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Sharjah Art Foundation, Collections Building, Sharjah, VAE. 3. Nov. 2012 - 3. Jan. 2013. Kuratorin: Hoor Al-Qasimi.
Nov 2012Diese Ausstellung von Werken aus der wachsenden Sammlung der Sharjah Art Foundation präsentiert eine Auswahl künstlerischer Antworten auf einige der drängendsten Fragen, mit denen wir heutzutage konfrontiert sind. Die persönlichen und gesellschaftlichen Kosten einer rasanten ökonomischen und urbanen Entwicklung, die Auseinandersetzung mit einer Vergangenheit, die einer korrupten und sich wandelnden Gegenwart gegenübersteht, sowie Auffassungen von individuellem und kollektivem Widerstand und Überleben angesichts stagnierender politischer oder sozialer Verhältnisse sind einige der Themen, denen in diesen Videos und Installationen, von denen die meisten in den Sharjah Biennalen von 2003 bis 2011 ausgestellt waren, nachgegangen wird.
Wir leben in einer Welt, in der die Flut radikaler Gewalt oftmals im Namen von Klugheit, Aufklärung und Utopie daherkommt. Dieses Paradox wird im Schaffen der in die Ausstellung einbezogenen Künstler kritisch und kreativ untersucht.
Sharif Wakeds To be continued... (Fortsetzung folgt…) bezieht sich auf Videobotschaften von Selbstmordattentätern.Der Künstler erkundet Zeithaftigkeit und Tod, ewiges Hinauszögern des vermeintlich unausweichlichen Verlusts und widerspiegelt dabei geradezu die Ungewissheit, von der das Leben der Palästinenser erfüllt ist. Rashid Masharawi beschäftigt sich in Shahrazad mit dem Gefühl des Wartens und des Gefangenseins in stagnierender Routine - einem charakteristischen Element der palästinensischen Situation, zu der die konstante Revolte, aber auch ein Widerstand gehört, der auf der Kultivierung von Immunität gegenüber einer trostlosen, von unzähligen Niederlagen gekennzeichneten Lebenswelt aufbaut. Ayreen Anastas und René Gabri reisten zur Erforschung dieser "palästinensischen Situation" durch Palästina und Israel. Sie schufen What Everyone Knows (Was jeder weiß), eine Videoreihe, die ihre Begegnungen mit Leuten dokumentiert, die kämpfen und widerstehen und doch überleben. Diese Treffen provozierten Diskussionen über die sozialen und politischen Merkmale des heutigen Lebens der Palästinenser in den besetzten Gebieten Palästinas. Raeda Saadeh konzentriert sich in ihrem Werk auf ihre Erfahrung als von der israelischen Besatzung betroffene Palästinenserin. Sie benutzt ihren eigenen Körper, um die repressive politische Okkupation des palästinensischen Territoriums zu kritisieren und zu hinterfragen. In Vacuum betont Saadeh die Nichtigkeit unseres Hangs, uns über lästige, sich stets wiederholende Aufgaben zu erregen, die von grundlegenden Angelegenheiten ablenken, die nicht so leicht "zu bereinigen" sind. Auf diese Sorge um das Banale verweist auch Echo von Moataz Nasr, der zeigt, wie trotz des Fortschritts, den die ägyptische Gesellschaft über die Jahre hinweg erlangt hat, viele Unzulänglichkeiten ihrer Vergangenheit fortbestehen.
In dem Bemühen, die Aussagen von verdrängten, entrechteten und politisch schikanierten Menschen und Aktivisten an solchen Orten wie Libanon und dem früheren Jugoslawien zu dokumentieren, sammelte Jayce Salloum mündliche Erzählungen. Auch Mario Rizzi erkundet diese Identitäten. In Out of Place filmte er Emigranten der zweiten Generation in Paris, die mit Gefühlen von Verdrängung ringen. Mit seinem Fokus auf der Dichotomie zwischen Entfremdung und Integration und der Rechtlosigkeit vermeidet Rizzi eine konventionellere Herangehensweise an das Porträtieren des Lebens der Emigranten. Stattdessen entschied er sich dafür, Akademiker und Büroangestellte vorzustellen und der Art nachzugehen, wie sie sich zwischen zwei kulturellen Daseinsformen entlangschlängeln.
