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Internationaler Workshop für zeitgenössische Kunst auf der Halbinsel Sinai, Ägypten
Von Dina Ramadan | Jun 2003Ein Nachhall der prekären Situation in der Region hielt in der arabische Welt in der letzten Zeit an - und hat diese zum Teil belastet. Dennoch konnte sich die junge Szene der zeitgenössischen visuellen Kunst Ägyptens weiterentwickeln und auf der Bühne der Welt etablieren. Im Jahr 2003 gab es die erste unabhängige Auswahl von drei Künstlern für die 50. Biennale Venedig durch die ägyptische Kuratorin Gilane Tawadros für deren Ausstellung Fault Lines (Bruchlinien - siehe die Dokumentation in Universes in Universe). Auf lokaler Ebene hat die Townhouse Gallery für Zeitgenössische Kunst ihr zweites Open Studio Project ausgerichtet, durch das 20 Künstler aus Ägypten und anderen Ländern im Herzen der geschäftigen Metropole Kairo Atelierräume erhielten.
Im Kontext des Themas der Repräsentation, mit dem lokale Künstler weiterhin heimgesucht werden, erlangen solche Initiativen eine wesentliche Bedeutung für die Herausbildung einer Verbindung zwischen dem, was lokal wichtig ist, und dem, was in der internationalen Szene gerade angesagt ist. Der Wasla Workshop für zeitgenössische Kunst ist Teil des Wunsches, von einem einseitigen Kulturaustausch wegzukommen und sich Projekten zuzuwenden, die auf eine tatsächliche Interaktion von Künstlern und Kunstszenen konzentriert sind. Bei Wasla - das Wort bedeutet passender Weise "Verbindung" - ging es im wesentlichen darum, die ägyptische Kunstszene mit anderen, dort weniger bekannten Szenen zusammenzubringen.
In Zusammenarbeit mit dem britischen Triangle Arts Trust und unterstützt durch die Ford Foundation vollzog ein Team von vier Künstlern - Mohamed Al Riffai, Iman Issa, Hassan Khan, Basim Magdy -, angeleitet von der ägyptischen Kuratorin Mai Abu ElDahab, einen gründlichen Auswahlprozess. Statt sich von vornherein auf bestimmte Künstler oder Medien zu fixieren, luden sie Kanditaten ein, Vorschläge einzureichen. Dadurch stand ein weites und vielfältiges Konvolut zur Wahl, das den verschiedenen Interessen der Jurymitglieder bestens entsprach. Bei der Endauswahl gelang es, Künstler der lokalen und der internationalen Szene zusammenzubringen, die bis dahin noch nichts voneinander wussten, und ebenso der Aufgabe gerecht zu werden, solche Künstler ausfindig zu machen, deren Arbeiten sich simpler Kategorisierungen entziehen, weil sie verschiedene Medien nutzen und kombinieren.
Von Anfang an ging es mehr um die Diskussionen und den Prozess, als um ein Endprodukt. Der Ort, an dem Wasla stattfand, war eine wesentliche Komponente für die Ziele und den angestrebten Erfolg des Workshops. Die achtzehn teilnehmenden Künstler kamen in Nuweiba auf der Halbinsel Sinai zusammen. Dort, in einer fast überwältigenden Isolation, waren sie zwei Wochen lang dazu angehalten, die Leere durch eine Interaktion miteinander und mit ihrer Umgebung zu füllen. Das Empfinden, deplaziert zu sein, war der verbindende Faktor, da sich alle in einer entnervend fremden Arbeitsumgebung befanden, wo sie gezwungen waren, mit beschränkten Ressourcen auszukommen, um die unheimliche Stille und den scheinbar endlosen Raum zu beleben.
Von den Teilnehmern kamen unterschiedliche Reaktionen auf dieses Gefühl des Fremdseins und auf die immense Weite der Landschaft. Einige fanden die Grenzen des Camps zu eng und begaben sich auf die Wüstenstraße, in die lokale Gemeinde oder sogar noch weiter weg in die Stille der Berge. Der an öffentlichen Interventionen interessierte irakische Künstler Mohamed Abdullah bemühte sich darum, die benachbarte Stadt in den Workshop einzubeziehen. Indem er Straßenschilder aufstellte und die Künstler durch eine Performance leitete, die in Nuweiba für den Workshop warb, manipulierte Abdullah auf subtile Weise die Grenzen zwischen Künstler und Publikum, wobei er ein Gefühl von Gemeinsamkeit schuf, sowohl unter den Künstlern, als auch zwischen diesen und den Anwohnern.
Auf ähnlich subtile Weise hat die ägyptische Künstlerin Rehab El Sadek die lokale Gemeinde in ihre Diskussion über Geschlechterkonstruktionen einbezogen, indem sie einen ausrangierten Wassertank zu einer Verkörperung der Geschlechterpolitik innerhalb der benachbarten Beduinengesellschaften umgestaltete.
In starkem Kontrast dazu funktionierte das "goldene Haus" von Iman Issa fast wie ein Signal für den Ort des Workshops. Die kubusähnliche, mit glitzernder Goldfarbe bedeckte Struktur flimmerte in der unwirtlichen, von der Sonne gebleichten Landschaft, völlig fehl am Platze, aber so schön.
Die palästinensische Künstlerin Jumana Aboud brachte die lokale Gemeinschaft durch eine von den Frauen aus dem Dorf gespendete Stoffsammlung in das Camp. In die Mauerritzen gestopft und umgeben von malerischen Skizzen, wurde der Stoff zu einer dringend nötigen Verbindung zur Außenwelt.
Die fragile Beziehung zwischen der äußeren Welt und der des Workshops schwang in vielem von dem mit, was produziert wurde. Im wesentlichen ging es aber darum, sich Zeit zu nehmen, um in dieser Isolation über künstlerische Praktiken zu diskutieren. Das ist in einem Land wie Ägypten besonders wichtig, wo vieles von dem, was produziert wird, in einem Vakuum verbleibt, fast ohne Kunstkritik oder einen Diskurs über das Werk. Die Außenwelt war aber dennoch immer präsent, mit Künstlern, die nicht in der Lage oder nicht Willens waren, sich davon zu entfernen, besonders weil der Workshop zur selben Zeit begann, wie der Angriff der Koalitionstruppen auf den Irak.
Dina Ramadan
Studierte und arbeitete mehrere Jahre lang in Kairo; schreibt für lokale und internationale Publikationen. Z.zt. promoviert sie über arabische Literatur an der Columbia University, New York.
Wasla Workshop für zeitgenössische Kunst
Nuweiba, Halbinsel Sinai, Ägypten
21. März - 4. April 2003
Kuratorin: Mai Abu ElDahab
Künstler/innen:
Mohamed Abdullah
Jumana Aboud
Karina El Azem
David Chirwa
Julia Clark
Samy Elias
Safaa Erruas
Subodh Gupta
Iman Issa
Gonzalo Lebrija
Ghassan Maasri
Maha Maamoun
Basim Magdy
Trudi Mann
Amina Mansour
Mohammed al Riffai
Rehab el Sadek
Luz María Sánchez