Für eine optimale Ansicht unserer Website drehen Sie Ihr Tablet bitte horizontal.
Politische und soziale Umbrüche in der Kunst Argentiniens seit den 1960ern. Museum Morsbroich, Deutschland, März - Mai 2011.
Apr 2011Mit Arbeiten von Oscar Bony (1941–2002), Nicola Costantino (*1964), León Ferrari (*1920), Gabriela Golder (*1971), Norberto Gómez (*1941), Víctor Grippo (1936–2002), Alberto Heredia (1924–2000), Guillermo Kuitca (*1961), Jorge Macchi (*1963), Fabián Marcaccio (*1963), Charly Nijensohn (*1966), Cristina Piffer (*1953), Juan Carlos Romero (*1931) und Graciela Sacco (*1956).
In den späten 1960er und beginnenden 1970er Jahren finden in der argentinischen Kunst radikale Umbrüche statt. Sie äußern sich nicht allein in formalen Experimenten. Ihre Motivation beziehen sie vor allem aus der Abkehr von institutionalisierten Kontexten hin zu einer engagierten und medienkritischen Kunst, die politische Aktionen und öffentliche Interventionen hervorbringt. In ihr drückt sich eine Distanz zu den regierenden Kräften aus, die einen schleichenden Prozess von Zensur, Repression und Ausgrenzung lancieren. An dessen Ende steht ein brutales Militärregime, das von 1976 an für mehr als ein halbes Jahrzehnt die Macht ergreift.
Diese Erfahrungen wie auch die ungebrochene Suche nach einer nationalen Identität zeichnen bis heute das zeitgenössische Kunstgeschehen Argentiniens aus. In der Gegenwart markiert die Wirtschaftskrise von 2001 eine jähe Zäsur, welche die gesellschaftlichen Verhältnisse wiederholt massiv verändert hat. In der Ausstellung stehen Werke im Mittelpunkt, die jene soziopolitischen Umwälzungen thematisieren und ‚subkutan’ verlaufende Prozesse sichtbar machen. Diese doppelten Erzählstränge sind nicht selten in ein und derselben Arbeit präsent.
Die Ausstellung spannt einen Bogen von der politisch motivierten Konzeptkunst der 1960er und 1970er Jahre über die unmittelbare Auseinandersetzung mit der Zeit der Diktatur bis zum Schaffen der Künstler der beiden Folgegenerationen, die sich in sehr unterschiedlicher Weise auf die Realität beziehen. Wurden vor vier Jahrzehnten häufig direkte Stellungnahmen zum politischen Geschehen formuliert, so gewinnen heute Identitätsfragen verbunden mit existentiell menschlichen Erfahrungen an Bedeutung – Isolation, Einsamkeit und Verschwinden. Gewalt, ob in physisch-repressiver Form oder im historischen Kontext verhandelt, spielt in nahezu allen Werken eine zentrale Rolle.
Die fokussierte Annäherung an die zeitgenössische Kunst Argentiniens zeigt anhand herausragender Positionen, welch identitätsstiftende Relevanz diese bis heute besitzt. Ob in Installation, Fotografie, Malerei, Skulptur oder Video – es sind ebenso nuancierte wie drastische Bilder, die die vierzehn vorgestellten Künstler in den unterschiedlichsten Medien erzeugen. Dass noch vor wenigen Jahren die Retrospektive von León Ferrari, eines der Protagonisten der Kunstszene, in Buenos Aires massive Proteste auslöste und gerichtlich verhandelt wurde, zeigt die anhaltende Brisanz der argentinischen Gegenwartskunst.
Zur Ausstellung erschien im Verlag für moderne Kunst Nürnberg ein 226-seitiger Katalog in Deutsch und Spanisch mit ca. 100 Farbabbildungen, wissenschaftlichen Essays von Claudia Gilman, Andrea Giunta und Heike van den Valentyn, einem Vorwort von Markus Heinzelmann sowie monografischen Kurztexten zu jedem Künstler; eine Chronologie, Manifeste, Künstlerbiografien sowie eine Bibliografie bieten weitergehende Informationen zur Entwicklung der argentinischen Kunst seit den 1960er Jahren.
Der Katalog kostet 25 Euro an der Museumskasse während der Laufzeit der Ausstellung, im Buchhandel 32 Euro.
Direktor des Museums:
Markus Heinzelmann
Kuratorin der Ausstellung:
Heike van den Valentyn
Projektleitung Argentinien:
Cristina Sommer
Radical Shift
Politische und soziale Umbrüche in der Kunst Argentiniens seit den 60er Jahren
13. März - 22. Mai 2011