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Der syrische Fotograf hinterfragt Orientalismus mit dessen Sprache und Widersprüchen.
Von Maunac & Santos | Feb 2009Angesichts der Ereignisse und der politischen Verhältnisse der letzten Jahre bedürfen die Beziehungen zwischen dem Westen und der arabischen Welt zu Beginn des 21. Jahrhunderts einer Stärkung und Heilung. Von wesentlicher Bedeutung ist, die kulturellen Begegnungen zwischen beiden zu fördern und sich gegenseitig besser kennenzulernen.
Die Arbeit von Osama Esid ist ein visuelles Manifest dieser Beziehungen, denn sie untersucht die Visionen und sozialen Stereotypen, die in der Vergangenheit sowohl auf der einen wie auf der anderen Seite entstanden sind und auf gewisse Weise im kollektiven Unterbewusstsein fortwirken. Die Untersuchung des "Orientalismus" mit seinen exotischen und sinnlichen Konnotationen aus zeitgenössischer Perspektive bringt eine Vielfalt an kreativen und theoretischen Möglichkeiten hervor, die in den Mechanismen der Schaffung von Klischees existierende Widersprüche sichtbar machen. Die Präsentation der Ausstellung "Ein Spiel mit Darstellungen; das ägyptische Experiment" eröffnet die Debatte über Fragen, die den Westen und den Osten verbinden und die Edward Saïd seinerzeit so sehr beschäftigt haben. Seiner Interpretation zufolge hat der Westen ein beschönigendes und exotisierendes Bild des Orients konstruiert, eine orientalische Phantasie, die Teil eines bestimmten historischen Prozesses war und der imperialen Absicht entsprach, den Orient als solchen aufrecht und unter Kontrolle zu halten. In der Tat hat Edward Saïd das Konzept des Orientalismus in negativer Hinsicht analysiert.
Es ist der negative Ansatz dieses Konzepts des Orientalismus, den Osama Esid in Frage stellt. Gibt es nichts Positives daran, unabhängig vom imperialistischen Diskurs, aus dem der Orientalismus entstand? Nach Meinung von Osama Esid ist das vom Westen konstruierte Bild auch in den Orient selbst eingedrungen und tut dies nach wie vor. "Die orientalische Phantasie existiert auf beiden Seiten", und darüber hinaus - hier setzt die Motivation und Inspiration von Esid an - kann man Stereotypen erkunden, um neue Lesarten zu schaffen, indem die Sprache des Orientalismus auf eine positivere und konstruktivere Weise genutzt wird, ohne einer Kultur ein Etikett aufzukleben.
So rekonstruiert Esid in der Serie "Orientalismus und Nostalgie" von einer der wichtigsten Hauptstädte der Region aus, Kairo, ein Epochenbild im 21. Jahrhundert. Das Ziel einer jeden Arbeit ist es, eine eigene Kraft zu erlangen, innerhalb derer die "Schönheit" die Hauptrolle spielt. Er reizt die sinnlichste Seite des Orientalismus aus, wenn er jene vornehmlich femininen Räume nachklingen lässt, die uns an die französische Malerei des 19. Jahrhunderts erinnern. Esid nimmt die Sinnlichkeit und manchmal die Erotik in den Blicken und angedeuteten Posen wieder auf, stattet aber die Frauen in seinen Bildern mit einer herausfordernden Kraft aus, so dass sie nicht mehr passiv und gefällig sind, sondern Herrinnen über ihren Körper und ihr Schicksal.
Indem er den Blick wieder auf die Schönheit richtet, versöhnt sich Esid mit einem weiteren Hauptziel seiner Erkundungen, nämlich dem Versuch, diese Region der Welt, die heutzutage vor allem durch Bilder des Krieges, des Terrorismus und des Fundamentalismus wahrgenommen wird, in einem anderen Lichte erscheinen zu lassen.
Andererseits haben wir in der Serie "Die Arbeiter von Kairo" ein völlig zeitgenössisches Zeugnis der Gewerke und einfachsten Arbeiten in dieser immensen Metropole vor uns, die Esid einmal mehr wie aus einer anderen Zeit präsentiert. Die besondere Wirkung dieser Serie besteht darin, dass sie sowohl das westliche wie auch das östliche Publikum dazu bringt, den Blick auf jene zu richten, die unsere allernächste Realität ausmachen, die wir aber normalerweise nicht einmal grüßen, sondern für gewöhnlich ignorieren.
Die Fragen, die sich angesichts all dieser Inszenierungen ergeben, lauten: Wie nehmen die Westler jene wahr, die sie als "Orientalen" erachten? Wie werden sowohl im Westen wie im Osten jene dargestellt, die man für "Andere" hält?
Maunac & Santos
Sandra Maunac & Mónica Santos. Freischaffende Kuratorinnen, leben in Madrid, Spanien. Gründerinnen von Masasam - Spaces for Artistic Creation.
Die von der Casa Árabe de Madrid organisierte Ausstellung "Ein Spiel mit Darstellungen; Das ägyptische Experiment" von Osama Esid wurde 2007 - 2008 in Spanien in Córdoba, Jaén, Tarifa und Granada gezeigt.
Kuratorinnen:
Sandra Maunac & Mónica Santos