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El Shincal

El Shincal

El Shincal de Quimivil

El Shincal de Quimivil in der Provinz Catamarca ist die wichtigste und symbolträchtigste archäologische Stätte Argentiniens, die von der Präsenz der Inka im Nordwesten des Landes zeugt.

Dem Inkareich oder Tawantinsuyu gelang es in seinem auf effizienter sozio-politischer, wirtschaftlicher, religiöser und straßenbaulicher Organisation beruhenden Expansionsprozess, sich im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts in diese Region festzusetzen. Dabei wurden die einheimischen ethnischen Gruppen, wie die Omahuacas, Pulares und Diaguito-Calchaquíes, in den südlichen Sektor des Reiches, den Collasuyu, integriert.

El Shincal (dessen ursprünglicher Name unbekannt ist) wurde zwischen 1471 und 1536 als Verwaltungs- und Zeremonienhauptstadt einer Inka wamani (Quechua-Bezeichnung für Provinz) erbaut und bewohnt. Sie liegt in einem fruchtbaren Gebiet auf 1350 m Höhe am Fuße des Cerro Shincal zwischen den Flüssen Quimivil und Hondo und dem Bach Simbolar. Mit seinen Wasserläufen und dem Anschluss an das Inka-Straßennetz des Qhapaq Ñan bot der Ort günstige Voraussetzungen, um den Inkas als tinkuy oder Versammlungsort zu dienen.

Die Vegetation der Gegend ist ein Buschwald, in dem Johannisbrot- und Chañar-Bäume mit essbaren Früchten sowie Shinqui-Sträucher dominieren. Die Steinbauten waren von den wuchernden shinqui (Mimosa farinosa), von denen sich der heutige Name El Shincal ableitet, überdeckt und deshalb in einem guten Erhaltungszustand.

Die Stätte umfasst eine Fläche von mehr als 30 Hektar mit fast hundert Stein- und Mauerstrukturen in einem orthogonalen Grundriss. Bei archäologischen Erkundungen seit den 1990er Jahren durch Dr. Rodolfo A. Raffino und seine Mitarbeiter wurden Überreste von Gebäuden gefunden, die Teil des urbanen Zentrums waren.

El Shincal de Quimivil wurde von Forschern wie R.A. Raffino und Ian Farrington als "Neues Cusco" bezeichnet, weil es architektonische und natürliche Elemente enthält, die symbolische Muster der räumlichen Strukturierung der Hauptstadt der Tawantinsuyu wiedergeben, die Kosmovision des Inka nachbilden und dessen Macht und Autorität zum Ausdruck bringen.

Die wichtigsten Baustrukturen

Der aukaipata oder zentrale Platz ist das Herzstück der Stadtplanung. Er war der öffentliche Versammlungsort für festliche, zeremonielle oder politische Zusammenkünfte. Die quadratische Form ist 175 x 175 m groß und an den Himmelsrichtungen ausgerichtet. Der Platz wurde durch eine etwa einen Meter hohe Steinmauer begrenzt. In seiner Mitte befindet sich die ushnu oder Zeremonialplattform, und an der Südseite steht ein Verwaltungs- oder Zeremonialgebäude vom Bautyp kallanka.

Im Südwesten des Platzes gibt es eine Doppelmauer von 60 m Länge und ca. 0,80 m Breite im Sockelbereich, mit vier Türen oder trapezförmigen Öffnungen von 1 m Breite. Die Experten interpretieren sie als eine symbolische Schwelle, ein architektonisches Element, das die Sichtbarkeit begrenzte und den Zugang zum zeremoniellen Raum des Rituals und der Macht vom Hauptzugang aus bestimmte.

Ein verzweigtes steinernes Aquädukt versorgte das Stadtgebiet mit Wasser aus dem Fluss Quimivil. Es mündete auf der Westseite in den Platz und führte an den Stufen der Zeremonialplattform vorbei.

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Das ushnu in der Mitte des Platzes war eines der wichtigsten Elemente im sozialen, politischen und religiösen Leben des Tawantinsuyu. Diese symbolische architektonische Struktur der Macht gab es nur an Orten von besonderer Bedeutung, zum Beispiel in einer wamani Hauptstadt, wie im Fall von El Shincal. Es war eine Art Bühne, auf der lokale Autoritäten geehrt, Urteile gesprochen, religiöse Zeremonien mit Trankopfern und Opfergaben abgehalten und astronomische Beobachtungen durch die Anbringung eines Gnomons (ein Leitobjekt, das einen Schatten auf eine Ebene wirft) durchgeführt wurden.

