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Von Zeit und Licht. Videoinstallationen und andere Aspekte ihres Schaffens.
Von Ica Wahbeh | Jul 2005Suha Shomans Schaffen aus Liebe ist genau das - die Suche nach sich selbst, nach spirituellem Einklang mit dem geliebten Einen, nach Licht am Ende des Weges auf der Reise durchs Leben. Ihre materielle Darstellung einer solch gewagten Aufgabe ist so originell wie einschüchternd: eine Installation voller Symbolismus und eine Ausstellung als Krönung der über 20jährigen Laufbahn der begabten Malerin.
"Von Zeit und Licht" (Of Time and Light) erfasst beides: Zeit - von ihren frühesten, mehr realistischen Gemälden bis zu den jüngsten, abstrakten, fast monumentalen Leinwänden, die durch das Aufgebot an Farbe und die meisterliche Verwendung von Sand verblüffen; Licht - durch imaginationsreiche, neuartige Filmprojektionen setzt sie Licht und Dunkelheit auf geniale Weise ein, wobei sie sich symbolisch überlagernde Lebenszyklen entwirft - vom Anfang der Schöpfung bis zur Dunkelheit, vom Beginn des Lebensweges bis zur Abreise, vom frühen Bewusstsein und der Suche nach den Mysterien des Lebens bis zur weisen Erkenntnis und der letztendlichen Erfüllung der Suche nach Wahrheit.
Eine Lebenszeit auf der Suche nach dem Bedeutung von Leben und Tod fließt vorbei. Dem Betrachter wird das Schaffen einer das Leben feiernden Künstlerin gezeigt, die sich vor der Ewigkeit verbeugt, stets nach dem Sinngehalt sucht und die Dinge ausgehend von dem höheren Verständnis interpretiert, das nur Künstler haben, und die diese Botschaft subtil "verschleiert": das Leben währt ewig, wir sind seine flüchtigen Verkörperungen, die sich ständig wandeln und Metamorphosen unterworfen sind, aber niemals wirklich "verschwinden", sondern andere Dimensionen annehmen und für immer leben.
In Darat Al Funun [1] beherbergt das Blaue Haus die Gemälde von Suha Shoman. Sie gehören mehr zu Werkserien als zu "Phasen" ihrer künstlerischen Entwicklung. In ihrem bisherigen Leben als Künstlerin benutzte Suha Shoman - manchmal vielleicht unbewusst - Materie, um ihre spirituelle Suche nach Unsterblichkeit auszudrücken. Mit inspirierten, leicht tupfenden Pinselstrichen schafft sie Raum und Tiefe, außergewöhnliche Kompositionen, die immer den Felsen, das Symbol der Ewigkeit, als Motiv zu haben scheinen. Seien es vom Meer geformte Felsen, eine Prozession von Frauen oder einfach die in das Felsgestein gehauene Nabatäerstadt Petra - immer ist dieses Symbol der Ewigkeit in Suha Shomans künstlerischen Äußerungen präsent. Petra, das die durch Menschen und die Natur verursachten Erosionen triumphierend überlebt hat, scheint tief in die Psyche der Künstlerin eingedrungen zu sein und signalisiert deren anhaltenden Wunsch, Dauerhaftigkeit zu finden.
Darüber hinaus ist unten in Darat Al Funun, wo sie ebenfalls kraftvoll Symbole verwendet, das Wasser, Spender des Lebens, immer anwesend. Ihm Dichte verleihend und - erneut - auf die Lebenszyklen hinweisend, schimmert Licht auf dem Wasser, erst als winzigkleine Atome, wie in der Ursuppe am Quell des Lebens, und später goldglänzend - auf dem Höhepunkt des Daseins und dann in der Abenddämmerung, im Sonnenuntergang des Lebens, als sternenklare Erscheinung.
Das geduldige Filmen der Verwandlungen des Lichts deutet auf eine Tendenz der Introspektion, eine tiefe Meditation über die Existenz und deren Bahnen, einen Wunsch, sich mit der Natur zu vereinen, mit ihr zu kommunizieren und in ihre Geheimnisse einzudringen. Das offenbart die spirituellen Erkundungen der Künstlerin und die originelle Art, diese auszudrücken.
Das alles im Kopf und dazu gebracht, über das Leben und dessen Wege nachzudenken, ist der Besucher der Ausstellung im nächsten Raum mit einem noch mächtigeren Symbolismus konfrontiert. Nachdem es um das Dasein und die Unvergänglichkeit ging, mit metaphysischen Gedanken und dem Konzept von Ewigkeit, stößt man auf religiöse oder vielleicht mythische Impressionen, die auf Ratschlüsse des Lebens - die eingeschlagene Bahn - und das Kreuz hindeuten, das wir alle zu tragen haben.
