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Hippodrom

Hippodrom / © Foto: Haupt and Binder, Universes in Universe

Hippodrom und Marianos-Kirche

Gleich hinter dem Hadriansbogen sieht man links (westlich) am Weg das etwa 265 m lange und 76 m breite Hippodrom. Nach Aussage der Archäologen, die es ausgegraben und rekonstruiert haben, ist es zwar der kleinste der 48 heutzutage bekannten römischen Circus-Bauten, doch "in seinen funktionalen und technischen Elementen der am besten erhaltene". (I. Kehrberg, 2009) Rechts des Weges sind die Reste der kleinen Marianos Kirche zu besichtigen (mehr dazu unten).

Hippodrome / © Foto: Haupt and Binder, Universes in Universe

Seit späthellenistischer und frührömischer Zeit gab es an dieser Stelle einen Steinbruch und einen Friedhof. Sie wurden geschlossen, als Kaiser Hadrian im Winter 129/130 n. Chr. in Gerasa weilte und ambitionierte Pläne für die Erweiterung der Stadt und ein neues südliches Viertel entwickelte (das nicht gebaut wurde - siehe Hadriansbogen). Dazu gehörte das Hippodrom, mit dessen Errichtung bald nach dem kaiserlichen Besuch um die Mitte des 2. Jhs. n. Chr. begonnen wurde und das vor 212 n. Chr. fertiggestellt war.

Dass hier tatsächlich Wagenrennen stattfanden, belegen Räderspuren auf dem felsigen Untergrund unter dem Sand sowie Reste von Weihealtären, die einst auf den Startboxen (carceres) angebracht waren.

Carceres – Startboxen

In den 10 überwölbten carceres auf der Südseite des Hippodroms, auf denen Weihealtäre der jeweiligen Teams standen, mussten die Streitwagen bis zum Öffnen der Tore auf den Beginn des Rennens warten. Da die Archäologen solche Altäre nur für die Startboxen östlich (links) des mittleren Pavillons fanden, sind die fünf westlichen möglicherweise nicht vollständig betriebsbereit gewesen (Ostrasz, S. 70). Die carceres wurden durch ein Erdbeben im Jahr 749 zerstört, konnten von den Ausgräbern aber bis zum Gesims, das den Bau krönte, detailliert rekonstruiert werden, was beim Pavillon nicht möglich war.

Das Holzgestell rechts auf dem Foto markiert die spina (Rückgrat), welche die Arena in der Mitte teilte und von den Wagen sieben Mal umrundet werden musste.

Die Außenseite der carceres, gleich links neben dem Hadriansbogen.

Cavea (Zuschauertribüne) und Arena

Durch solche Tunnel, die vomitoria (lat. von vomere: ausspeien, erbrechen), gelangte das Publikum in den Innenbereich des Hippodroms und zu seinen Plätzen auf der Cavea, der Zuschauertribüne. Die Cavea hatte einen Unterbau aus Gewölben, die später für unterschiedliche Zwecke genutzt wurden (siehe weiter unten).

Die cavea des Hippodroms von Gerasa mit 16 oder 17 Sitzreihen bot Platz für bis zu 15.000 Zuschauer. Von den insgesamt etwa 650 m langen Tribünen sind ca. zwei Drittel des Mauerwerks in verschiedener Höhe erhalten geblieben, vom restlichen Drittel fand man lediglich die Fundamente. Dadurch gibt es recht genaue Belege für die Architektur der cavea und der Anordnung der vomitoria, die zu den Sitzreihen führen.

Auf der Ostseite der cavea kann das Publikum heutzutage den Shows der Roman Army and Chariot Experience, kurz RACE, zuschauen, die seit 2005 veranstaltet werden. In historischer Verkleidung werden Wagenrennen, Imitationen von Gladiatorenkämpfen und Aufmärsche "römischer" Soldaten vorgeführt.

Links im Bild sieht man ein Holzgerüst als spina (Rückgrat) in der Mitte der Arena, um die der Rennparcours herumführte. Bei den antiken Rennen musste diese Trennbarriere sieben Mal umrundet werden. Die spina konnte eine flache Holz- oder Steinkonstruktion oder ein langer Wassergraben sein, an deren beiden Enden Wendemarken (metae) standen.

