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Eine der inspirierendsten Künstlerinnen des Iran, die seit mehr als fünf Jahrzehnten aktiv ist.
Von Juliet Cestar | Jun 2008Im Alter von 84 Jahren erfährt Monir Shahroudy Farmanfarmaian eine glänzende Wiederentdeckung als eine der inspirierendsten und innovativsten lebenden Künstlerinnen des Iran. Ihre ersten Ausstellungen nach fast dreißig Jahren fanden 2006 im Victoria and Albert Museum in London und im Niyavaran Kulturzentrum in Teheran statt, worauf 2007 eine Schau in The Third Line in Dubai folgte. Am 18. Juni 2008 ist die Eröffnung einer großen Personalausstellung im Leighton House Museum in London.
Die Kunst Farmanfarmaians ist tief in der iranischen Kultur und Tradition verwurzelt, sowohl hinsichtlich der Form als auch der Gesinnung, und das obwohl sie ihre formale Ausbildung in New York an der Parsons School of Art and Design erhielt und 12 Jahre als freischaffende Grafikdesignerin für Vogue sowie als kommerzielle und Modegestalterin für das Kaufhaus Bonwit Teller in dieser Stadt verbrachte. Seit sie wieder zurück in Teheran ist, erkennt man in ihren jüngeren Arbeiten eine wilde, Energie geladene Produktivität, die dem Horizont einer schon in die neunte Dekade vorgerückten Lebenszeit trotzt.
In zwei ihrer neuesten modernistischen Spiegelarbeiten - Erinnerungen 1 und 2 (2008) - bezieht Monir (wie sie oft signiert) Hinterglasmalerei und einige Bruchstücke von Malereien aus der Zeit der Qajar-Dynastie ein. Wie viele ihrer Werke, so reflektieren auch Erinnerungen 1 und 2 auf irgendeine Art ihr Leben - was schon der Titel nahe legt. Obwohl sie sich an so viele Veränderungen in unterschiedlichen Lebensumständen anpassen musste, ist es ihr immer gelungen, an Fragmenten ihrer Vergangenheit festzuhalten, indem sie wertvolle Überbleibsel aus der verstrichenen Zeit aufbewahrt hat.
Während der 1960er und 1970er Jahre, die als die "goldenen Jahre ihres Schaffens" gelten, arbeitete Monir unermüdlich in ihrem Atelier in Teheran, wo sie ihren einzigartigen Stil ausprobierte und verfeinerte. Beeinflusst durch die traditionelle Architektur, die sie im Iran vorfand, wurde ihr Werk durch neue Erfahrungen transformiert: das Adaptieren und Kombinieren der uralten Techniken der Hinterglasmalerei und der Spiegelmosaiken, "Khatam kari" (Intarsien), islamische Geometrie und Architekturgestaltung.
Als einzigartige dekorative Form des Iran wurden Spiegelmosaiken Jahrhunderte lang als Innengestaltung in Schreinen und Palästen eingesetzt. Monir erkannte sofort die Originalität und Kunstfertigkeit der Handwerksmeister, die sie geschaffen haben. Sie begann auf eigene Weise mit neuen Formen, Materialien und Farben zu experimentieren und erkundete die Sufi-Symbolik des Spiegels: als eine Reflektion des Selbst ist der Spiegel mit Reinheit, Helligkeit, Symmetrie, Wahrhaftigkeit und Glück assoziiert.
In dieser Zeit ist Monir auch viel im Iran umhergereist und hat eine außergewöhnliche Sammlung von Kunst und Kunsthandwerk nomadischer Stämme, Kaffeehausbildern und Hinterglasmalerei zusammengetragen, die zu jener Zeit alle als eigenwillige und zumeist nicht angesagte Sammlerobjekte galten. Diese Kollektionen wurden während der Islamischen Revolution (1979) zusammen mit ihrer eigenen Kunst und allem anderen was sie besaß konfisziert. Sie ging mit ihrer Familie ins Exil nach New York, wo sie mit ihrem Ehemann lebte, bis sie einige Jahre nach dessen Tod 2003 in den Iran zurückkehrte.
Nach der Rückkehr in den Iran fühlte sie sich sowohl ermutigt, einige ihrer verloren gegangenen Werke zu rekonstruieren, als auch inspiriert, neue Arbeiten zu schaffen. Nicht gewillt, sich selbst bloß zu kopieren, begann sie mit abstrakten und Tröpfelmalereien auf Glas, denen sie Glitter und Spiegelmosaiken hinzufügte, um die geometrischen Muster wiederzuentdecken, mit deren Erkundung sie in den 1960er Jahren begonnen hatte.
In Erinnerungen 1 sind stellen die in Spiegelmosaiken einbezogenen Fragmente von Hinterglasmalerei Details von Blumen dar. Feder- und Tuschezeichnungen von Blumen sind eine Konstante in Monirs Leben, und sie verbrachte viele glückliche Jahre damit, aus der kahlen Erde auf ihrem (später beschlagnahmten) Grundstück in Teheran einen wunderschönen Garten zu schaffen.
Die Fragmente von Qajar-Malerei in Erinnerungen 2 evozieren ein Iran der Vergangenheit - die Qajar-Zeit, die 1925 zu Ende ging, ein Jahr nach Monirs Geburt. Wie bei vielen ihrer Landsleute ist Monirs Leben durch das Aufkommen und den Fall verschiedener politischer Regime im Iran tief greifend beeinflusst worden. Fragmente vergangener Herrschaftsphasen zusammen mit persönlichen und intimen Erinnerungen sind irgendwo in ihrem Gedächtnis gespeichert, und wenn sie nicht verblassen, werden sie letzten Endes in einem Kunstwerk überdauern.
Die Spiegelmosaiken reflektieren viele Fragmente der sie umgebenden Welt und fügen sich zu einer konstruierten Identität zusammen, einem aus Erinnerungen zusammengesetzten Leben, individuell zerrissen, aber schön in der Gesamterscheinung, durch den Akt des Komponierens in der Balance gehalten. Während sie nach außen hin begrenzt sind, öffnen sich Monirs Kompositionen nach innen hin ins Unendliche und unterstreichen die immerwährende Qualität islamischer geometrischer Gestaltungen.
Monir meistert ein visuelles Vokabular, um das viele sie beneiden würden. Sie verlässt sich mehr auf ihren Instinkt und ihre Intuition statt auf Theorien, und ihre jüngsten Werke sind das Ergebnis lebenslangen Lernens und ihrer Erfahrung. Wie Louise Bourgeois, die erst im hohen Alter volle Anerkennung fand, wird die in den letzten vier Jahrzehnten entwickelte, kraftvolle und originelle Vision von Monir noch viele Jahre anhalten und ihren Einfluss in den nachfolgenden Künstlergenerationen hinterlassen.
Juliet Cestar
Kuratorin, Autorin und Fotografin, spezialisiert auf aktuelle Kunst aus dem Nahen Osten. Arbeitete im Asia House in London; jetzt bei Rose Issas Beyond Arts Productions.
Teil des Programms:
"Here We Are"
Eine von Rose Issa kuratierte Ausstellungsserie mit Künstlerinnen und Künstler aus dem Nahen Osten und Nordafrika
Monir Shahroudy Farmanfarmaian - Geometry of Hope
Geometrie der Hoffnung. Werke seit ihrer Rückkehr von New York nach Teheran.
18. Juni - 12. Juli 2008