So wie eine unbeirrte Ameise ihrem Pfad folgt, geht eine Silhouette resolut auf gewundenem Pfad den Hügel hinauf. Es ist Suha Shoman selbst, auf ihrem Weg nach "irgenwo, anderswo, sonstwo". Zu verschiedenen Jahreszeiten aufgenommen, im Sommer des eigenen Lebens und im Winter, der ein Ende erahnen lässt, ist die Wanderung vom Rhythmus des Atmens begleitet, dessen medizinisches Diagramm an die Wände projiziert wird, dabei der Bewegung des Betrachters folgt und synchron zu den Schritten im Film verläuft. Das schwere Atmen begleitet die anstrengende Wanderung, die das Leben auf einem stillen Marsch zum Berggipfel bringt.
Das aufmerksame Beobachten der unerschütterlichen Prozession der gehenden Figur bringt einen unweigerlich zum Nachdenken. Wo? Warum? Wo begann es? Wo wird es enden? Wird es wirklich irgendwann zu Ende sein? Was bringt uns dazu, in unserem Dasein einen bestimmten Weg zu wählen? Und was suchen wir auf diesem Weg? Folgen wir ihm in Richtung Ende und bis zu diesem Ende? Würden wir ihn auch dann noch wählen, wenn wir wüssten, wohin er führt?
Plötzlich geben die eher philosophischen Gedanken bodenständigeren Reflexionen über die Menschheit, Sterblichkeit, Vergeblichkeit oder aber der Existenz an sich Raum. Und erneut werden wir mit den Lebenszyklen konfrontiert, dem Anfang und Ende oder möglicherweise nicht dem Ende an sich, sondern einem anderen Leben, das wir alle anstreben.
Vielleicht um zu bestätigen, dass das Leben niemals wirklich ausgelöscht wird, und um auf höhere Ebenen zu gelangen, ist die nächste Installation eine Projektion fliegender Vögel. Deren manchmal ziellose Bewegungen ähneln denen der Fragmente des Lichts im ersten Raum, lebendig, geschäftig, voller Leben und sich bewegend in ... Kreisen. Das Leben vollzieht sich wie die Vögel, die von den frühen Morgenstunden bis in die Dunkelheit gefilmt worden sind, vom ganzen Schwarm bis zu einem letzten einsamen Vogel, der vom tiefblauen Himmel in die Ungewissheit entschwindet.
Erneut werden Hightech-Elemente in diesen spirituellen Raum einbezogen. Einzigartige Sequenzen natürlicher Phänomene, aufgenommen mit der Digitalkamera, werden im selben Raum projiziert. Vor der Projektionswand sind Kieselsteine wie Soldaten aufgereiht, wie riesige Pixel eines Fotos oder Perlen eines Rosenkranzes (je nachdem, wie man die Dinge betrachtet, aber am faszinierendsten in ihrer Fähigkeit, sich in diesem ganzheitlichen Konzept einer klassisch/modernen Ausstellung zu vereinen). In gewisser Weise an einen rituellen Altar der Verehrung erinnernd, schaffen es die beruhigenden parallelen Linien (es könnten auch Leben oder Fahrspuren sein), die mineralischen Tupfen, die mit den amorphen Wolken und Bergrücken in den projizierten Bildern kontrastieren, einen zu beruhigen und eine gewisse Ordnung in die von eindringlichen Bildern aufgewühlte Seele zu bringen.
Die Bilderfolge selbst ist ein Kunstwerk. Sonne und Wolken (besteht das Leben nicht aus beidem?) sind miteinander verwoben. Wolken jagen einander, die Sonne scheint hinter ihnen und durch sie hindurch. Die Bergkämme von Petra erheben sich schroff vor dem Horizont. Die ganze Multimediaprojektion ist eine permanente Schau des Kreislaufs des Lebens von Sonnenaufgang zu Sonnenuntergang.
Ein weiterer Kreislauf. Und das Leben rundet sich ab, wie das Werk dieser Künstlerin mit einem erstaunlichen Talent und bahnbrechendem Denken.
Anmerkung:
Ica Wahbeh
Zuständig für die Meinungs- und Featureseiten der englischsprachigen Zeitung The Jordan Times in Amman, Jordanien.
Suha Shoman: Of Time and Light
Darat al Funun, Amman
27. Feb. - 13. Mai 2004
Malerei und Videoinstallation
Sharjah Biennale, VAE
April - Juni 2005
Videoinstallation