Das ushnu von El Shincal ist das größte von den Inkas südlich des Titicacasees erbaute. Es handelt sich um ein Quadrat von 16 m Seitenlänge und 2 m Höhe, das die Form eines leichten Pyramidenstumpfes hat, mit doppelten, 1 m dicken Mauern, die aus behauenen Steinblöcken bestehen und mit Lehmmörtel und Steinfragmenten gefüllt sind. Der Zugang ist von Westen her über eine Treppe mit neun Steinstufen, die zu einem trapezförmigen Portal führt. Im Inneren war der Boden mit kleinen Kieselsteinen vom Ufer des Flusses Simbolar gepflastert. Diese cocha diente für Trankopfer und andere Opfergaben. Vor der Nordwand befindet sich ein tiana oder Inka-Thron, eine steinerne Bank aus flachen Blöcken, etwa 3 m lang und 80 cm breit und hoch.

Das ushnu von El Shincal ist in der Kolonialzeit während des zweiten indigenen Aufstandes gegen die Spanier (Großer Diaguita-Aufstand - Gran Alzamiento Diaguita) unter dem Befehl des Kaziken Chelemín in den 1630er Jahren wiederverwendet worden. Verschiedene Autoren stellten fest, dass dort festliche Veranstaltungen oder pachamanca (zeremonielles Kochen) stattfanden, wofür der Boden durchlöchert wurde.

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An der Ost- und Westseite des Platzes liegen als Ergänzung der heiligen Landschaft von El Shincal der östliche und der westliche Terrassenhügel. Deren Achse markiert die Tagundnachtgleiche von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Sie sind etwa 25 m hoch, wurden abgeflacht und von einer kompakten Mauer umgeben. Ihr Gipfel ist über Steintreppen zu erreichen. Sie waren zweifellos mit religiösen Handlungen im Zusammenhang mit dem Sonnenkult der Inkas verbunden und wurden auch für astronomische Beobachtungen genutzt.

Östlicher Cerro Aterrazado
Seine Zugangstreppe mit 103 Steinstufen ist völlig gerade und führt durch die Überreste eines Portals auf den Gipfel. Auf der Südseite des Geländes gibt es Spuren eines rechteckigen Bauwerks, bei dem es sich um einen Sonnentempel gehandelt haben soll.

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Westlicher Cerro Aterrazado
Er hat eine eher unregelmäßige Form und ist über eine geschwungene Treppe zu erreichen. Ihn umgibt eine imposante Umfassungsmauer, deren Richtungsänderungen einen für die Inka-Architektur sehr typischen Zickzack-Effekt erzeugen. Auf dem Gipfel wurde kein Gebäude gefunden, aber im Norden gibt es einen Granitfelsen mit zwei großen Spalten, der wahrscheinlich als einer jener waka oder huaca Felsen verehrt wurde, die mit den Ahnen verbunden und mit besonderen Kräften ausgestattet waren. Am nördlichen Rand befindet sich außerdem ein in den Fels gehauener mortar (Mörser) mit mehreren Vertiefungen, der offenbar zeremonielle Funktionen hatte.

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Um den Platz herum liegt der Verwaltungsbezirk mit fünf großen rechteckigen Gebäuden aus behauenem Stein und Giebeldächern, die kallanka genannt werden. Sie wurden für verschiedene politische, administrative und zeremonielle Zwecke sowie für handwerkliche Tätigkeiten genutzt. Eines davon, die kallanka Nr. 2, deren Mauern, Giebel und trapezförmige Öffnungen rekonstruiert wurden, befindet sich im südlichen Teil des aukaipata Platzes.

Die so genannte kallanka Nr. 1 im Nordwesten des aukaipata dient aufgrund der Forschungen, die Archäologen dort durchführen konnten, als Referenz. Obwohl dieses Gebäude an den Platz angebaut ist, ist es nicht direkt mit ihm verbunden. Es bildet einen Komplex oder eine kancha mit einem Hof im Westen. K1 hat einen rechteckigen Grundriss von 33 m x 5,60 m und doppelte Wände, die aus polyedrischen Steinblöcken bestehen sowie einen Innenboden aus Kies und Terrakotta. Die Höhe der Mauern betrug etwa 1,80 m. Die Giebel müssen zwischen 3,5 m bis 4 m hoch gewesen sein. In der Innenwand ist eine Reihe von Nischen zu sehen und in der gegenüberliegenden Wand gibt es Hinweise auf die Existenz von Fenstern. Das Dach war vom Typ hichu und bestand aus Holz und Stroh. Die gefundenen Überreste lassen den Schluss zu, dass die kallanka Nr. 1 in der Inkazeit für häusliche und handwerkliche Tätigkeiten wie die Herstellung von Keramikutensilien diente.

