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Der Siq

Der Siq

Aus allen Himmelsrichtungen führten Wege in die einstige Metropole der Nabatäer, doch der Hauptzugang ist dieser östliche durch den Siq (arabisch as-Sīq = Schacht). Er windet sich über 1,2 km durch die an manchen Stellen nur 3 m breite und bis zu 70 m tiefe Spalte im Sandsteinmassiv. Hier verlief dereinst das Bachbett des Wadi Musa, bis es von den Nabatäern umgeleitet wurde, um den Siq gegen Springfluten zu sichern (siehe unten). Im letzten Stück erscheint zwischen den engen Steilwänden nach und nach wie eine Verheißung das Al-Khazneh (Schatzhaus), die berühmteste Attraktion Petras.

Neben der imposanten Felslandschaft sind im Siq zahlreiche Zeugnisse der Religion und des technischen Könnens der Nabatäer zu besichtigen. Dazu gehören die vielen Votivnischen und Idole, genannt Betyle, sowie kleine Weihrauchaltäre. Beiderseits des Weges sieht man die Reste von Terrakottarohren und einem Kanal, durch die Trinkwasser ins Stadtgebiet geleitet wurde. Nabatäische Rückhaltedämme in fünf Seitenschluchten des Siq hat man wieder aufgebaut und verstärkt. Auch Teile des antiken Straßenpflasters sind restauriert worden. Mehr dazu in unserer informativen Fototour.

Bei starken Regenfällen fließt das Wasser aus einem riesigen Einzugsgebiet östlich von Petra in das ansonsten trockene Bett des Wadi Musa, so dass im Bab as-Siq schnell Sturzfluten entstehen können. Dereinst ergossen sie sich durch den Siq in den Talkessel, von wo aus sie durch das Wadi Syagh ins Wadi Arabah abließen konnten.

Als sich um die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. oder vielleicht etwas später eine extreme Sturzflut durch den Siq wälzte, zerstörte sie die erste Wasserleitung, den Kiesweg und wohl auch Bauten im Stadtgebiet. Danach errichteten die Nabatäer ein aufwendiges Schutzsystems, das eine wesentliche Voraussetzung für das weitere Baugeschehen in Petra war. Den Eingang zum Siq riegelte ein 12,80 m hoher Damm ab. In der Schlucht rechts davon wurde ein knapp 90 m langer Tunnel durch den Felsen geschlagen, um das Wasser durch das Wadi Muthlim und das Wadi Mataha nördlich um das Massiv des Jabal a-Khubtha umzuleiten. Auf diesem Umweg gelangten die Fluten wieder in das ursprüngliche Bachbett des Wadi Musa im Stadtzentrum von Petra.

Als Zugang zum Siq über den Damm bauten die Nabatäer eine Bogenbrücke, zu der eine Hochstraße vom Bab as-Siq hinaufführte. Ein Stück links davon bildete die weite und flache Rechtsbiegung des Bachbetts vor dem Felsmassiv ein großes natürliches Becken, das die starke Strömung abbremste.

Zum Schutz vor Sturzbächen aus fünf Seitentälern des Siq sind diese durch Rückhaltedämme abgeriegelt worden. Auf der Felskante des Jabal al-Khubtha, die sich bis zu 70 m hoch nördlich über dem Siq entlangzieht, hielt eine Reihe von Dämmen, die durch einen in den Felsen gehauenen Treppenweg verbunden waren, das Wasser ab.

Nachdem Archäologen und Ingenieure den Wadi Muthlim Tunnel im Jahr 2000 vollständig freigeräumt haben, kann das Wasser bei Regengüssen wieder ungehindert hindurchfließen. Touren durch den Tunnel und das Wadi Muthlim sind gefährlich und deshalb nur in Begleitung eines ortskundigen Führers erlaubt.

(Informationen aus Ueli Bellwald)

Auf beiden Seiten des Weges durch den Siq sind die Reste einstmals kilometerlanger Wasserleitungen zu sehen. Sie wurden zusammen mit der Straße und dem Schutzsystem gegen Springfluten in den letzten Jahrzehnten des 1. Jahrhunderts v. Chr. gebaut.

Entlang der Nordseite verlief eine Druckleitung aus Tonröhren, durch die Trinkwasser von der Moses-Quelle (Ain Musa) am Rand des heutigen Ortes Wadi Musa in die antike Stadt geleitet wurde.

In der Felswand der Südseite des Siq verlief ein Wasserkanal, der mit Steinplatten abgedeckt war. An einigen Stellen gab es Absetzbecken, um den Druck zu reduzieren sowie Kalk und andere im Wasser mitgeführte Stoffe auszufällen. Aus mindestens vier Brunnen entlang des Weges konnte man trinken. Nach dem verheerenden Erdbeben von 363 v. Chr., das auch die Infrastruktur im Siq zerstörte, ist nur dieser Wasserkanal wieder aufgebaut worden.

(Informationen aus Ueli Bellwald)

An den Felswänden auf beiden Seiten des Siq wurden um die 70 in das Gestein geschlagene Votivnischen registriert (PNP), in denen Betyle erscheinen, oder die leer sind, so dass transportable Betyle temporär in sie hineingestellt werden konnten. Die Formen der Nischen reichen von einfachen rechteckigen Vertiefungen bis zu Bogennischen und tempelartigen Gestaltungen mit Pilastern, Kapitellen, Gesims und Giebel (wie die Ädikula D 144).

Ein Betyl (semitisch: bait-el = Haus Gottes; griech. baitylos) ist ein anikonisches Gottessymbol, meist als schmale hochrechteckige Platte oder Stele gestaltet. Es kann auch eine Negativform in einer Nische sein. Häufig sind mehrere Betyl in einer Nische nebeneinander, übereinander oder ineinander gruppiert. "Der Betyl ist keine Abbildung Gottes, kein Bild des Gottes, kein Götterbild. Als Medium der Gottespräsenz kann er jedoch auch kultische Verehrung erfahren. Das bedeutet wiederum, dass man dem Betyl im Akt der Verehrung Opfer und Gaben darbringen konnte." (Wenning, 2007)

Im Siq nicht zu verpassen ist der Schrein in einem Felsblock im Mittelpunkt einer größeren Verehrungsstätte mit Tropfheiligtum und Zisternen. Darin erscheint der einzige Augenbetyl im Siq, ein spezieller Typus dieser Gottessymbole.

Als ein weiterer Höhepunkt verdient die sogenannte Sabinos Alexandros Station besondere Beachtung, eine lange Reihe von Votivnischen. Einigen davon sind Inschriften in Griechisch zugeordnet, so dass die Stifter aus dem heutigen Südwesten Syriens identifiziert werden konnten. Sie entstanden im 2./3. Jh. n. Chr., also nach dem Ende des nabatäischen Königreichs (106 n. Chr.).

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