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Aquädukttunnel

Informationen & Fototour

In den Kalksteinfelsen des Akropolishügels, auf dem das spätosmanische Dorf steht, sind in der Antike zwei Tunnel für die Wasserversorgung geschlagen worden. Der obere kann bei Führungen besichtigt werden. Er entstand als letzter Abschnitt eines 170 km langen, größtenteils unterirdischen Aquädukts, der zwischen 90 und 210 n. Chr. gebaut wurde, um den in römischer Zeit enorm gestiegenen Wasserbedarf der Dekapolisstädte Adra’a, Abila und Gadara zu befriedigen. Das Tunnelsystem des später Qanat Fir'aun (arabisch: Kanal des Pharaos) genannten Bauwerks ist das bei weitem längste der Antike und eine der bedeutendsten Ingenieursleistungen jener Epoche.

Der 380 m lange obere Tunnel in Gadara ist nie endgültig fertiggestellt worden. Deshalb sind die Arbeitsspuren gut sichtbar und man erfährt ganz anschaulich, wie der Qanat Fir'aun aus dem Gestein herausgehauen wurde. Auch einige Einstiegsschächte für den Bau und Schöpflöcher älterer Zisternen, die der Tunnel unterquert, sind gut erhalten (siehe die Bildseiten).

Die Felskuppe, auf der Gadara entstand, lag zwar strategisch günstig, bot aber keine natürliche Quellen. Deshalb erfolgte die Wasserversorgung bis in die späthellenistische Zeit (ca. 160 – 30 v. Chr.) durch Zisternen, in denen Niederschlagswasser gespeichert wurde, sowie drei tiefer gelegene Quellen außerhalb der Akra (Festung). Auf dem Siedlungshügel konnten 75 Speicher mit einem Fassungsvermögen von 6 bis zu 450 Kubikmeter dokumentiert werden.

Als in römischer Zeit die Bevölkerungzahl anstieg, das Stadtgebiet erweitert wurde und man weitere Thermen und Brunnen haben wollte, reichten die Zisternen nicht mehr aus, und es mussten erhebliche Wassermengen aus größerer Entfernung herangeführt werden.

Um den gestiegenen Bedarf zu decken, baute man schon vor der Zeitenwende eine Fernwasserleitung von der 11 km entfernten Quelle Ain Turab nach Gadara. Das Wasser floss vermutlich durch Tonrohre in einem nahe der Erdoberfläche gegrabenen Tunnel, heutzutage Qanat Turab genannt. Da dieser um die Täler herumgeführt werden musste, war er 22 km lang und übertraf damit alle bis zu jener Zeit geschaffenen Tunnelbauwerke. In Gadara angekommen, überquerte der Aquädukt vermittels einer Brücke eine Talsenke und mündete im unteren Tunnel unter der Akropolis, von wo aus er in die städtische Wasserversorgung eingespeist wurde.

In der zweiten Hälfte des 1. Jhs n. Chr. war die Bevölkerung der Dekapolisstädte Adra’a, Abila und Gadara auf ca. 50.000 Menschen angewachsen [1]. Die weitere Entwicklung erforderte mehr und mehr Wasser, gerade auch weil der Bedarf durch öffentliche Brunnen und Thermen, Hausanschlüsse etc. auf die in römischen Städten üblichen 300 bis 400 Liter pro Person/Tag anwuchs. [2] Deshalb beschlossen die drei Städte offensichtlich den Bau einer gemeinsamen Fernwasserleitung. Sie entstand von 90 bis 210 n. Chr. in mehreren Phasen [3] und wurde in der Neuzeit Qanat Fir'aun (Kanal des Pharao) genannt.

Um große Durchflussmengen zu ermöglichen, floss das Wasser nicht mehr durch Rohre, sondern durch einen Kanal bzw. Tunnel. Da Pumpen noch nicht existierten, musste ein Aquädukt von einem höher gelegenen, ergiebigen Reservoir aus mit genauestens kalkuliertem, sehr kleinen Gefälle über Täler und durch Bergrücken geführt werden.

Dieses gigantische Bauwerk, eines der aufwendigsten der römischen Antike, begann an einer Talsperre im Wadi Harier (beim syrischen Dorf Dille) mit zwei Staumauern aus Basaltquadern und einem Fassungsvermögen von 4 bis 6 Millionen Kubikmetern. Von dort bis zum Endpunkt in Gadara waren es 170 km und ein Höhenunterschied von etwa 217 m. Über ca. 106 km verlief der Aquädukt durch ein Tunnelsystem, für dessen Bau schätzungsweise 2900 schräge Schächte mit Treppen angelegt werden mussten. Neben der Hauptleitung gab es mindestens 14 Nebenleitungen, darunter Zuflüsse aus dem See von Muzarib (heute Syrien) und diversen Quellen.

Der Qanat Fir'aun könnte bis zum Ende der byzantinischen Epoche im 7. Jh., spätestens aber bis zum verheerenden Erdbeben von 747, bei dem Gadara zerstört wurde, genutzt worden sein.

Einige Erläuterungen der Bauweise auf den Bildseiten.


1 - Informationen aus: Mathias Döring, Wasser für die Dekapolis, 2011

2 - Zum Vergleich: in hellenistischer Zeit waren es 20 - 40 Liter pro Person/Tag und in Deutschland lag der Trinkwasserverbrauch pro Kopf/Tag im Jahr 2017 bei 123 Liter.

3 - Mit der Radiokarbonmethode (14C) konnte die zermahlene Holzkohle datiert werden, die dem Dichtungsputz an den Innenwänden beigefügt wurde, um ihn wasserdicht zu machen.

Oberer Tunnel unter der Akropolis

Oberer Tunnel unter der Akropolis

Diese Fototour in fünf Kapiteln informiert über die meisten Sehenswürdigkeiten in Gadara.

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