Für eine optimale Ansicht unserer Website drehen Sie Ihr Tablet bitte horizontal.
Ortsspezifische Arbeiten von 23 Künstlern aus 14 Ländern im Dorf Shatana in Jordanien.
Von Diala Khasawnih | Aug 2007Die Betriebsamkeit am Offenen Tag klingt noch in mir nach. An diesem Tag, dem 20. Juli, endete der zweiwöchige Künstlerworkshop im Dorf Shatana im Norden von Jordanien. Die Veranstaltung belegte die interaktiven und kooperativen Beziehungen zwischen den Künstlern, dem Ort und den Bewohnern dieses schönen alten, halb verlassenen Dorfes. Die Besuchermassen, die sich die ausgestellten Arbeiten anschauten, erfüllten die sonst so ruhigen Straßen und leeren Häuser mit Gedränge und Lärm. In einem Land, in dem zeitgenössische Kunst noch immer etwas Fremdes ist, und das selbst - oder besonders - in Kunstzentren und unter Kunstschaffenden, fanden verschiedenen Ausdrucksformen davon hier in Shatana ein Zuhause.
Der Internationale Künstlerworkshop 2007 in Shatana gehört offiziell zum Netzwerk der Triangle Arts Workshops. Sie sind für Künstler der mittleren Laufbahn aus aller Welt bestimmt, die eine Gelegenheit zum Austausch und Dialog erhalten, weil sie normalerweise meist allein arbeiten. Zum ersten Mal fand jetzt solch eine Veranstaltung in Jordanien statt, konzipiert als ortsspezifisches, Prozess orientiertes, auf zeitgenössischer Kunst basierendes Treffen von Künstlern aus dem In- und Ausland. Mehr als ein Jahr zuvor kam die Künstlerin Oraib Toukan von ihrer Teilnahme am AIWA Workshop in Aley, Libanon, vom Triangle-Workshop-Fieber infiziert nach Amman zurück.
Oraib, Samah Hijawi, Ola Khalidi von Makan und ich selbst hatten im Juni 2006 die ersten vorbereitenden Zusammenkünfte. Alessio Antoniolli, Leiter von Triangle Arts Trust & Gasworks, Gill Ord, Mitbegründerin von Braziers, einem jährlichen Workshop in England, und Ghassan Maasri, Organisator des AIWA Workshops in Aley im Libanon besuchten uns im Juli 2006, um die Möglichkeiten eines Workshops in Jordanien zu diskutieren und potenzielle Austragungsorte ausfindig zu machen.
Letztendlich fiel die Entscheidung auf Shatana, ein Dorf mit alten Steinbauten in schöner Landschaft, in dem nur noch 150 Einwohner geblieben sind. Vermittelt durch die örtliche Katholische Kirche und den Priester Vater Imad stellten Eigentümer seit langem verlassene Häuser für die Dauer des Workshops als Unterkunft zur Verfügung, wofür diese als Gegenleistung renoviert und instand gesetzt wurden, um sie überhaupt bewohnbar zu machen.
Zwei Wochen lang teilten die Künstler die Mahlzeiten, nahmen an improvisierten Tanzpartys teil, gingen im Dorf spazieren, machten Ausflüge in die nahe gelegene Stadt, sprachen über ihre Arbeit, diskutierten ihre Ideen und halfen einander ihre Werke zu entwickeln. Als der Tag der öffentlichen Präsentation näher rückte, nahm die Geschäftigkeit zu und die Spannung erhöhte sich. Trotz der sengenden Hitze kamen die Besucher in so großer Zahl, dass selbst die optimistischsten Erwartungen weit übertroffen wurden.
Um die Ausstellung zu sehen, musste sich das Publikum auf eine Tour durch einen Teil des Dorfes begeben. Es wurden 32 Kunstprojekte gezeigt, vor allem works in progress, geschaffen von den 23 teilnehmenden Künstlerinnen und Künstlern. Das Spektrum reicht von Videoarbeiten bis zu Skulpturen, die über das Dorf verteilt waren, sich auf dem Kirchengelände, in Häusern, verfallenen Bauten und in Höhlen befanden. Im Allgemeinen bezogen sich die Arbeiten auf einige Hauptthemen: die Steinbrüche hinter den Bergen, die Natur in der Umgebung und deren Kräfte, die Beziehungen und die Interaktion zwischen den Künstlern und den Anwohnern und deren Alltagsleben sowie das Problem der Landflucht und des Verlassens des Dorfes.
