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Der argentinische Künstler über die Video- / Fotoserie \"Der Schiffbruch der Menschen\", entstanden auf dem Uyuni Salzsee, Bolivien.
Aug 2008"Der Schiffbruch der Menschen" (El naufragio de los hombres) ist eine Serie von Fotografien und Videos, die im Januar 2008 auf dem Salzsee von Uyuni in Bolivien aufgenommen wurde. Er liegt in 4.000 m Höhe und ist mit einer Ausdehnung von 12.000 km² die größte Salzwüste der Welt. Obwohl es sich um eine der trockendsten Gegenden unseres Planeten handelt, wird die Salzfläche in den Regenmonaten Januar und Februar überschwemmt und verwandelt sich in eine surreale Landschaft.
Da in dieser Zeit die Wege durch die anschwellenden Flüsse und Bäche unterbrochen sein können, entschieden wir uns für ein Flugzeug Douglas DC-3 aus den 1950er Jahren als Transportmittel, das direkt auf dem Salzsee landet, was eine Operation mit einem gewissen Risiko ist, denn auch das Terrain, das die Maschine als Piste nutzt, steht immer wieder mal unter Wasser.
Bei den Aufnahmen wurde ich durch Angehörige der indigenen Aymara-Gemeinde des Dorfes Colchani unterstützt. Die indigenen Gemeinschaften in Bolivien befinden sich in einem Stadium der Bedrohung. Während verschiedene Regionen des Landes ihre Unabhängigkeit von der Zentralregierung betreiben, droht die extreme Armut das kulturelle Erbe dieser Völker zu zerstören. Das Salz ist noch immer ein zentraler Bestandteil der Wirtschaft der Region. Da kaum anderes Material zur Verfügung steht, werden die Salzblöcke, die auf den Fotos und Videos erscheinen, häufig zum Bauen benutzt.
Um meine Arbeit zu charakterisieren, benutze ich den Ausdruck "non fiction". Es handelt sich um Bilder am Rande der Realität, und das Fehlen jeglicher digitaler Manipulation ist eine Art politisches und poetisches Bekenntnis, eine Distanzierung von aller Künstlichkeit. Zu diesem Konzept gehört, dass es keine Kostüme, kein Drehbuch und keine inszenierten Verhaltensweisen der Personen gibt.
Die Arbeit auf dem Salzsee dauerte 21 Tage. Der Grad der dramatischen Wirkung der Aufnahmen eines jeden Tages wurde durch das stetig wechselnde Wetter bestimmt. Der Ton des Videos ist aus realen Geräuschen der Umwelt gemischt. Der Schnitt der Sequenzen für die aus drei synchonisierten Projektionen bestehende Videoinstallation zielt nicht auf eine Erzählung ab, sondern auf einen atemporalen Zusammenklang.
Mein Schaffen basiert auf einem kosmologisch-existenziellen Fokus. Um die aus dem Beziehungsgefüge Mensch-Umwelt resultierenden Spannungen erfassen zu können, habe ich die einsamsten und entlegendsten Orte in der Hoffnung aufgesucht, poetisch-metaphysische Antworten auf Fragen zu meiner eigenen Existenz zu finden.
Dieser Weg ist ein integraler Teil der Entwicklung meiner letzten Arbeiten: "Nach dem Ende - Das Polar-Projekt" (2006/2007) basiert auf einer Aktion im Fjord Uppernavik in Grönland, schon weit nördlich des Polarkreises gelegen, zusammen mit einer Gruppe von Inuit, die auf Eisschollen ziellos dahintreiben. In "Der Fall eines Systems" (2005) und "Notlage" (2004) benutze ich Aufnahmen von englischen Häfen an der Nordsee und von Kraftwerken in Deutschland. "Reise nach nirgendwo" (2002/2003), eine Reise bei der die Dinge verschwinden, sobald wir uns ihnen nähern, ist auf dem antarktischen Kontinent gefilmt worden, während "Ein Akt der Intensität" (1999) in der unwirtlichen Region der Atacamawüste entstand. Diese beiden letzten Arbeiten waren in der 50. Biennale Venedig (2003) ausgestellt worden.
In "Der Schiffbruch der Menschen" verlieren sich die Gestalten in der unermesslichen Weite des Horizonts und versuchen den Naturgewalten zu trotzen - eine Metapher für die Konfrontation des menschlichen Schicksals mit dem indifferenten Universum. Diese Wesen zwischen den Wolken sind jenseits aller Glaubensvorstellungen. Der Erosion der Zeit ausgesetzt lösen sie sich in der Leere auf. In der Einsamkeit und Stille zeugen sie von einer Existenz, die sich bei ihrem Verschwinden in ein Bekenntnis des Daseins transformieren.
El naufragio de los hombres. 2008
(Der Schiffbruch der Menschen)
Installation: drei synchronisierte Videoprojektionen
7:28 Min. Loop
Drehbuch und Regie: Charly Nijensohn
In Kooperation mit Teresa Pereda und Juan Pablo Ferlat.
Mit Beteiligung der Familie Quispe Flores.
Mit Unterstützung von Marion Eppinger, Philip Soafer, Marcela und Fernando Sanchez Zinny, Cristina Guzman, Jacobo Fiterman / Fundación Alon und Dudu von Thielmann