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Statement der Künstlerin, nach einem Interview von Vasif Kortun, Kurator des Pavillons der VAE, Biennale Venedig 2011.
Jun 2011Ich habe Kameras immer als Werkzeug benutzt, um Momente festzuhalten und davon ausgehend zu arbeiten. Dann kam ein Punkt, an dem ich merkte, dass das, was die Kamera hervorbringt, genug war, und ich nicht erst noch von den Fotografien ausgehend malen oder zeichnen muss, weil das fertig gestellte Werk schon direkt vor mir lag. Während meines zweiten Jahres an der Universität begann ich mit Fotomontagen, weil nicht alle Elemente, die ich erfassen wollte, im Foto waren, und anstatt einen entsprechenden Aufnahmeort zu suchen, beschloss ich, diesen selbst zu erschaffen.
Mit der Zeit wurde mir klar, dass ich meine Arbeiten als Reaktion auf spezifische Situationen schuf. Nicht für eine bestimmte Ausstellung oder aus einem bestimmten Grund, sondern einfach von innen heraus. Es war beinahe eine Katharsis; wenn ich erst einmal den Gedanken hatte und ihn in einem Rahmen platzierte, konnte ich schon fast weitermachen... was ich als nächstes tun sollte.
Mir ist bewusst geworden, dass es in meinem Werk mehr um eine Reaktion auf das geht, was ich sehe oder fühle, abhängig von dem, was um mich herum passiert. Einfach nur ein Gespräch oder ein Gefühl kann eine neue Arbeit auslösen. Heutzutage ertappe ich mich dabei, wie ich auf eine Landschaft blicke und überlege, welche Beziehung Leute wohl dazu haben. Stehen sie mit ihr in Verbindung? Sind wir Teil der Veränderung, die stattfindet, oder sind wir es nicht? In gewisser Hinsicht habe ich den Eindruck, dass wir Beobachter all dieser Veränderungen um uns herum sind - einige mögen damit unmittelbar zu tun haben, aber die meisten Leute wohnen dem einfach nur bei.
Ich mag es, die Idee einer Person in einer Landschaft und deren Beziehung dazu zu erkunden. Zum Beispiel Reflection (Reflexion) entstand, nachdem ich durch Dubai gefahren war und die im Bau befindlichen Gebäude gesehen hatte, die mir wie Muscheln erschienen, die noch nicht bewohnt oder gerade erst bezugsfertig gewesen sind. Das Werk war eine Reaktion auf meine Erkenntnis des Wandels und meine Skepsis diesbezüglich und darüber, was er wohl bringen mag. Hier entwickelt sich eine neue Identität, die Leute entfalten sich mit dem Wandel; einige bleiben so wie sie sind, andere hingegen versuchen mit diesem Wandel Schritt zu halten, und die Person auf meinem Bild ist einfach nur die Darstellung dieses Gedankens.
Damals in der Schule und anfangs an der Universität war ich ziemlich fasziniert vom Werk Salvador Dalís und davon, wie er seine Träume zeichnete, wie er geradezu Wachträume auf die Leinwand bannte. Das war als ich begann, mir surrealistische Werke anzusehen und mehr und mehr verstand, wie und warum sie geschaffen worden sind. Ich begann, nach anderen Künstlern zu suchen, die auf surrealistische Weise arbeiteten, und stieß im Internet auf einige wenige, deren Werk mich interessierte, weil sie mit digitaler Montage arbeiteten, die den Eindruck von Malerei vermittelt, obwohl es sich um Fotografien handelt. Ich wollte das auch erlernen, und so brachte ich es mir selbst bei. Ich haben die meisten meiner Fähigkeiten online erlernt: gerade für Photoshop gab es mehr ganz aktuelle Lernmöglichkeiten online als in Büchern.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten besuchte ich eine britische Schule, an der wir mehr über europäische und amerikanische Kunst lernten als über die hier im Land oder in der arabischen Welt geschaffene. Deshalb ist meine Kenntnis der hier entstandenen Kunst auf die typischen Amateurgemälde von Frauen mit Kaffeekannen und über Sanddünen laufende Kamele beschränkt gewesen. Ich hatte keinerlei Beziehung zu solcher Art von Kunst, obwohl ich jeden Tag Kaffee trinkende Frauen und Kamele in der Landschaft sehe. Meine Sicht dessen, was ich sah und was in der Kunst dargestellt war, ist ganz anders gewesen. Als ich begann, Kunst zu machen, wollte ich deshalb nichts mit dem Thema des "Emiratischen" zu tun haben, denn ich wollte nicht mit dem verglichen werden, was ich gesehen hatte, und ich wollte dem Thema auch nicht nachgehen, weil ich keine solche Kunst schaffen wollte, wie die von den Leuten damals "emiratische Kunst" genannte, und ich habe es für etwas erachtet, das gerade mal die Oberfläche zeigte. Mein Werk sollte tiefer als das sein. Deshalb habe ich mich zu jener Zeit weiterhin mit anderen Kulturen beschäftigt und nicht mit meiner eigenen.
Und dann hatte ich mich mit dem Gedanken von "Identität" und der Frage auseinanderzusetzen, wer ich selbst in Bezug zu all diesen Veränderungen, die um mich herum passierten, eigentlich bin. Diese Art des Denkens brachte mich dazu, mich selbst, meine Identität und die Kultur, der ich angehöre, zu erkunden - und das in dem Kontext zu sehen, wie wir uns zur Landschaft und zu unserer geographischen Lage in Beziehung setzen. Ich fragte mich, ob wir uns abhängig davon, wo wir letztendlich hingehen, selbst verändern, und im Zuge meiner Erkundungen kam ich zu dem Schluss, dass dem nicht so ist. Als eine arabische Frau bleibe ich, egal ob ich in Europa oder irgendwo in der arabischen Welt bin, immer eine arabische Muslimin, und was damit verbunden ist und dem Betrachter gleich ins Auge springt, ist die Kleidung und die Art wie wir uns anziehen. Das ist der Hintergrund der Idee der Frauen in farbiger Kleidung in der Landschaft in einem meiner Bilder.
Künstler:
Reem Al Ghaith
Lateefa bint Maktoum
Abdullah Al Saadi
Kurator: Vasif Kortun
Kommissarin: Dr. Lamees Hamdan
Second Time Around
(Zum zweiten Mal dabei)
Pavillon der Vereinigten Arabischen Emirate
54. Biennale Venedig
4. Juni - 27. Nov. 2011
Arsenale, Venedig