Ende der Wagenrennen, neue Nutzung

Bereits gegen Ende des dritten, spätestens zu Beginn des 4. Jahrhunderts konnten im Hippodrom keine Wagenrennen mehr stattfinden. Kurz nach der Fertigstellung traten die ersten Schäden an einigen Teilen des Bauwerks zutage, weil deren Fundamente unzureichend waren und den starken Belastungen durch das Renngeschehen nicht Stand hielten.

Mauerreste von Räumen in den Gewölben unter der Zuschauertribüne.

Nachdem im Hippodrom der eigentliche Bestimmungszweck aufgegeben werden musste, siedelten sich in den Gewölben unter der Cavea Töpferwerkstätten, Gerbereien und andere Gewerke an. Archäologen fanden viele Überreste von Brennöfen, Werkstatteinrichtungen und Töpferabfällen, entsorgt in den Kammern, sowie auch Zeugnisse einfacher Unterkünfte. Das Hippodrom war damals das Gewerbegebiet der Stadt, und Gerasa entwickelte sich in byzantinischer Zeit zum wohl größten Zentrum der Keramikherstellung unter den Dekapolis-Städten.

Drei Kammern waren mit Mosaikböden ausgestattet, und wie aus einer Inschrift hervorgeht, wohnte dort ein Diakon Elias. Er hatte mit der Marianos Kirche zu tun, die 570 n. Chr. von oder für im Hippodrom lebende Handwerker gebaut wurde (mehr dazu weiter unten).

Als die Sassaniden 614 auch Gerasa eroberten, nutzten diese die Arena für ihre Reiterspiele. 629 sind sie von den Truppen des byzantinischen Herrschers Herakleios geschlagen und vertrieben worden.

Im frühen 7. Jahrhundert verließen die letzten Nutzer das Hippodrom. Später diente es als Friedhof, wie u.a. die Massenbestattung von über zweihundert Pestopfern in zwei Kammern der Cavea um die Mitte des 7. Jahrhunderts belegt.

Doch schon ab dem 4. Jahrhundert dienten die beschädigten Gebäudeteile als Steinbruch für die Reparatur der Stadtmauer und andere Bauten. Nachdem ein Erdbeben 659/60 schwere Zerstörungen hinterlassen hatte, sind einzelne Bereiche des Komplexes immer nur kurzzeitig bewohnt oder besetzt gewesen. Bei einem weiteren schweren Erdbeben 749 brachen dann auch die letzten verbliebenen Teile zusammen und das Hippodrom wurde endgültig verlassen.

Marianos-Kirche

Etwa 30 m nördlich des Hadriansbogens sind auf der rechten Seite des Weges die Reste einer kleinen Kirche zu besichtigen. Dank einer gut erhaltenen Inschrift weiß man, dass sie 570 n. Chr. während der Amtszeit des Bischofs Marianos erbaut wurde.

Karte von einem Schild am Ort

Das einzige Kirchenschiff wurde von der Hauptstraße aus durch einen Narthex (schmale Vorhalle) betreten. Es ist mit einem in großen Teilen noch intakten, geometrisch gemusterten Mosaikfußboden ausgestattet, zu dem die Weihinschrift im Form einer Tabula ansata vor der Stufe zum Altarraum gehört.

Ein Teil des Mosaikfußbodens der Marianos-Kirche mit der Inschrift in Form einer Tabula ansata vor der Stufe zum Altarbereich. Die halbrunde Bank in der Apsis (Synthron) war den die Geistlichen vorbehalten.

Die Marianos-Kirche steht inmitten mehrerer unterirdischer Gräber aus dem 1. und 2. Jh. n. Chr. und wurde wahrscheinlich von oder für eine Gruppe von Handwerkern, Töpfern und Färbern und deren Familien erbaut, die sich im 6. und 7. Jh. in der Ruine des Hippodroms auf der gegenüberliegenden Seite des Weges niedergelassen hatten.

Drei Kammern des Hippodroms waren in Wohnräume mit Mosaikböden umgewandelt worden, und aus einer mit Vögeln verzierten Inschrift geht hervor, dass hier ein Diakon namens Elias wohnte. Die Wohnung wurde im frühen 7. Jh aufgegeben, also mehr als ein Jahrhundert bevor das Erdbeben von 749 die Kirche zerstörte.

(Aus Informationen auf einem Schild am Ort)

(© Text von Universes in Universe aus Informationen in verschiedenen Quellen, u.a. I. Kehrberg und A. Ostrasz)

Lage:

Hippodrom
Jerash Archeological City
Lage auf der Karte


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