In Domestic Tourism II (Inlandstourismus) eignet sich Maha Maamoun das nationale Symbol der Pyramiden und durch dieses das Image Ägyptens neu an, ausgehend von der Simplifizierung und Glorifizierung touristischer Ansichtskarten, Werbung und Hollywoodfilmen. Sie unterstreicht den krassen Unterschied zwischen der Art, wie ein Land "vermarktet" und dadurch von der Außenwelt wahrgenommen wird, und der Erfahrung der einheimischen Bevölkerung. In seinem Werk Männergeschichten erforscht Marcel Odenbach Männlichkeitsrituale und reflektiert über Stolz, Eitelkeit und persönliche Freiheit. In dem Video geht es darum, wie ein Individuum von seinen kulturellen Werten gefangen genommen werden kann, und es beschäftigt sich mit dem Kampf gegen Unterdrückung, Praktiken des Othering und die Ritualisierung von Erbe und Tradition.
Muratbek Djumaliev und Gulnara Kasmalieva erkunden die heutigen politischen und ökonomischen Realitäten solch einer ehemaligen Sowjetrepublik wie ihres Heimatlandes Kirgisistan. Into the Future ist eine Meditation über die Auswirkungen von Fortschritt und Metamorphose. Der Film wirft Fragen dazu auf, wie wir mit dem Übergang in die Zukunft umgehen, und verweist auf die Diskrepanz dazwischen, wie wir sie oftmals abbilden und wie sie sich demgegenüber in Wirklichkeit manifestiert. Auf ähnliche Weise beschäftigt sich Liu Wei in Hopeless Lands mit den Auswirkungen der schnellen ökonomischen Entwicklung von Beijing. Sein Werk, das sich mit den peripheren Identitäten auseinandersetzt, die sich innerhalb einer breiteren Kultur herausbilden, kritisiert häufig soziale Erscheinungsformen von Korruption, Exzess und Gewalt. Liu Wei fragt in seinem verstörenden Schaffen danach, was aus der Zukunft wird, wenn der Weg dorthin von derartigen Auswüchsen gekennzeichnet ist.
Nikolaj Larsen und Melik Ohanian erkunden das Leben von Fremdarbeitern in den Vereinigten Arabischen Emiraten. In Rendezvous bemüht sich Larsen, das aufgestaute Gefühl zu erfassen, das in dem abstrakten Raum enthalten ist, der diese Arbeiter von ihren Familien zu Hause trennt. Für In DAYS, I See what I Saw and what I will See filmte Melik Ohanian elf Tage lang im Lager chinesischer Arbeiter in Sajaa, Sharjah. In diesem Film untersucht der Künstler die Möglichkeit, eine kontinuierliche Darstellung von Raum und simultan dazu eine diskontinuierliche Darstellung von Zeit zu produzieren.
Die fotografische Arbeit La Vigie von Jean-Luc Moulène macht einen Stiel des Blauglockenbaums (Paulownia tomentosa) zum Protagonisten, den der Künstler durch eine Asphaltritze in Paris in der Nähe des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie und Arbeit wachsen sah. La Vigie verfolgt die Entwicklung der Pflanze über einen Zeitraum von sieben Jahren hinweg. Die ständig wechselnde urbane Gestalt von Barrikaden, Pfosten und Pollern wird dem wehrhaften Stand der Pflanze gegenüber gestellt, einem fremden Element, verborgen im Stadtbild und sich entwickelnd, obwohl es in einer seinem gesunden Wachstum abträglichen Umwelt verwurzelt ist.
All diese Werke setzen sich mit der andauernden Periode stürmischer Veränderungen auseinander, in der unsere Welt derzeit steckt. Sie untersuchen die Auswirkungen der Modernisierung, Erfahrungen von Gewalt und Terror und das Gefühl, von einem gesichtslosen, gegen Wandel resistentes System gefangen zu sein, das das Leben und die Subjektivität der Individuen unserer Zeit formt. Indem sie das Versprechen einer besseren Zukunft problematisieren und nostalgische Bezugnahmen auf glorreiche Geschichte in Frage stellen, engagieren sie sich dafür, ein historisches Bewusstsein und eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zu pflegen.
In Spite of it All
3. November 2012 - 3. Januar 2013
Collections Building
Arts Area
Sharjah
Vereinigte Arabische Emirate
Kuratorin: Hoor Al-Qasimi
Präsidentin und Direktorin der Sharjah Art Foundation
Veranstalter: