Stopped ball !!
Mahmood,
Waheeda,
Hussain,
Jalal,
Abdulla,
Jaafer,
Mohammed,
Ali,
Hassan,
Sadiq,
Hussain:
Mutter, Vater...
Wann können wir spielen?
Zu meinen Kindern:
Gespielt wird nach dem Beten!!
Als Auftakt der Installation stehen diese Zeilen neben zwei Fotos, auf denen sich Waheeda Mallulah zusammen mit zehn Nachbarjungs so darstellt, als würden sie ungeduldig auf die Erlaubnis warten, gemeinsam Fußball spielen zu dürfen. Im Raum hängen deren weiße Kleidungsstücke, ihr eigenes schwarzes liegt ausgebreitet auf dem Boden. Die Künstlerin selbst steht als lebensgroßer Aufsteller in Abwehrhaltung im Tor. Auf die hintere schwarze Wand schrieb sie in Weiß "baba" (Papa), und auf der gegenüberliegenden Seite steht in Schwarz auf weißem Grund "Mama". Damit will sie die maßgebliche Orientierung von Kindern durch die Eltern in den ersten Lebensjahren betonen.
Das Fußballspiel, der Nationalsport Bahrains, ist für Waheeda Mallulah ein Ausgangspunkt, um sich mit ihrer Identität und der ihr von Geburt an zugewiesenen Rolle als Mädchen und Frau auseinanderzusetzen. Die Regeln des Spiels und damit verbundene soziale Mechanismen dienen ihr als Modell und Struktur für die Inszenierung von Befindlichkeiten und für die Projektion von Sehnsüchten. Dabei träumt sie nicht etwa vom Ruhm eines gefeierten, aggressiven Torschützen, sondern sieht sich vielmehr in der Position des Torhüters, der allen Attacken widerstehen und den Kasten seiner Mannschaft sauber halten muss.
Allerdings verweigert sich Waheeda Mallulah allzu direkten Auslegungen. In einer Fotoserie hat sie sich in dieser Installation in verschiedenen Posen inszeniert. So liegt sie zum Beispiel unter dem roten Netz mit ausgebreiteten Armen auf dem Rücken, neben sich ihr schwarzes Gewand. Auf die Frage, ob sie damit gemeint haben könnte, dass das Ausbrechen aus der traditionellen weiblichen Rolle problematisch und nicht so leicht zu bewerkstelligen sei, antwortete sie nur: "Ich weiß nicht... manchmal schon, aber wir versuchen weiterhin, zu lächeln!"
Immerhin hat sich der Traum vom Fußballspielen für viele Mädchen in Waheeda Mallulahs Heimat bereits erfüllt. Als eines der ersten Länder der arabischen Welt begann Bahrain, den Frauenfußball zu fördern. Anfang 2004 startete ein dreijähriges Schulprojekt, das Fußball für Mädchen als Unterrichtsfach vorschreibt [1]. Und während das knappe Scheitern der Männermannschaft bei der Qualifikation für die WM in Deutschland zur nationalen Tragödie wurde, bereitete das Land dem Frauenteam nach seinem Sieg bei den ersten arabischen Frauen-Meisterschaften in Abu Dhabi Ende Februar 2006 einen euphorischen Empfang.
Wenn Waheeda später selbst einmal Mädchen hat, würde sie ihnen natürlich erlauben, mit den Nachbarjungs auf den Bolzplatz zu gehen - aber erst nach dem Beten...
Anmerkung:
1. Rainer Hennies: Scheherazade schnürt die Fußballstiefel. In: taz, 5.2.2004, Seite 13
Text der Kuratoren Pat Binder und Gerhard Haupt