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Diese Einheiten sind um den aukaipata Platz und entlang der Straße angeordnet. In der Inka-Architektur wurden die Wohnhäuser im Allgemeinen in rechteckiger Form in Gruppen von mehr als drei Räumen gebaut, die einen zentralen Innenhof umgaben. Die archäologische Bezeichnung für diese Bauten ist RPC (Rectangular Perimeter Compound), der Quechua-Begriff lautet kancha. Eine davon, die Casa del Curaca, war für die Herrscher oder die Elite bestimmt und lag isoliert im Westen der aukaipata. Andere waren nicht nur ständige Wohnsitze, sondern könnten auch Gäste beherbergt haben, die zu festlichen oder rituellen Anlässen kamen. Es gibt Einheiten, die als Tempel fungiert haben könnten.

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Südlich des Platzes befinden sich die Überreste eines architektonischen Komplexes, dessen Quechua-Name "Haus des Kriegers" bedeutet. Man nahm zunächst an, dass es sich um eine Kaserne gehandelt haben könnte. Der Komplex hat eine Gesamtfläche von 1.724 m2 und besteht aus zwanzig Anlagen, von denen zwölf in zwei zusammenhängenden Rechtecken (RPC) oder kanchas gruppiert sind. Bei der Erforschung wurde festgestellt, dass es sich um standardisierte Räume für Gruppen mit niedrigem sozialem Status handelte, die wahrscheinlich für den Bau und die Instandhaltung der Gebäude zuständig waren. Die überdachte Fläche erlaubte eine gleichzeitige Belegung mit etwa zweihundert Personen.

In den collca genannten zylindrischen Vorratsbehältern wurden Lebensmittel (Mais, Johannisbrot) und andere Grunderzeugnisse aufbewahrt. Rund um den Hauptplatz gab es etwa 30 solche collca. Die Lagerung war Teil des Umverteilungssystems des Inkastaates. Die Überschussproduktion einer sich selbst versorgenden Bevölkerung wurde in diesen Lagerhäusern angesammelt, um von den Herrschern nach eigenem Ermessen für verschiedene Zwecke verwendet zu werden.

Im Allgemeinen wurden die collca aus mit Mörtel zusammengefügten Steinmauern errichtet. Die Innenwände konnten verputzt sein und hatten ein steinernes Fundament sowie hichu Dächer (Holz und Stroh). Die kreisförmigen oder elliptischen collca hatten einen Durchmesser von 2 bis 6 m und eine Höhe von 2 bis 3,5 m.

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In El Shincal wurden insgesamt 29 polierte Granitblöcke mit zahlreichen Vertiefungen gefunden. Es gibt insgesamt 339 Schleifeinheiten, wobei die meisten Löcher perfekt poliert und in derselben horizontalen Ebene angeordnet sind.

Diese ortsfesten Mehrfachmörser können im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Arbeiten oder dem Siedlungsbau zum Einsatz gekommen sein, dienten aber wohl vor allem der koordinierten Zubereitung großer Mengen an Speisen und Getränken für die Menschen, die zu den regelmäßigen zeremoniellen Festen in El Shincal kamen.

Man fand auch Gruppen von Vertiefungen, die sich dadurch unterscheiden, dass sie sich in Bergsektoren befinden (wie am Cerro Aterrazado Occidental). Wahrscheinlich hatten diese in erster Linie eine rituelle Funktion, z. B. für flüssige Opfergaben.

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Nördlich des Platzes, etwa 500 m von der Zeremonialplattform entfernt, gibt es einen runden behauenen Stein auf einer 1,7 x 0,85 m großen roten Granitplatte, der ca. 21 cm hoch ist und einen Durchmesser von 30 cm hat. Man gelangt über eine in den Fels gehauene Treppe und zu ihm. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Monument oder ein Instrument vom Typ Gnomon (ein Objekt, das einen Schatten auf eine Fläche wirft) oder intihuatana, das für Rituale und die Beobachtung der Sterne genutzt wurde.

