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Interview mit der Künstlerin über ihre große Installation in der Burg von Barka, Oman, 2010.
Von Pat Binder & Gerhard Haupt | Mai 2010Radhika Khimji wurde 1979 in Maskat, Oman, geboren. Nachdem sie an der Slade School of Fine Art in London ihren BFA (Bachelor of Fine Arts) abgeschlossen hatte, folgten ein postgraduales Studium an der Royal Academy of Fine Arts und ein Master in Kunstgeschichte am University College London. In letzter Zeit hatte sie Einzelausstellung bei Bose Pacia in New York (Nov. 2009 - Jan. 2010) und war an Gruppenausstellungen der Saatchi Gallery und des Iniva in London beteiligt. Safe Landings ist Radhika Khimjis erste Personalausstellung in Oman gewesen. Vom 22. - 28 März 2010 zeigte sie eine große ortsspezifische Installation ihrer Shifters im Fort von Barka.
Haupt & Binder: Sie arbeiten schon seit einiger Zeit an einer Serie flacher anthropomorpher Figuren, die sich zwischen Malerei und Skulptur bewegen und von Ihnen "Shifters" genannt werden. Wie kamen Sie auf dieses Format und in welcher Beziehung steht es zu Ihrem früheren Schaffen und Ihrer künstlerischen Auffassung insgesamt?
Radhika Khimji: Im Jahr 2002 fing ich mit einer Reihe großformatiger Collagen an, die aus einzelnen Körperteilen zusammengesetzt waren. Dabei handelte es sich immer um Darstellungen des Körpers in Bewegung und um das Bemühen, einen Prozess zu erfassen. Ausgehend von diesen Assemblagen waren die Shifters der nächste logische Schritt. Als die Figuren nicht länger durch rechteckige Formen eingeschränkt waren, lösten sie sich von ihren Hintergründen und Kontexten. Diese ausgeschnittenen anthropomorphen Formen interagieren jetzt mit den Orten, an denen sie platziert werden, und stellen neue Beziehungen her. In formaler Hinsicht befinden sie sich zwischen Malerei, Skulptur und Zeichnung. Solche Shifters sind irgendwie als abstrakte, sitzende, stehende oder sich anlehnende Körper erkennbar.
Haupt & Binder: Die Figuren erscheinen ohne Arme und ohne Gesichter, manche Betrachter haben sie offenbar als stumm oder sogar "zensiert" wahrgenommen. Doch soweit wir anhand der Fotos sehen konnten, sind sie eher spielerisch und heiter und haben eine positive Präsenz. Gibt es auch andere Shifters, die z.B. leidend oder rebellisch sind?
Radhika Khimji: Die Shifters haben verschiedene Eigenschaften und stellen unterschiedliche Gesten dar, es gibt keine zwei, die identisch sind, und tatsächlich können sie spielerisch und heiter sein. Das ist das, was sie für mich so interessant und anregend macht, und da sie etwas größer als Menschen sind, können sie auch etwas Bedrohliches an sich haben. Die selbst auferlegte Zensur mag darin bestehen, dass ich mich darum bemühe, in diesen Arbeiten bloße kulturelle Illustration und jeglichen Orientalismus zu vermeiden. Ich fand eine Ausdrucksweise, die mit einem kulturellen Netz spielt und diesem verbunden ist, was dazu führt, dass solche Figuren leicht erkannt und verstanden werden können. Das ist auch der Grund, weshalb es für mich so wichtig war, sie im Fort von Barka zu zeigen. Viel von meinen künstlerischen Bemühungen hatte damit zu tun, den Körper als etwas "Anderes", als ein Kulturgut zu erfassen. Einen Ort zu benutzen, der von Touristen in Oman als Sehenswürdigkeit besucht wird, ist für mich sehr wichtig gewesen, um festzustellen, ob ich die Grenzen einer Kategorisierung auch hier durchbrechen könnte.
Haupt & Binder: Safe Landings ist Ihre erste Personalausstellung in Ihrem Heimatland Oman. Warum haben Sie dafür diesen sehr speziellen Ort der Burg von Barka gewählt?
Radhika Khimji: Das Fort von Barka ist tatsächlich ein ganz besonderer Ort. Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit den Zeugnissen des kulturellen Erbes von Oman und der Frage, was sie für uns heutzutage bedeuten. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts musste der damalige Herrscher den Persern den Hafen und die Stadt Maskat vorübergehend überlassen. Barka wurde zu einer neuen strategischen Handelsmetropole ausgebaut, die wichtigen Handelsrouten sind dorthin umgeleitet worden. Schließlich gelang es den Omanis, die volle Kontrolle über Maskat zurückzuerlangen und ihre Position mit Würde und Stärke zu bewahren. Die Verlagerung des Hafens für eine relativ kurze Zeit von einer Stadt in eine andere schuf einen Zustand des Schwebens zwischen zwei Orten. Als ich diese Geschichte las, fand ich sie sehr bestärkend und dachte, dass es ein anderer Ansatz von Displacement sei, weil eine solche zeitweilige Phase die Identität der Leute nicht verunsicherte.
Haupt & Binder: Sie haben in Ihre Installation im Fort von Barka Fallschirme einbezogen. Wie interagieren diese mit den Figuren der Shifters und dem Ort?
Radhika Khimji: Durch die Fallschirme wird den ausgeschnittenen Figuren eine neue Erzählebene hinzugefügt. Die Shifters und die Fallschirme zusammen sollen mit der Geschichte des Ortes sowie auch mit der Struktur der Burg interagieren, um eine ungewisse Existenz zum Ausdruck zu bringen. Indem ich diese visuellen und architektonischen Elemente installierte, wollte ich die Begriffe "Displacement" und "Verkörperung" sowie auch die Frage, was es für ein Kunstwerk bedeutet, beide Daseinszustände zugleich zu beinhalten, neu überdenken.
Pat Binder & Gerhard Haupt
Herausgeber von Universes in Universe - Welten der Kunst. Leben in Berlin.
Safe Landings
(Sichere Landung)
22. - 28. März 2010
Fort von Barka
Barka, Oman