Max Mason aus Großbritannien und Saba Innab aus Jordanien beschäftigten sich mit den Steinbrüchen. Während Max die Aktivitäten an diesem Ort filmte und als visuelle Erzählung zusammen mit der Videoanimation eines Hundes zeigte, platzierte Saba hölzerne Kisten, durch die man nebeneinander angeordnete Bilder eines Berges sehen konnte. Für eine Performance, in die Dorfbewohner und Besucher einbezogen wurden, gestaltete Isabela Prado aus Brasilien farbenprächtige Fallschirme, mit denen die Leute im Wind rennen konnten. Auch Lucas Di Pascuale aus Argentinien nutzte in seiner Installation die Kraft des Windes. Er gab sich alle Mühe, perfekte Windmühlen aus alten Disketten zu bauen und fand heraus, wie sich diese optimal als aerodynamische Objekte im Wind bewegen. Mehrere davon montierte er auf dem Dach eines alten Steinhauses.
Mahreen Zuberi aus Pakistan schuf eine Serie von acht Bildern darüber, wie ein Esel in den acht Muttersprachen der Workshop-Teilnehmer am besten zu "benutzen" sei. Es ist ein witziges Statement über die Anwesenheit der Künstler im Dorf als Touristen sowie ein Kommentar über deren Bereitschaft und Wunsch, sich in so vielen Sprachen einander mitzuteilen. Batoul S'himi aus Marokko erweckte einen Küchenraum in einem verlassenen Haus wieder zum Leben, indem sie ihre Gespräche mit Um Isa, einer älteren Frau aus dem Dorf, deren Kochkünste berühmt sind, in einem Video dokumentierte.
Parallel zu diesem Workshop gaben die Künstlerin Waheeda Malullah aus Bahrain und ihre holländischen Kollegen Wouter Osterholt und Elke Uitentuis den Kindern des Ortes einen viertägigen Kurs für animierte Scherenschnitte. Das dabei entstandene Animationsvideo wurde am Offenen Tag gezeigt.
Es war interessant zu sehen, dass trotz aller entgegen gesetzten Vorurteile, einige Besucher aus Amman, der Hauptstadt und dem Zentrum der "Kultur" von Jordanien, wo es Galerien gibt und ständig Kulturveranstaltungen stattfinden, von diesem Ereignis verunsichert waren und verklemmt vor den Installationen und Interventionen standen, während die Bewohner von Shatana in ihrer Sonntagskleidung eine Beziehung zu den Arbeiten hatten, sich diesen nahe fühlten und damit interagierten.
Dieser Workshop brachte 23 Künstlerinnen und Künstler aus vielen verschiedenen Ländern zusammen. In zwei Wochen wurden sie mit dem Ort vertraut, stellten Beziehungen her, konzipierten Ideen, diskutierten und entwickelten sie und kamen dazu, etwas zu schaffen. Ihre Werke in verschiedenen Entwicklungsstadien repräsentieren unterschiedliche Wahrnehmungen dieses Treffens, sowohl hinsichtlich der Teilnehmergruppe als auch des Umfelds. Entstanden sind ausgeprägt individuelle, stark Kontext basierte und mit dem Ort verbundene Arbeiten.
Diala Khasawnih
Studierte Architektur und Innendesign. Lebt als Künstlerin und Autorin in Amman, Jordanien.
Shatana
Internationaler Künstler-Workshop
Dorf Shatana
Irbid, Jordanien
7. - 21. Juli 2007
Künstler:
Rafat Asad
Maha Abu Ayyash
Ayman Baalbaki
Bernd Behr
Sunoj Damodaran
Wael Hattar
Samah Hijawi
Saba Innab
Hanan Khalil
Diala Khasawnih
Anees Maani
Waheeda Malullah
Max Mason
Beatrice Wanjiku Njoroge
Wouter Osterholt
Lucas Di Pascuale
Isabela Prado
Elie Abou Samra
Hrair Sarkissian
Basma Al Sharif
Batoul S'himi
Elke Uitentuis
Mahreen Zuberi
Arbeitsgruppe:
Samah Hijawi
Ola Khalidi
Diala Khasawnih
Oraib Toukan
Assistent:
Ghalib El Khalidi
Der Workshop wurde von einer Arbeitsgruppe in Kooperation mit Makan House organisiert.