Ein Abschnitt des Qhapaq Ñan oder Inka-Pfades durchquert das Gebiet von El Shincal von Nordosten nach Südwesten. Er kommt aus dem Norden des Hualfín-Tals, von den Inkastätten Hualfín und Quillay, durchquert das Stadtgebiet westlich des aukaipata und verläuft dann entlang eines terrassierten Hügels nach Westen in Richtung einer der Hänge der so genannten Casa del Curaca. Diese Straße stellte auch die Verbindung zwischen El Shincal de Quimivil und den nahe gelegenen landwirtschaftlichen Produktions- und Weidegebieten her.

Der Qhapaq Ñan ist das von den Inkas auf der Infrastruktur aus der Prä-Inka-Zeit erbaute Straßensystem der Anden. Mit einer Gesamtlänge von mehr als 30.000 Kilometern durchzieht es diese sechs Länder Lateinamerikas: Argentinien, Bolivien, Chile, Kolumbien, Ecuador und Peru. Das Straßennetz verband Cuzco, die Hauptstadt des Tawantinsuyu, mit verschiedenen Städten, die im Zuge der Expansion des Inkareichs annektiert wurden. Es war auch ein Mittel zur politischen, administrativen, wirtschaftlichen und kulturellen Integration der unterworfenen Gebiete. Im Jahr 2014 wurde der Qhapaq Ñan von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

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El Shincal - Chronologie

Zusammengefasst aus: R. A. Raffino. El Shincal de Quimivil. Ed. Sarquis, 2004. Übersetzung aus dem Spanischen von UiU.

Frühe formative Periode (500 v. Chr.-400 n. Chr.)
Der Ort wurde von den kulturellen Gruppen der Saujíl und Ciénaga bewohnt. Der archäologische Nachweis sind Keramiken in den genannten Stilen.

Späte formative Periode (400-800 n. Chr.)
Besiedlung durch Gruppen der La Aguada-Kultur im Gebiet des Simbolar-Flusses. Die archäologischen Zeugnisse bestehen ausschließlich aus Artefakten (Keramik).

Inka Horizont (1471-1536 n. Chr.)
Das Tawantinsuyu besetzte die Region und erbaute El Shincal. Daten auf der Grundlage von Radikarbon (C14), die an den Gebäuden sinchihuasi, kallanka 1 und ushnu gewonnen wurden, entsprechen diesem Zeitraum.

Herbst 1536
Diego del Almagro und seine Eroberungsarmee sind auf dem Weg nach Chile. Den Quellen der Chronisten und den archäologischen Aufzeichnungen zufolge muss er in El Shincal und dann in Watungasta gelagert und Vorräte angelegt haben, bevor er die Anden erstieg.

Juni 1558
Der aus Chile kommende Juan Perez de Zurita gründet die Siedlung Londres de la Nueva Inglaterra, die drei Jahre lang bestehen bleibt, bis sie während des ersten indigenen Aufstands unter dem Befehl des Kaziken Juan Calchaquí aufgegeben wird. Diese Besetzung konnte bis heute nicht im Stadtgebiet von El Shincal nachgewiesen werden. Es hältsich jedoch Hypothese, dass Zurita die Einfriedungen, Mauern und das Wasser aus den Aquädukten nutzte, die zuvor von den Inkas in El Shincal gebaut wurden.

1632
Während der zweiten indigenen Rebellion, bekannt als Großer Diaguita-Aufstand, wird El Shincal von den indigenen Truppen des Kaziken Chelemín besetzt. Von dort aus griffen sie die Stadt Londres an, beschlagnahmten Vieh und schnitten die Wasserversorgung ab. Zahlreiche archäologische Belege dieser Ereignisse, die durch absolute Datierungen gestützt werden, sind im ushnu und der kallanka 1 gefunden worden.

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Lage, Zugang:

El Shincal de Quimivil
5 km von der heutigen Stadt Londres entfernt, die an der Nationalstraße 40, im Departement Belén, Provinz Catamarca, liegt.

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Museum und Informationszentrum
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Quellen:

Raffino, Rodolfo A. (Comp.) 2004. El Shincal de Quimivil. San Fernando del Valle de Catamarca: Ed. Sarquis.

Raffino, Rodolfo A., Iácona, L.A., Moralejo, R.A., Gobbo, D. y Couso, M.G. (Comps. y Eds.) 2015. Una Capital Inka al Sur del Kollasuyu: El Shincal de Quimivil. CABA: Fundación de Historia Natural Félix de Azara

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