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Das Schaffen des indonesischen Künstlers und seine Ausstellung im Singapore Art Museum.
Von Tan Siu Li & Seng Yu Jin | Apr 2010Jedwede Verständigung über die Geschichte der zeitgenössischen Kunst in Indonesien würde ohne eine Untersuchung der Kunstpraxis von FX Harsono unvollständig sein. Harsonos Werke sind bemerkenswert, weil sie vier stürmische Dekaden der Kunst und Geschichte Indonesiens umspannen und Zeugnisse einer Vielfalt von Veränderungen und Umbrüchen in der indonesischen Politik, Gesellschaft und Kultur sind. Während dieser ganzen Zeit hat Harsono immer wieder seine Rolle als Künstler und seine Position in der Gesellschaft hinterfragt und sein künstlerisches Schaffen laufend dazu benutzt, über neue soziale und kulturelle Kontexte zu reflektieren und sich zu diesen ins Verhältnis zu setzen.
Die indonesische Kunstwelt nahm FX Harsono in den 1970er Jahren zunächst als einen ruhelosen jungen Künstler wahr. Als eines der Gründungsmitglieder von Gerakan Seni Rupa Baru (GSRB) bzw. der Neuen Kunstbewegung 1975 experimentierte Harsono - zusammen mit anderen Mitgliedern von GSRB - mit neuen Formen des Machens von Kunst, bei denen gefundene Objekte und konzeptuelle Ansätze einbezogen wurden. In den 1990er Jahren hatte er sich als eine anerkannte Größe in der zeitgenössischen Kunst Indonesiens etabliert, und er schuf kraftvolle Installationen mit scharfen sozialen Kommentaren. Diese fesselnden Werke, die das Machtregime und die Unterdrückung in Indonesien kritisierten, zogen die Aufmerksamkeit der Kritik auf sich und wurden viel im Ausland ausgestellt.
Die letzten Jahre der 1990er Dekade waren durch eine Reihe von gesellschaftlichen Schockwellen gekennzeichnet, die in der ganzen Nation widerhallten, und insbesondere der durch die asiatische Finanzkrise von 1997 hervorgerufene wirtschaftliche Zusammenbruch löste eine Welle öffentlicher Entrüstung aus. 1998 kulminierte dies in den Tagen brutaler Gewalt auf den Straßen und dem Sturz der Neuen Ordnung Suhartos. Indonesisch-chinesische Künstler wie Harsono erlebten eine tiefe Desillusionierung als während der Ereignisse im Mai 1998 zutage trat, dass das Volk selbst, für das er sich mit seiner Kunst immer eingesetzt hatte, genauso zu Brutalität fähig war wie das politische Regime, und schlimmer noch - diese Leute gingen aufeinander los. Als die Fassade der Kontrolle unter Suhartos Regime des "starken Mannes" zerbröckelte, erwiesen sich die Brüche in der indonesischen Gesellschaft als schmerzvoller denn je, besonders die zwischen den ethnischen Gruppen. Das war die Zeit, als Harsono in seiner Kunst nach innen zu blicken begann, als er intensiv seine Identität und seinen Platz in der Gesellschaft hinterfragte.
Bis heute wirft Harsono beunruhigende Fragen über die Lage der Minderheiten und der Entrechteten in Indonesien auf. Seine jüngste Werkgruppe ist auf seine Familiengeschichte gerichtet, und zwar auf einer Forschungsreise, bei der die Überschneidung des Persönlichen mit dem Politischen sichtbar wird.
Angetrieben von seiner Überzeugung, dass sich ein Künstler ständig für die Gesellschaft und deren Probleme engagieren muss, navigierte Harsono unablässig durch die sich verändernden Ereignisse der soziopolitischen Realität Indonesiens und modifizierte seine Arbeitsweise immer wieder geschickt, um drängende Fragen in der Gesellschaft und Kultur Indonesiens so effektiv wie möglich anzugehen. Deshalb genießt Harsono in der indonesischen Kunstszene großen Respekt. Seine bahnbrechenden Bemühungen in den frühen Tagen der Entwicklung der zeitgenössischen Kunst haben einer neuen Künstlergeneration, die ihn als eine Ikone betrachtet, den Weg geebnet. Neben seiner künstlerischen Arbeit lehrt Harsono Kunst und Design und schreibt regelmäßig über soziale Fragen und die Entwicklung der zeitgenössischen Kunst. Er regt die nächste Generation weiterhin an und fordert sie heraus und trägt zum Diskurs und zur Debatte über Kunst in Indonesien bei.
Die Ausstellung würdigt FX Harsono und zeichnet die Veränderungen in den Repräsentationsstrategien des Künstlers nach: von den bahnbrechenden konzeptuellen Werken, welche die Kunstpraxis während der Gerakan Seni Rupa Baru (Neue Kunstbewegung) in den 1970er Jahren neu definierten, über die politisch aufgeladenen Installationen der 1990er bis zu den jüngsten Erkundungen solcher Themen wie des eigenen Ich, der Identität und der persönlichen Geschichte.
In diese Übersicht sind grundlegende Werke aus der ständigen Sammlung des Singapore Art Museums sowie auch anderer Institutionen und aus Privatsammlungen einbezogen, wie z.B. Paling Top '75 (1975) und Stimme ohne Stimme (1994).
Durch diese diversen "Zeugnisse" bietet die Ausstellung Einblicke in die politischen, sozialen und kulturellen Veränderungen, von denen die indonesische Gesellschaft geprägt wurde, und in die ständige Selbstüberprüfung und Neupositionierung des Künstlers hinsichtlich seiner Rolle im Laufe dieser jüngeren Geschichte.
Tan Siu Li & Seng Yu Jin
Curators of the exhibition "FX Harsono: Testimonies", Singapore Art Museum.
FX Harsono: Testimonies
4. März - 9. Mai 2010