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Die Stiftung in Beirut und deren umfangreiches Archiv für Fotografie vor allem aus dem Nahen Osten und Nordafrika.
Von Antonia Carver | Aug 2003In ihrer Mission, fotografische Werke aus dem Mittleren Osten und Nordafrika zu sammeln, zu bewahren und zu interpretieren, ist die in Beirut ansässige Arab Image Foundation (FAI) einzigartig. Ihr außergewöhnliches Archiv mit über 75.000 Bildern, die ältesten von 1860, wird überaus zeitgemäß betrieben. Zehn internationale Mitglieder, alles Künstler, Filmemacher und Schriftsteller, kuratieren die Fotografien der Komplexität der heutigen Kunstwelt gemäß. Die Sammlung des FAI bleibt immer am Puls der Zeit, seien es die anonymen Schnappschüsse des Lebens in Palästina in den 1920er Jahren oder experimentelle Porträts armenisch-ägyptischer Studiofotografen der 1940er Jahre. In ihrer Gesamtheit ist die Kollektion ein Abbild arabischen Lebens des 20. Jahrhunderts.
Vor kurzem zog die Stiftung in die zehnte Etage des Starco-Gebäudes im Herzen von Beirut. Der Ort ist signifikant für die Verbindung des Historischen mit dem Zeitgenössischen, des Privaten mit dem Öffentlichen. Durch große Fenster schaut man auf ein Beirut, das sich wie Phönix aus der Asche des Bürgerkrieges erhoben hat, so wie die Medien gern zeigen. Aber in die neue innerstädtische Entwicklung sind architektonische Narben eingraviert - leere Flächen wegradierter Häuserblocks, zerschossene kleinere Bauten.
Im Domizil der Stiftung sind die über 75.000 Fotografien aus Libanon, Syrien, Jordanien, Palästina, Ägypten, Irak, Marokko, Senegal und Mexiko sorgfältig in säurefreien Schachteln in einem klimatisierten Archivraum aufbewahrt. Jeder Aspekt der Fotografie ist hier vertreten: vor exotischen Hintergründen aufgenommene Studioporträts aus den 1950er Jahren; Dokumentarfotos; Hunderte Porträts am Strand und auf den Straßen, geknipst von ambulanten "Überraschungsfotografen"; historisch bedeutsame Zeugnisse. Der Weg des palästinensischen Widerstands ist in Schnappschüssen und Porträts nachgezeichnet, vom Palästina des Jahres 1948 bis zu Sour im Libanon 1980.
Zeina Arida, die Direktorin der FAI, merkte an, dass die Fotografien mehr wegen ihres künstlerischen Wertes als wegen ihrer historischen Bedeutung ausgewählt werden, was mit gleicher Aufmerksamkeit für Amateure wie für Berufsfotografen geschieht. "Die Bilder erzählen uns etwas über die sozialen Verhältnisse und das Leben in der Zeit, in der sie entstanden, und auch über die damalige fotografische Praxis", fügte sie hinzu. Die Mitglieder der Stiftung unternehmen Recherchereisen, bei denen sie Fotos in vergessenen Kellerarchiven und verstaubten Familienalben ausfindig machen. In dem Maße, in dem die Sammlung bekannt wird, fangen prominente Familien und Sammler des Mittleren Ostens an, wertvolle Bilder zu stiften.
Die FAI beschloss schon früh, sich auf "innen selbst" aufgenommene Bilder zu konzentrieren, statt auf die von europäischen Besuchern. Die Arbeit des armenischen Ägypters Van Leo eröffnet einen Blick auf die Myriade von Charakteren, die Kairo von den 1940er bis 1970er Jahren bevölkerten. In seinem Atelier wechselten sich glamouröse Filmstars und Tänzer mit schottischen Soldaten und lokalen Intellektuellen ab. Latif el Ani arbeitete in den 1960er Jahren für Iraq Petroleum. Parallel dazu machte er eigene Dokumentarfotos, Stilleben und Architekturaufnahmen. "Festtag in Bagdad" ist ein ungewöhnlich komponiertes, fröhliches Bild, dessen tiefer Raum eher einem Film-Still ähnelt. Der ambulante Fotograf Hashem al Madani nahm ab den 1940er Jahren Hunderte Fotos in seiner Heimatstadt Saida im Süd-Libanon auf; junge Männer posieren neben parkenden Autos oder spazieren in Gruppen über die von den Briten gebaute Betonbrücke der Stadt.
In den letzten paar Jahren haben die Mitglieder der FAI Wanderausstellungen zusammengestellt und Bücher veröffentlicht, in denen sie Aspekte der Sammlung vorstellen. Bis jetzt sind 12.000 Bilder für eine maßgeschneiderte Datenbank digitalisiert worden, die im Dezember 2003 online verfügbar sein wird und jedermann an jedwedem Ort ermöglicht, sie einzusehen und darin zu recherchieren.
Die Etablierung der Stiftung könnte nicht passender sein. In Europa gibt es ein Publikum, das es nach einer komplexeren, historischen Sicht des Mittleren Ostens verlangt, einer Sicht, die den sensationalistischen Nachrichten und vereinfachenden politischen Statements etwas anderes entgegensetzt.
Aber die Sammlung kann nicht auf eine Politik zur richtigen Zeit am rechten Ort reduziert werden. Die Präsentation der Bilder in Kunstgalerien und Publkationen wirft faszinierende Fragen über die wachsende Verflechtung von Kunst mit kommerzieller und Amateurfotografie auf. Die Arbeit der FAI steht im Einklang mit Debatten über die Politik und Praxis von Archiven. In diesem Jahr werden weitere vier Ausstellungen in Europa und Südamerika folgen. Was wir bis jetzt von der Stiftung gesehen haben, ist nur die Spitze des Eisbergs.
Antonia Carver
Lebt in Dubai als freischaffende Autorin. Zu ihren speziellen Interessen gehören die zeitgenössischen visuellen Künste und der Film im Mittleren Osten.
Gründungsmitglieder:
Fouad Elkoury
Samer Mohdad
Akram Zaatari
Mitglieder:
Zeina Arida
Lara Baladi
Yto Barrada
Nigol Bezjian
Moukhtar Kocache
Walid Raad
Lucien Samaha
Jalal Toufic