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La Source du Lion kämpft gegen den neuen Masterplan für den Park in Casablanca.
Von Helen Adkins | Mär 2008Im August 2006 wurde im Nafas Kunstmagazin über "Passerelle Artistique V" in Casablanca berichtet. Dieses 2002 von der Künstlergruppe La Source du Lion initiierte Kunstprojekt hat sich seit damals dem Umweltbewusstsein und insbesondere der Wiederherstellung des verwahrlosten, 17 Hektar großen Hermitage Parks gewidmet, der sich in einem dicht besiedelten Gebiet von Casablanca befindet. Im Mai 2003 wurde das Vorhaben mit einem detaillierten Modell des Parks (Maßstab 1:100) vorgestellt, das einen visuellen Eindruck vom Stadium des Verfalls vermittelte. Davon ausgehend entwickelte La Source du Lion ein internationales Künstlernetzwerk, um den Park in enger Absprache mit den Anwohnern wieder instand zu setzen.
2004 beauftragten kommunale Behörden das Atelier Vert, eine Agentur für Landschaftsgestaltung aus Casablanca, den Künstlern die erforderlichen gärtnerischen Kenntnisse beizubringen. 2006 wurden viele künstlerische Interventionen realisiert und sowohl von den Anwohnern als auch von den Behörden enthusiastisch unterstützt. Die Pläne waren darauf gerichtet, den Park mit neuem Leben und Freizeitaktivitäten zu erfüllen, und sie führten dazu, den Hermitage Park von einem hoch gefährlichen Ort in eine friedliche grüne Lunge umzuwandeln, von der insbesondere Frauen und Kinder profitieren, was als Beispiel für ähnliche Angelegenheiten in Marokko dient. Auf diese Weise erhält der Park nach und nach wieder seine ursprüngliche Bestimmung zurück.
Jetzt hat aber der neue Planungsleiter der Agentur, Bertrand Houin, einen Masterplan entwickelt, der die Errungenschaften der letzten sechs Jahre anscheinend völlig ignoriert. Ich habe Bertrand Houin direkt kontaktiert, um seine persönliche Sicht der Dinge zu erfahren, aber als ich ihm mitteilte, dass ich über seinen fragwürdigen Plan für den Hermitage Park schreibe, weigerte er sich, jedwedes Informationsmaterial zu schicken.
Während der Plan von 2005 darauf gerichtet war, den Park dem Leben der Menschen zurückzugeben, basiert das Schema von 2008 auf den formalisierten französischen Gärten, die einzig auf die Erholung der Oberschicht Frankreichs orientiert waren. Ein Vergleich beider Grundrisse ist ein eindeutiger Beleg für diesen Effekt. Houin schlägt sogar vor, den Namen des Park-Cafés von Unesco in Guinguette umzubenennen, dem Wort für ein typisches populäres Cabaret in den Pariser Außenbezirken im 18. Jahrhundert.
Unterstützer von La Source du Lion sehen das Rasterdesign als eine ästhetische und grafische Abstraktion, sogar als die Gitterstäbe eines Gefängnisses, weit entfernt von den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung. Houin, ein Franzose, wird beschuldigt, die Geschichte des Hermitage Parks in die "glorreiche" Kolonialzeit zurückdrehen zu wollen.
Als ob der Schaden noch nicht groß genug wäre, schlägt Houin als weitere Beleidigung vor, die Bereiche für Kinderspielplätze, die von den in das ursprüngliche Rehabilitationsprogramm involvierten einheimischen Teams angelegt werden sollten, durch eine Prozession von Metalltieren des teuren, noch wenig bekannten Pariser Künstlers Quentin Garel zu ersetzen.
In einer öffentlichen Debatte in Tanger fragte Hassan Darsi, Gründungsmitglied von La Source du Lion, den Landschaftsgestalter Gilles Clément, eine Autorität in seinem Fach, nach dessen Meinung zu dem neuen Projekt. Herr Clément war betrübt, als er von der Kontroverse erfuhr. Er kritisierte den Plan als eine obsolete formalistische Lösung, die nichts mit dem Zustand der heutigen Gesellschaft oder dem Leben in Casablanca zu tun hat.
Hassan Darsi ist nicht bereit, seine künstlerische Vision einer sozialen und politischen Beteiligung aufzugeben, und er kämpft weiterhin darum, zu den Richtlinien von 2005 zurückzukehren, wozu er nationale und internationale Partner aus dem Kunstbereich einbezieht, stets in Zusammenarbeit mit den Bewohnern von Casablanca. Er hat die Hoffnung, dass Herr Sahid, der gegenwärtige Bürgermeister der Stadt, sich für das ursprüngliche Konzept von 2005 ausspricht.
Helen Adkins
Freiberufliche Kunsthistorikerin und Ausstellungskuratorin, lebt in Berlin, Deutschland.