfahrungen und Erinnerungen. Ich versuche, sie durch mein eigenes Verständnis einer gewissen Art von künstlerischer Sprache zu einem zeitgemäßen Kunstwerk zu formen. Ich ziehe es also vor, Teil der Geschichte zu sein, die ich in Sound übersetze, was das Gegenteil eines außenstehenden Beobachters ist.
AM: Kannst du mir sagen, wie es dazu kam, dass du mit Sound arbeitest? Hast du dieses Medium studiert oder es dir selbst beigebracht?
MM: Nein, Musik oder Sound habe ich nicht studiert. Ich absolvierte ein Studium der Kunsterziehung an der Helwan Universität in Kairo, wo ich mit diversen Medien arbeitete und verschiedene Techniken erlernte, darunter Zeichnung, Skulptur und sogar Textilherstellung und Stickerei. Solche Kurse vermittelten mir ein sehr weites Verständnis der Künste, und ein Aspekt der Ausbildung, den ich besonders positiv fand, bestand darin, dass sie keinen Unterschied zwischen den sogenannten "schönen Künsten" und dem Kunsthandwerk bzw. den "angewandten Künsten" machte.
Doch gab es in dieser Ausbildung nicht viel Raum für neue Medien, deshalb ist das Arbeiten mit Sound totale Improvisation gewesen. Durch Recherchen im Internet brachte ich mir selbst verschiedene Editionstechniken und dergleichen bei. 2001 begann ich, Animation und Videos zu machen, und für diese Projekte musste brauchte ich Soundtracks. Zu den Soundstücken, die ich komponierte, erhielt ich von Künstlerkollegen und Freunden einiges positives Feedback, und von da an arbeitete ich mit Sound als einer eigenständigen Einheit. Diese Experimente wurden nach und nach zu Multimediainstallationen mit einer dominanten Soundkomponente.
AM: Soweit ich weiß, sind deine frühen Experimente der Soundproduktion in Kairo ziemlich schwierig gewesen?
MM: Ja, zum Beispiel die erste Soundinstallation, die ich 2003 für den Jugendsalon im Opernhaus von Kairo schuf, führte zu einem Streit zwischen den Jurymitgliedern der Veranstaltung. Obwohl die Arbeit dann schließlich doch für die Ausstellung akzeptiert wurde, ist sie zwei Tage nach der Eröffnung entfernt worden. Man kritisierte mich heftig dafür, dass ich mit einem Medium arbeitete, das man für "importiert" hielt. Doch trotz dieser frühen Schwierigkeiten machte ich mit der Schaffung von Soundarbeiten weiter, und hinsichtlich der Rezeption durch die Kritik wandelte sich die Szene sehr schnell. Schließlich erhielt ich 2007 zusammen mit meinem Kollegen Ahmed Basiony den Großen Preis des Jugendsalons für unsere Multimedia-Soundinstallation Medina.
AM: Gibt es irgendeinen Ort, an dem du besonders gern ein neues Werk schaffen würdest?
MM: Gegenwärtig interessiert mich die unterirdische Stadt Derinkuyu in Kappadokien, Türkei, sehr. Ich würde gern etwas machen, das mit dieser Art ganz besonderer Räume zu tun hat, was eine Form von Räumlichkeiten ist, die mich schon immer besonders faszinierte. Eines meiner Lieblingsprojekte entstand in einem ähnlichen Kontext: Transparent Existence aus dem Jahr 2010, eine ortsspezifische Sound- und Lichtinstallation unterhalb des Mawlwian Museums in Kairo, das Sufi-Artefakte beherbergt.
Ich denke, ich würde auch gern über einen längeren Zeitraum hinweg, vielleicht ein Jahr lang, eine fortlaufende Ultraschalluntersuchung der ägyptischen Pyramiden machen, aber eine künstlerische Erkundung, also keine mit wissenschaftlichen oder historischen Methoden. Eigentlich würde ich gern ein ganzes Archiv an akustischen Untersuchungen schaffen und präsentieren, einschließlich einer Auswahl an Feldaufnahmen.
Alexandra MacGilp
Freischaffende Kuratorin und Autorin in London. Promotion in Kunstgeschichte.
Projekte in AiR Dubai:
The Sound Element, 2012
Ortspezifische Ton- und Lichtinstallation
Serie Sound Cells: [Element of the unexpected], 2012
Soundskulptur, mixed media