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Der Film Beket der kirgisischen Regisseure - hintersinnige Fabel über menschliche Beziehungen.
Von Matthew Ngui & Ben Slater | Sep 2008Aktan Abdykalykov sagte, er wurde in den frühen 1980er Jahren, als sein Heimatland Kirgisistan noch Teil der UdSSR war, "vom Kino vergiftet". Er studierte in einer staatlichen Kunstakademie, der Staatlichen Kirgisischen Schule für die Künste, wo er eine hochgradig formale Kunstausbildung durchlief, und arbeitete dann als ein Art Director in den Kirgisfilm-Studios. Er realisierte viele Kurzfilme und seine Dokumentarfilme wurden bei mehreren internationalen Filmfestivals aufgeführt, so seine erste Reportage Beshkempir (Der Adoptivsohn, 1998), die einen Hauptpreis des Filmfestivals von Locarno in der Schweiz gewann, und der Spielfilm Maimil (Der Affe, 2001), der für die Sektion Un Certain Regard des Filmfestivals von Cannes ausgewählt war.
Ernest Abdyjaparov arbeitet seit 1988 bei Kirgisfilm als Regisseur, Associate Director, Cutter und Produzent. Er ist auch Drehbuchautor. Seit den frühen 1990er Jahren hat Abdyjaparov zahlreiche Dokumentarfilme gemacht. Saratan (2005), einer Tragikkomödie, für die er das Drehbuch schrieb und bei der er Regie führte, brachte ihm den Goldenen Stern des Internationalen Filmfestivals in Marrakesch in Marokko ein. Sein jüngster Film Boz Salkyn (Pure Coolness, 2007), der 2008 beim Internationalen Filmfestival in Göteborg in Schweden aufgeführt wurde, gewann den ersten Preis des Issyk-Kul Filmfestivals in Kirgisistan und den Großen Preis des Internationalen Eurasia Filmfestivals in Kasachstan.
In der Singapur Biennale 2008 wird Beket (Bushaltestelle, 1995) gezeigt, eine gemeinsame Regiearbeit von Abdykalykov und Abdyjaparov. Dieser fein komponierte und mit wohl überlegtem Rhythmus gedrehte Film hat den zynischen Hintersinn einer Komödie über menschliche Beziehungen. Trotz eines Soundtracks aus verstärkten Tönen der natürlichen Szenerie ist es im Wesentlichen ein Stummfilm in Schwarzweiß. An einem bitterkalten Tag wartet eine kleine Gruppe von Leuten an einer einsamen Bushaltestelle am Straßenrand, hinter der sich ein schneebedecktes Feld oder ein zugefrorener See befindet. Im Hintergrund sehen wir die grauen Umrisse von etwas, das eine Stadt oder ein Wald sein könnte.
Während der gesamten Dauer des Films bewegt sich die Kamera kaum näher an diese Figuren heran, die vor dem hellen Hintergrund aus Schnee und Himmel die meiste Zeit nur als Silhouetten erscheinen. Um das Vergehen der Zeit zu verdeutlichen, gibt es in gewissen Abständen Schnitte hin zur gegensätzlichen Perspektive einer viel befahrenen Straße in der Nähe. Tatsächlich vergeht die Zeit; wie lange warten diese Leute? Der kirgisisch-russische Titel klingt wie eine unbeabsichtigte Anspielung auf Samuel Beckett, den Meister des absurden Theaters ohne Aktion. Die Art, in der das "Spiel" der wartenden Figuren inszeniert ist, hat eine sehr nüchterne theatralische Qualität, insbesondere hinsichtlich des Wechsels zwischen Vorder- und Hintergrund.
Zu einem Jungen, einem Erwachsenen und einem alten Mann, die sich am Anfang fremd sind, gesellt sich eine Frau, und nach und nach sehen wir in einfachen und natürlichen Gesten, wie sich menschliche Kontakte herauszubilden beginnen. Dann betritt ein Eindringling die Szenerie, ein lärmender Betrunkener mit einer ironischen Vorliebe für Michel Legrands Melodie zum Film Un homme et une femme (1966). Seine Präsenz bringt den Rest der Gruppe noch mehr einander näher, und als er eine Taschenuhr, die er einem der Anwesenden weggenommen hat, in den Schnee schleudert, gehen sie los und suchen nach ihr und kehren in einem offenbar noch besseren Einvernehmen an die Bushaltestelle zurück.
Abdykalykov und Abdyjaparov erwähnten, in dieser Arbeit gehe es um Stille, unendliche Erwartung und miteinander verwobene Erinnerungen, und selbst beim Verlust der Unschuld gäbe es doch immer noch Hoffnung. Es ist klar, dass sie auch an den Beziehungen zwischen dem Einzelnen und der Gruppe interessiert sind sowie an der weiter gefassten soziopolitischen Metapher, die sich hinter solch einer anscheinend geradlinigen Fabel der Einbeziehung, des Ausschlusses und der extrem unzuverlässigen Busfahrpläne verbergen könnte.
Matthew Ngui & Ben Slater
Matthew Ngui: Bildender Künstler, lebt in Singapur und Australien. Ko-Kurator der 2. Singapur Biennale 2008. Ben Slater: Freischaffender Autor und Redakteur, lebt in Singapur. Redakteur der Kurzführer und Kataloge der Singapur Biennalen 2006 und 2008.
Beket (Bushaltestelle), 1995
Auf Video übertragener Film. 27 Min